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In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: In unseren grünen Jahren: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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wie ich sah, wendig und flink und ein vorzüglicher Messerwerfer. Greife nicht das Gros an, mein Sohn, aber wenn du einen einzelnen Späher ertappst, töte ihn.«
    Es dunkelte schon, als Miroul bleich und keuchend zurückkam.
    »Ich mußte einen Posten töten. Er hatte mich entdeckt, und ich hatte Mühe, mit dem Schurken fertig zu werden.« Er holte tief Luft. »Der Hinterhalt befindet sich links des Weges, der zum Hause führt, etwa sechshundert Schritt von hier. Dort lauern, gut verschanzt, fünf Schurken in einem Graben, mit Zweigen über dem Buckel, und ich hätte sie nicht bemerkt, wäre da nicht einer gerade aufgestanden, um die lahmen Glieder zu strecken.«
    »Bist du bis vors Haus geschlichen, Miroul?« fragte ich.
    »Bin ich. Sie sind ihrer zehn und sitzen ziemlich unbekümmert vor einem baufälligen Haus, in dem vermutlich die Montcalms eingesperrt sind.«
    »Eine beträchtliche Zahl«, sagte Pater Anselme, indessen er einen Bolzen in seine Waffe spannte. »Es wird ein heißer Kampf. Monsieur de Siorac, wir marschieren getrennt. Die Mönche und ich machen uns über die im Hinterhalt her, greifen sie lautlos mit unseren Armbrüsten an. Ihr unterdessen schleicht durch das Unterholz um das Haus herum, und wenn die Geschosse zum zweiten Mal pfeifen, fallt Ihr das Gros von hinten an. Nehmt dafür Eure Pistolen: einen Bären bekämpft man am besten aus der Distanz.«
    Pater Anselme mochte eher ein Stratege denn ein Rechner sein, denn ihrer vier waren die Mönche, aber zu fünft die Schurken im Hinterhalt. Die Bolzen durchbohrten vieren den Rücken, der fünfte aber sprang auf und entwischte. In irrem Lauf rannte der Mann zum Haus, kam in weniger als zehn Schritt Entfernung an uns vorbeigeprescht. Miroul zog das Messer, um es zu werfen, doch schon hatte Antonio die Arkebuse angelegt und den Schuft niedergestreckt. Der Schuß hallte so laut im Unterholz, das wir den Atem anhielten.
    »Ha, Antonio, du hast alles verdorben«, sagte ich. »Der Überraschungseffekt ist dahin. Auf jetzt! Eile ist unsere einzige Rettung!«
    Doch der Alarm war leider gegeben, die Kerle erwarteten uns bereits mit gezückter Waffe. Wir drückten unsere Pistolen ab und mußten dann den Degen ziehen, um fast ein Dutzend blutrünstiger Schurken anzugreifen. Zwar kamen die Mönche hinzu, konnten die Armbrust aber nicht einsetzen, weil sie einen der Unseren hätten treffen können. Doch sie taten Wunder mit ihren Degen und Rundschilden, traten mit ihren Stiefeln zu, wünschten die Schurken mit schrecklichen Flüchen zum Teufel und in die Hölle. Als die Banditen nur noch zu dritt waren, wollten sie Fersengeld zahlen; da griffen die Mönche zu ihren Armbrüsten und streckten zwei nieder. Der dritte rettete sich, gelangte aber nicht weit, wie noch zu berichten sein wird.
    In dem Glauben, der Kampf sei gewonnen, stürzte ich ins Haus und sah einen Schurken über Monsieur de Montcalm das Messer schwingen. Ich kam ihm zuvor, durchbohrte ihm den Hals mit meinem Degen, indes ein anderer Schurke, den ich nicht gesehen hatte, mir einen Stich mit der Pike versetzte, den mein Brustpanzer zur linken Schulter hin ablenkte. Miroul, von der Schwelle her, nagelte den Mann mit dem Messer an die Wand. Ich hatte nur einen Faustschlag an der Schulter gespürt, mehr nicht.
    Monsieur de Montcalm lag am Boden, mit den Händen an ein Tischbein gefesselt, bleich im Gesicht, jedoch gefaßt. Pater Anselme eilte und schnitt ihm die Fesseln mit dem Hirschfänger durch, während Miroul und ich versuchten, die beiden Frauen loszubinden. Das erste Wort von Monsieur de Montcalm galt seltsamerweise nicht seiner Frau, sondern der Tochter, der ich die Fesseln abnahm.
    »Angelina, bist du wohlauf?«
    »Mein Herr Vater, ich bin wohlauf‹, sagte Angelina mit melodischer Stimme, die mir wie liebliche Musik klang nach all dem Kampfgeschrei. »Aber Ihr, Monsieur«, fuhr sie fort, das Gesicht ganz nah dem meinen, indessen ich sie losband, »Ihr seid verwundet, Ihr blutet!«
    »Es ist weiter nichts«, sagte ich, da ich noch kaum Schmerz verspürte und Angelinas lieber Blick mich gefangennahm.
    »Aber Monsieur, Ihr seid verletzt, Ihr blutet!« wiederholte sie, sich erhebend.
    Ich schaute auf meinen linken Arm und sah den Ärmel meines Wamses von oben bis unten rot verfärbt. Nun erst spürte ich Schmerz und plötzliche Schwäche, so daß ich hingefallen wäre, hätte nicht Angelina mich gestützt. Pater Anselme legte mich auf den Tisch und gab mir Weingeist zu trinken, davon er auf meine

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