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In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas
Autoren: Carsten Henn
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revanchieren?«
    »Nein. Aber es wird unseren kleinen Ausflug
in ein anderes Licht rücken.«
    » Julius !«
    Bäckers Betonung sagte Folgendes aus: 1. Rück endlich mit
der Sprache raus!; 2. Was erlaubst du
dir mir gegenüber?!; und 3. Am liebsten
würde ich dir auf der Stelle den Hals umdrehen!
    Julius tat, als wüsste er nichts davon.
    »Komm vorbei, oder erfahr es morgen aus der Zeitung. Das ist deine
Entscheidung. Nur du weißt, wie wichtig die persönliche Angelegenheit
ist.«
    Er legte auf.
    Jetzt fühlte er sich besser.
    Die letzte Stunde vor Showdown verbrachte Julius in der Küche, um
bei der Vorbereitung mitzuhelfen. Das Mörder-Menü musste zusätzlich zu allen
anderen Speisen angerichtet werden. Mehr Hände standen dafür jedoch nicht
bereit. Die vorhandenen mussten sich schneller bewegen.
    Dann öffnete die »Alte Eiche«. Die ersten Gäste des normalen
Betriebs tröpfelten ein.
    Der Blaue Salon wartete auf seine Beute.
    Dann traf sie ein. Stück für Stück.
    Um 20 Uhr 15 war sie komplett. Bis auf den letzten Mann.
    Und der hieß Bäcker.
    Das Essen konnte beginnen.
    Gisela saß zusammengesunken am Kopfende der Tafel. Es fiel
ihr merklich schwer, an diesem gesellschaftlichen Ereignis erster kulinarischer
Güte teilzunehmen. Sie war früher gekommen, um ein paar Minuten allein mit
Julius zu haben, in denen sie ihm ihr Leid mit der Presse klagte.
Oberstudienrat a.D. Adalbert Niemeier war kurz nach ihr eingetroffen,
hatte sich neben sie gesetzt und versucht, das Eis durch Witze zu brechen. Fast
alle begannen mit: »Sagt der römische Prokonsul zum Zenturio …«. Es
funktionierte nicht. Als die Pastoralreferentin Erika Salbach eintraf, stürzte
er sich prompt auf das neue Opfer, das dankbarer für seine Späße war. Ab und an
warf sie giftige Blicke zu Gisela, die diese jedoch nicht bemerkte, da sie die
meiste Zeit auf den Teller starrte.
    Der Restaurateurs-Stammtisch und die Herolds fanden sich zur selben
Zeit ein, allesamt in guter Laune, auch wenn sie dies wegen Giselas Anwesenheit
nicht vollends zeigten. Zuletzt kamen Robert Stressner von der AhrWein eG
und IHK -Geschäftsführer Hans-Jürgen
Zimmermann, beide hatten Begrüßungsgeschenke in Flaschenform für Julius dabei,
als kleine Aufmerksamkeit für den ersten Stern. Der Landrat war als Letzter
einmarschiert, hatte dadurch alle Aufmerksamkeit bekommen, die er sich
wünschte. Bäcker nahm freudig den letzten freien Platz und das Gespräch in
Beschlag – obwohl ihm Bassewitz heftigst Widerstand leistete.
    Als alle zwölf saßen, gab Julius das Kommando für den ersten Gang.
Er wollte keine Zeit verlieren. Je eher sie alles gegessen hatten, umso besser.
Die Spannung drohte ihn zu zerreißen, und er hatte schon viel zu viel vom Wein
probiert, der eigentlich zum Kochen da war.
    1. Kostbarkeit:

Cremesuppe von Wiesenkräutern und Kamillenblüten
    Die Suppe wurde, wie alle Gänge, entsprechend der blauen
Grundstimmung des Raums in einem farbig passenden Geschirr serviert.
Franz-Xaver kündete die Speise fachmännisch an, und die Gruppe aus potentiellen
Mördern begann genüsslich zu essen. Die Laune besserte sich mit jedem Löffel.
    »Den Suppe ist so gut, könnte glatt von mir sein!«, meinte Antoine
erfreut.
    »Noch besser als die Suppe«, warf Bäcker ein, »ist aber die –
ich glaub es ist mit einem milden Curry – daraufgepuderte Burg Are. Nicht
nur ein Wahrzeichen unseres Tals, sondern auch Wappen unserer altehrwürdigen
Weinbruderschaft. Das lob ich mir!«
    »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können, hochverehrter
Ordensmeister!«, sagte Stressner.
    Hans-Jürgen Zimmermann schlürfte fachkundig den Wein. »Ich hätte
nicht gedacht, dass der Rotwein dazu passt – aber er passt! Und das ist
tatsächlich dieser mit Rappen vergorene Wein aus Baden? Den hatte ich viel
kantiger erwartet …«
    François, der gerade beim Nachschenken war, nutzte erfreut die
Möglichkeit, mit seinem Wissen anzugeben: »Da täuscht man sich! Nach einigen
Jahren wird der auch sehr seidig.«
    »Was bedeutet ›mit Rappen vergoren‹, wenn man fragen darf?«,
erkundigte sich Niemeier.
    François richtete sich auf. »Normalerweise werden die Trauben vor
der Maischegärung entrappt, weil man meint, dass in den Stängeln – den
Rappen – minderwertige Gerbstoffe stecken. Dieser Wein ist ein
hervorragendes Gegenbei–«
    »Hör mir bloß mit Entrappen auf!«, unterbrach ihn Prieß. »Da muss
ich an die Geschichte mit Ihrem Hund denken, Frau
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