In weißer Stille
aufgelegt.«
»Nach siebenundvierzig Sekunden? Mit gefällt das nicht. Bleib an ihr dran.« Dühnfort wandte sich an Alois. »Die Verkehrsüberwachungsbänder vom Dienstag, hat sich da was ergeben?«
Alois verneinte. »Aber die Bänder zeigen nur den Mittleren Ring und Teile der Autobahn. Er kann ja auch über Nebenstraßen gefahren sein.«
Es klopfte, Meo blickte herein. »Sein Nummernschild, das war es.«
»Was?«, fragte Alois.
»Das Passwort. Die Büchse ist geöffnet.«
»Und? Hast du die Bilder gefunden?«, fragte Dühnfort.
»Wovon redet ihr?« Gina runzelte die Stirn.
»Yeah. Ganz schön fiese Nummer. Waren allerdings gelöscht. Aber wie schon mehrfach gesagt …«
»… die Leute wissen einfach nicht, wie man das richtig macht«, vollendete Dühnfort Meos Satz.
* * *
Trotzig, dachte Dühnfort. Sie wirkt nicht verängstigt oder verstört und schon gar nicht, als ob sie unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen steht, sondern trotzig. Franziska blickte aufmüpfig in die Kamera, den Kopf zurückgeworfen, das Kinn vorgereckt. Nackt lag sie auf dem Bett in Heckeroths Wohnung, die Arme mit Tüchern an das Kopfteil gebunden. Die Beine geschlossen, das Becken ein wenig von der Kamera weggedreht, als ob sie sich schämte. Dieses Szenario hatte sich bei den beiden übrigen Aufnahmen geändert. Hier waren auch die Beine gefesselt, jedes einzeln ans Fußteil. Der Kopf hochrot, das Gesicht verzerrt, der Mund geöffnet. Hass in den Augen. Die Sehnen am Hals traten hervor, es sah aus, als schreie sie.
Dühnfort wandte sich an Meo. »Kannst du feststellen, wann die Aufnahmen gelöscht wurden?«
»Nur wenn die Logfiles noch da sind und nicht manipuliert wurden. Dafür muss ich aber in den Eingeweiden wühlen. Gib mir ein paar Stunden.«
»Wer hat diese Bilder verschwinden lassen undwarum?« Gina setzte sich auf die Arbeitsplatte in Meos Labor und ließ die Beine baumeln.
Dühnfort dachte an das Album, an den Karton voller Liebesbriefe und an den geschützten Bereich des PCs. »Heckeroth sicher nicht. Er sammelt. Eher Franziska oder ihre Mutter. Sie haben einen Schlüssel zur Wohnung, hatten also die Möglichkeit, an den Computer zu gelangen, wenn Heckeroth außer Haus war.«
»Und das Passwort?«, fragte Gina.
Alois setzte sich neben sie. »Zufällig erspäht oder erraten? Das Nummernschild dafür zu verwenden ist nicht so ungewöhnlich.«
Dühnfort sah wieder auf den Monitor, sah die Wut in Franziskas Augen. »Sie ist in der Nacht vom 6 . auf den 7 . Oktober verunglückt.«
Gina zog die Stirn kraus. »Du denkst, sie hat Heckeroth überfallen, das Passwort von ihm erpresst und ist dann nach München gefahren, um die Bilder zu löschen. Warum hätte sie ihn gefesselt im Haus zurücklassen sollen? Außerdem ist sie erst siebzehn, hat keinen Führerschein und kein Auto. Wie ist sie nach Münsing gekommen?«
»Gefesselt hat sie ihn, damit er nicht vor ihr am Kurfürstenplatz ist. Entweder hat sie das alleine durchgezogen und war mit dem Rad und der S-Bahn unterwegs. Vom S-Bahnhof Wolfratshausen sind das nur sechs Kilometer. Oder sie hat einen Helfer gehabt, was ich für wahrscheinlicher halte.«
»Und dann, bevor sie Heckeroth befreien kann, verunglückt sie.« Gina zog die Unterlippe unter die Schneidezähne. »Dann wäre das kein Mord, sondern ein tragischer Unfall. In diesem Fall kann sie keinen Mitwisser gehabt haben. Sonst hätte der doch Heckeroth freigelassen.«
»Wer hat dann das Auto weggebracht und Uhr und Geldkarten an sich genommen? Das muss später passiert sein, als sie schon im Krankenhaus lag.«
* * *
Dühnfort rief bei Frau Kiendel an. Sie meldete sich nicht. Auch das Handy war ausgeschaltet. Vermutlich war sie im Krankenhaus. Er zog seinen Mantel an, verließ das Präsidium und fuhr durch den dichten Nachmittagsverkehr zum Klinikum Harlaching. An der Stationstür zur neurologischen Abteilung stieß er mit ihr zusammen. Sie zog gerade den Reißverschluss einer Steppjacke mit Goldknöpfen und Leopardenfellkragen zu. Verdutzt musterte sie ihn. »Suchen Sie mich?«
»Ich habe doch noch ein paar Fragen zu Ihrem Vermieter. Können wir kurz in die Cafeteria gehen?«
»Ich muss um vier in der Arbeit sein.«
Er blickte auf die Uhr. Es war halb vier. »Ich kann Sie fahren.«
»Ich nehme gerne die Straßenbahn. Sie können mich zur Haltestelle begleiten.«
Während sie gemeinsam das Krankenhaus verließen und Richtung Haupteingang gingen, fragte Dühnfort, wie sich Franziska mit
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