In weißer Stille
nachdem er es vom Keylogger zugesandt bekommen hatte. Eindeutiger ging es nicht mehr. Dühnfort hielt Olav die Mappe hin. Der zögerte, griff danach und blätterte sie auf. Während er las, stahl sich ein Lächeln in die Mundwinkel.
Als er fertig war, klappte er den Aktendeckel zu, legte ihn auf den Tisch, verschränkte die Arme und sah Dühnfort herausfordernd an.
»Gut, dann wissen wir das«, sagte Dühnfort. »Wie ging es weiter, nachdem du Franzi das Passwort gemailt hattest?«
Olavs Augen wurden runder, er breitete die Arme aus. »Wie wohl?«
»Das würde ich gerne von dir hören.«
»Franzi hat sich den Schlüssel von ihrer Mutter gekrallt.« Olav schien der Meinung zu sein, damit alles gesagt zu haben. Während Dühnfort wartete, nahm er das Surren des Computers wahr und vorbeieilende Schritte auf dem Flur. »Den von seiner Wohnung. Sie ist rein und hat die Fotos gelöscht, die dieser Arsch von ihr gemacht hat.«
»Wann war das?«
»Montag. Montag, 6 . Oktober. Steht doch in den Logfiles.«
»Warst du dabei?«
»Nee. Wirklich nicht.«
»Und wo war Heckeroth?«
»Keine Ahnung.«
»Das hat Franzi dir nicht gesagt?«
»Nee. Wieso auch?«
»Du wusstest von den Fotos?«
»Sie hat’s mir gesagt. So ’n Arsch. Er hat sie erpresst. Wollte das auf die Schul-HP laden.«
»Was hast du an dem Abend gemacht?«
Olav grinste. »Ich war bei der Polizei.«
»Weshalb?«
»Als Zeuge.«
»Wovon?«
»In der U-Bahn hat’s eine Schlägerei gegeben.«
»Am Montag, 6 . Oktober, gegen 22 Uhr?«
Olav nickte.
»Welche Polizeidienststelle?«
»Chiemgaustraße.«
»Weißt du noch, bei wem du deine Aussage gemacht hast?«
Olav zog die Stirn in Falten. »Hamberger hieß der, glaub ich.«
»Hat Franzi dir gesagt, ob es geklappt hat?«
»Sie hat mich angerufen. Ist alles gutgegangen.«
»Wohin wollte sie kurz vor Mitternacht mit dem Rad?«
»Döner essen am Hauptbahnhof. Ich hab sie eingeladen. Aber sie ist nicht gekommen.« Olav blinzelte. »So ’n Rowdy hat sie voll umgenietet.«
Dühnfort griff zum Telefon, rief in der Polizeidienststelle Chiemgaustraße an und fragte nach einem Kollegen Hamberger. Eine Minute später hatte er ihn am Apparat. Dühnfort stellte sich vor und erklärte den Grund seines Anrufs. Als er geendet hatte, fragte er, ob Hamberger die Angaben bestätigen könne.
»Natürlich erinnere ich mich an den Olav Pongratz. Toller Kerl. Solche bräuchten wir mehr. Interessiert doch sonst kein Schwein, wenn ein Penner zusammengeschlagen wird.«
Dühnfort musterte Olav, der auf den Boden sah. »Er ist einem Obdachlosen zu Hilfe gekommen?«
»Zwei Skins haben an der U-Bahn-Station Mangfallplatz im Zwischengeschoss einen Penner angegriffen. Keiner hat hingesehen, alle sind vorbeigegangen. Nix wie weg hier. Nur der Olav ist eingeschritten. Toller Junge.«
»Und das war am 6 . Oktober gegen 22 Uhr?«
»Richtig. Wenn Sie wollen, schicke ich Ihnen das Überwachungsvideo.«
»Danke. Das ist nicht nötig.«
Dühnfort lehnte sich zurück und musterte den Jungen. Er war zwar schon achtzehn, hatte aber keinen Führerschein. Das Passwort war über den Keylogger ausgespäht worden. Und so wie es aussah, war es Franzi geglückt, sich damit Zugang zu Heckeroths PC zu verschaffen. Sie hatte also keinen Grund gehabt, nach Münsing zu fahren und Heckeroth niederzuschlagen. Dühnfort dankte Olav für sein Erscheinen und das Gespräch und sah ihm nach, als er schlurfenden Schrittes das Büro verließ.
Dann ging er hinüber zu Alois und Gina. Sie saß am Computer. Alois war nicht da. »Er ist zu Bertrams Haus gefahren. Anscheinend hast du ihn infiziert. Er sagt, er will sich dort noch mal umschauen. Er hat Angst, etwas übersehen zu haben.« Gina beendete eine Eingabe und blickte Dühnfort lächelnd an.
»Kommst du mit Sabine Groß weiter?«
Gina nickte. »Zäh, aber doch.«
»Wie erklärt sie die Fingerabdrücke in Bertrams Haus?«
Gina beendete eine Eingabe und drehte sich dann Dühnfort zu. »Nachdem sie Bertram zufällig begegnet war, ist die alte Geschichte wieder hochgekocht. Sie sagt, sie weiß selbst nicht, weshalb sie seine Adresse ausfindig gemacht hat und vor dem Haus rumgelungert ist. Übrigens nicht nur ein Mal, sondern öfters. Irgendwann ist sie Bertram aufgefallen. Er hat sich an sie erinnert und sie hereingebeten. Als sie ihm erzählt hat, was damals passiert ist, schien das Wasser auf seinen Mühlen zu sein. Sie sagt, er hat seinen Vater gehasst und wollte, dass Sabine ihn anzeigt. Aber
Weitere Kostenlose Bücher