In weißer Stille
Namen.«
Sie schmunzelte. »Das glaube ich nicht. Sie sind schließlich kein Münchner. Oder? Es heißt Sissi. Mein Vater war ein Fan der österreichischen Kaiserin. Sie stammte schließlich von hier.«
»Ich fürchte, Sie haben recht. Ich muss mir etwas anderes überlegen.« Dühnfort bezahlte seinen Espresso und ihren Cappuccino, nahm das Kuvert und reichte Sylvia Ullmann die Hand. »Das Geld ist bis Freitag überwiesen.«
Sie wünschte ihm viel Freude mit dem Boot und blickte ihm nach.
* * *
Heckeroths Schlüssel befand sich noch immer in Dühnforts Manteltasche. Er betrat dessen Wohnung und ging in das Arbeitszimmer. Dort nahm er den Ordner mit Rechnungen aus dem Regal und begann zu blättern. Der alte Heckeroth hatte alle Quittungen auf Blätter geklebt und abgeheftet. War ein Garantieheft oder eine Gebrauchsanweisung dabei, dann befanden sich diese Unterlagen zusammen mit dem Kaufbeleg in einer Klarsichthülle. Es dauerte nicht lange, bis Dühnfort fündig wurde. Anfang Juli hatte Wolfram Eberhard Heckeroth in einem Münchner Sporthaus ein Mountainbike gekauft. Ein Stevens S 8 Elite. Auf dem Garantiebeleg war die Rahmennummer angegeben.
Dühnfort nahm die Unterlagen mit und schloss die Wohnung hinter sich ab. Auf dem Weg zu seinem Auto zog er das Handy aus der Tasche und rief Buchholz an. »Kannst du mal nachsehen, welche Rahmennummer auf dem Rad steht, das wir bei Bertram sichergestellt haben?«
»Sofort?«
»Wenn es geht.«
»Ich ruf dich in zwei Minuten zurück.«
Dühnfort wartete neben seinem Auto stehend und beobachtete die Trambahn, die mit einem sandigen Quietschen am Kurfürstenplatz hielt. Menschen stiegen aus und ein. Die Türen schlossen sich, die Tram setzte sich wieder in Bewegung und gab den Blick auf den Platz frei. Ein junges Mädchen mit einer Eiswaffel in der Hand sah sich suchend um, ein Dackel hob das Bein am stummen Verkäufer, ein altes Paar ging händchenhaltend vorbei. Dühnforts Handy klingelte. Buchholz meldete sich und las die Rahmennummer vor.
»Danke.« Dühnfort beendete das Gespräch und gingzurück zu Heckeroths Haus. Er klingelte, obwohl die Praxis Mittwochnachmittag geschlossen hatte. Als niemand öffnete, ging er hinüber zu Alberts Wohnung in der Kaiserstraße. Dort traf er nur dessen Frau Barbara an. Er fragte sie nach dem Rad ihres Schwiegervaters.
»In der Stadt wollte er damit nicht fahren. Das war ihm zu gefährlich. Deshalb hat er es ins Wochenendhaus gebracht. Es steht im Schuppen.«
»Ist es Zufall, dass es dem Mountainbike von Bertram so ähnlich ist?«
Sie schob sich eine Strähne hinters Ohr. »Nein. Wolfram wollte sich schon seit längerer Zeit ein Rad kaufen. Als er Bertrams Mountainbike gesehen hat, wollte er auch so eines. Kein Altherrenrad, sondern etwas Sportliches. Natürlich hat er sich die teurere Version besorgt.«
Dühnfort verabschiedete sich und rief vom Auto aus Buchholz an. »Habt ihr im Schuppen des Wochenendhauses ein Rad gefunden?«
»Was hast du nur mit dem Rad? Also in Münsing war keines.«
»Sicher?«
»So sicher, wie dein
Merde
Scheiße heißt.«
»Gut. Wir treffen uns in einer halben Stunde zu einem Meeting.« Dann wählte er Alois’ Nummer, um ihn darüber zu informieren. »Bring die Unterlagen von Bertrams Rad mit.«
Im Präsidium angekommen, suchte er Gina auf. Sie saß hinter dem Computer und blickte hoch. »Wir treffen uns gleich zu einer Besprechung. Alois hat etwas entdeckt, was uns weiterbringen könnte. Bist du so nett und sagst Meo noch Bescheid?«
Während sie nickte, begann ihr Handy eine Melodie zu spielen. »Sorry.« Gina nahm das Gespräch entgegen.Dühnfort wollte gerade das Büro verlassen, als er bemerkte, wie sich ihr Gesichtsausdruck verwandelte. Sie wandte sich ab. »Ja. Nein. Ist schon in Ordnung, Tag, Herr Professor.« Dühnfort wollte gehen, konnte aber nicht.
Ihr Rücken wurde kerzengerade, während sie das Mobiltelefon ans Ohr presste und sich ihre Schultern nach oben schoben. Sie schien das Atmen eingestellt zu haben. Unwillkürlich übertrug sich ihre Haltung auf ihn. Eine unangenehme Kühle legte sich in seinen Magen.
»Okay. Ja. Alles klar. Vielen Dank, Herr Professor.« Sie legte auf und drehte sich wieder zurück. Tränen glitzerten in ihren Augen. Sie zwinkerte sie weg. Mit zwei Schritten war Dühnfort bei ihr. Er nahm sie in den Arm und wusste nicht, was er sagen sollte. Wieder bemerkte er den Duft nach Äpfeln. Einen Moment lang lehnte sie sich an ihn, als ob sie einer Schwäche
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