In Tödlicher Mission
außer Reichweite. Er spielte noch eine Weile zwischen den Felsen und verschwand dann im Nebel. Langsam begann die kleine Unterwasserwelt innerhalb Bonds Sicht, ihn zu akzeptieren. Ein kleiner Oktopus, der sich als Korallenstück getarnt hatte, offenbarte sich und tastete sich sorgfältig auf den Sand zu. Die blau-gelbe Languste kam neugierig ein paar Schritte unter dem Stein hervor. Ein paar sehr kleine Fische, die an Elritzen erinnerten, knabberten an seinen Beinen und Zehen und kitzelten ihn damit. Bond brach einen Seeigel für sie auf, und sie schossen zu dem besseren Mahl. Bond hob seinen Kopf. Rechts von ihm war Mr Krest etwa zwanzig Meter entfernt und hielt den Kanister in der Hand. Sobald Bond das Zeichen gab, würde er ihn ausschütten, woraufhin sich die Flüssigkeit gleichmäßig auf der Wasseroberfläche verteilen würde.
»Okay?«, rief Mr Krest.
Bond schüttelte den Kopf. »Ich hebe meinen Daumen, wenn er wieder da ist. Dann müssen Sie schnell schütten.«
»Okay, Jim. Sie sind am Bombenvisier.«
Bond beugte seinen Kopf wieder nach unten. Da war die kleine Gemeinschaft und lebte vor sich hin. Und nur um einen einzigen Fisch zu bekommen, den irgendjemand in einem zehntausend Kilometer entfernten Museum wollte, würden gleich Hunderte, vielleicht Tausende kleiner Lebewesen sterben. Wenn Bond das Signal gab, würde die Strömung den Schatten des Todes bringen. Wie lange würde die Wirkung des Gifts anhalten? Wie weit würde es sich im Riff verbreiten? Vielleicht würden nicht Tausende, sondern Hunderttausende sterben.
Ein kleiner Kofferfisch erschien, und seine winzigen Flossen surrten wie Propeller. Ein schöner Dreifarben-Kaiserfisch in herrlichem Gold, Rot und Schwarz pickte am Boden herum, und aus dem Nichts tauchten zwei unvermeidliche Gestreifte Sergeants auf, die vom Geruch des aufgebrochenen Seeigels angelockt worden waren.
Wer war im Riff das Raubtier in der Welt der kleinen Fische? Wen fürchteten sie? Kleine Barrakudas? Einen gelegentlichen Speerfisch? Nun stand ein großes, voll ausgewachsenes Raubtier in den Kulissen und wartete auf seinen Auftritt. Und es war noch nicht einmal hungrig. Es wollte einfach nur töten – fast zum Spaß.
In Bonds Sicht erschienen zwei braune Beine. Es war Fidele Barbey, um dessen Brust ein großer Fischkorb geschnallt war und der einen langstieligen Kescher in der Hand hielt.
Bond schob seine Maske hoch. »Ich fühle mich wie der Bombenschütze über Nagasaki.«
»Fische sind Kaltblüter. Die spüren nichts.«
»Woher willst du das wissen? Ich habe sie schreien gehört, wenn sie verletzt sind.«
»Mit diesem Zeug werden sie nicht mehr schreien können«, erwiderte Barbey gleichgültig. »Es erstickt sie. Was ist denn mit dir los? Das sind doch nur Fische.«
»Ich weiß, ich weiß.« Fidele Barbey hatte sein ganzes Leben damit verbracht, Säugetiere und Fische zu töten. Während er selbst manchmal nicht gezögert hatte, Menschen umzubringen. Warum war das hier jetzt ein so großes Problem für ihn? Den Stachelrochen zu töten, hatte ihm nichts ausgemacht. Ja, aber das war ein feindlicher Fisch gewesen. Das hier waren friedliche Leute. Leute? Was für ein erbärmlicher Trugschluss!
»Hey!«, ertönte Mr Krests Stimme. »Was geht da drüben vor? Das ist nicht der richtige Augenblick zum Plaudern. Runter mit dem Kopf, Jim.«
Bond zog seine Maske über das Gesicht und legte sich wieder auf die Wasseroberfläche. Sofort sah er, dass der wunderschöne rosa Schatten aus dem weiter entfernten undurchsichtigen Wasser auf sie zukam. Der Fisch schwamm vollkommen zutraulich auf ihn zu, als ob er ihn inzwischen als selbstverständlich wahrnahm. Dann sah er wieder zu ihm auf. »Hau schon ab, du kleiner Idiot«, flüsterte Bond durch die Maske. Er stach mit der Harpune nach dem Fisch, und endlich verschwand er wieder im Nebel. Bond hob seinen Kopf und streckte mürrisch seinen Daumen in die Höhe. Es war lächerlich und ein alberner Sabotageakt, für den er sich bereits schämte. Die dunkelbraune ölige Flüssigkeit breitete sich über die Wasseroberfläche der Lagune aus. Noch war Zeit, um Mr Krest zu stoppen, bevor er alles ausgeschüttet hatte – Zeit, um ihm eine zweite Chance bei der Hildebrand-Rarität zu geben. Bond stand da und wartete, bis der Kanister bis auf den letzten Tropfen geleert war. Zum Teufel mit Krest!
Nun bewegte sich das Zeug durch die Strömung langsam auf ihn und Barbey zu. Es handelte sich um einen glänzenden, immer größer werdenden
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