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In Vino Veritas

In Vino Veritas

Titel: In Vino Veritas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Henn
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geben Sie mir eine verdammt gute Erklärung, wie es dahin
kam.«

X
    »Fünf mörderische Kostbarkeiten«
    Julius bat von Reuschenberg herein, führte sie in die
Küche und schickte alle anderen raus.
    Dann zuckte er mit den Schultern.
    Von Reuschenberg stemmte die Arme in die Hüften: »Was soll das
heißen? Dass Sie es nicht wissen?«
    Julius griff der Kommissarin an die Nase.
    Dann zog er ein Geldstück heraus.
    »Der einzige Zaubertrick, den ich jemals gelernt habe.«
    »Und was soll das jetzt? Ist Ihnen wirklich zum Spaßen zumute?«
    »Die Münze gehörte nicht in Ihre Nase und der Stock nicht in meinen
Garten. Wo war er eigentlich genau?«
    »Zwischen den Holzscheiten für Ihren Kamin …«
    »Ein gutes Versteck.«
    »Sagen Sie bloß.«
    Julius lehnte sich an eine der Arbeitsplatten und zog sein Kochhemd
stramm über den Wanst.
    »Wenig überraschend möchte ich Ihnen jetzt sagen, dass ich nicht
wusste, dass der Stock, mit dem Siggi erschlagen wurde, dort lag. Ich habe ihn
nicht dorthin gelegt. Aber ich weiß, warum ihn jemand
dort deponierte.«
    »Lassen Sie mich raten: Jemand will Sie belasten?«
    Julius nickte lächelnd. »Das wollte ich sagen.«
    »Und wollten Sie mir auch sagen, wer ?«
    Julius überlegte. Lange.
    »Nein.«
    »Das hat aber gedauert. Sie haben doch bestimmt jemanden in
Verdacht, Sie Unschuldslamm ?«
    »Sie würden mir eh nicht glauben.«
    Von Reuschenberg lugte in einige der Töpfe. Sie waren leer.
    »Das stimmt. – Bleibt die Küche heute kalt?«
    »Ja. Mir geht es nicht so gut.«
    Sie stellte sich vor Julius, so dass ihre Nasenspitzen einander fast
berührten. Durch den Größenunterschied war es jedoch eher ein
Nase-Adamsapfel-Stelldichein.
    »Mein lieber Herr Eichendorff, Sie hängen
ganz tief in der Sache drin. Soll ich Ihnen sagen, was ich glaube?«
    Ihre Stimme hatte ein Volumen angenommen, das man der schlanken Frau
gar nicht zutraute.
    »Ich glaube, Sie haben die Morde zusammen mit einer weiteren Person
geplant und ausgeführt. Und jetzt, wo wir Ihnen beiden auf der Spur sind, will
Ihr Kompagnon Sie den Wölfen vorwerfen. Hat mal eben anonym bei uns angerufen
und haargenau beschrieben, wo wir den Stock finden. Er war allerdings so
unklug, die Tatwaffe von dem Mord zu nehmen, für den Sie ein Alibi haben.
Ansonsten würde ich Sie mit Freuden sofort mitnehmen. Aber so ein Fehler
passiert Ihrem Freund bestimmt nicht noch mal. An
Ihrer Stelle würde ich ganz schnell auspacken! Das würde sich strafmildernd
auswirken …«
    Auch Julius war der Meinung, dass dem Mörder ein Fehler unterlaufen
war. Und zwar ein gewaltiger. Jetzt hatte er kaum noch Zweifel an dessen
Identität. Woran er zweifelte, war von Reuschenbergs Zurechnungsfähigkeit. Er
konnte nicht fassen, was sie soeben gesagt hatte.
    »Das kann nicht Ihr Ernst sein!«
    »Keine Spielchen mehr, Herr Eichendorff.
Diese Zeit ist vorbei!«
    »Sie halten mich wirklich für fähig, einen Mord zu begehen?«
    »Nicht nur einen.«
    Das war zu viel.
    » Raus !«
    Julius’ Gebrüll schob von Reuschenberg zwei Schritte rückwärts.
»Wenn Sie mich einbuchten wollen, dann machen Sie es. Wenn nicht, verlassen Sie sofort mein Haus! Ich lasse mich nicht eines Mordes
bezichtigen. Von niemandem!«
    Das Feuer in von Reuschenbergs Augen loderte wie in einem offenen
Grill. Die Kohlen glühten. »Ich krieg Sie noch! Und dann werde ich Sie
genüsslich durch den Fleischwolf drehen!« Sie stampfte zur Tür hinaus.
    »Als wüssten Sie , wie das geht!«, rief
Julius ihr nach.
    Als er ins Restaurant trat, starrte ihn seine Mannschaft ungläubig
an.
    Er war in keiner guten Laune. Löwenbändiger hätten keinen Käfig mit
ihm betreten.
    »Was macht ihr noch hier, an die Telefone!«, brüllte er. »Ihr könnt
doch sonst die Finger nicht von euren Handys lassen!«
    Die Nacht wurde lang. In diesen Stunden verwandelte sich
die Küche in ein alchemistisches Labor. Julius wollte Gold erschaffen. Dafür
hatte er aber nur Substanzen, die nicht zueinander passen wollten, die sich
sträubten, gemeinsam in einem Ofen zu landen, in einer Pfanne zu braten oder
gar in einem Topf verrührt zu werden.
    Doch sie mussten zusammenfinden.
    Die Ingredienzen standen wie Ritter bei einem Turnier an der linken
Flanke und sollten gemeinsam auf den Menütellern der rechten Flanke landen. Auf
dem Weg dahin beharkten sie sich und versuchten, einander mit den Lanzen die
Brustkörbe zu durchbohren. Julius musste sich jede separat vornehmen, mit ihr
in Einzelgespräche gehen und

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