In weißer Stille
nachgebe, dann löste sie sich.
Mit einer verärgerten Geste wischte sie sich über die Augen und atmete durch. »’tschuldigung. Es ist nur die Erleichterung. Alles in Ordnung. Jetzt habe ich dir aber einen Schrecken eingejagt. Das wollte ich nicht.« Sie fuhr sich noch einmal über das Gesicht und zog dann ein Taschentuch aus der Hose. »Normal habe ich nicht so nah am Wasser gebaut. ’tschuldige. Das Ergebnis der Biopsie ist negativ. Was also heißt, dass es für mich positiv ist. Alles im grünen Bereich.« Mit einem Schütteln entfaltete sie das Taschentuch und schnäuzte sich.
Dühnfort war froh, dass dieses kurze Entsetzen grundlos war. »Jetzt bin ich jedenfalls wieder richtig wach. So ein kleiner Adrenalinschock hin und wieder ist nicht zu verachten.« Erleichtert strich er ihr über den Arm.
* * *
Die Sonne brannte in den Besprechungsraum und heizte ihn auf. Dühnfort erhob sich und öffnete ein Fenster. Mittlerweile hatte er seine Kollegen auf den aktuellen Ermittlungsstand gebracht und über Olav und Franzi berichtet. »Im Augenblick sehe ich keine Notwendigkeit, das weiterzuverfolgen. Aber Alois hat etwas entdeckt, das uns hoffentlich voranbringen wird.« Dühnfort fasste die Erkenntnisse über die beiden Fahrräder zusammen. »Bertram und sein Vater hatten also sehr ähnliche Mountainbikes. Das Rad, das wir bei Bertram sichergestellt und dessen Spuren wir im Auto des Vaters nachgewiesen haben, gehört nicht Bertram, sondern dem alten Heckeroth. Da stellen sich ein paar spannende Fragen. Erstens: Bertram wusste, dass die ihn belastenden Spuren nicht von seinem Rad herrührten. Weshalb hat er das nicht aufgeklärt, sondern den Verdacht auf sich ruhen lassen? Zweitens: Wann und wie ist er an das Rad gekommen? Drittens: Spielen die vertauschten Räder eine Rolle bei der Tat?«
»Viertens: Wo ist sein Rad abgeblieben?«, ergänzte Gina.
»In seinem Haus ist es jedenfalls nicht«, erwiderte Alois. »Und fünftens: Haben die Spuren im Kofferraum überhaupt irgendeinen Wert für unsere Ermittlungen? Sie können lange vor der Tat dorthin gelangt sein.«
»Das stimmt nicht. Heckeroth hatte seinen Jeep am Freitag vor dem Überfall bei der Inspektion. Anschließend wurde das Fahrzeug gewaschen und auch innen gereinigt«, entgegnete Dühnfort.
Buchholz beugte sich vor und blickte in die Runde. »Ich stelle mal die Behauptung auf, dass wir nicht wissen, von welchem Rad die Spuren stammen. Beide sind vom selben Hersteller. Wenn sie nicht unterschiedlicheReifenprofile haben, können die Erdbröckerl auch aus Bertrams Rad stammen. Kann ich mal die Unterlagen der beiden Räder haben?«
Dühnfort und Alois schoben die Heftchen über den Tisch. Buchholz begann darin zu blättern. Für eine Minute herrschte Stille im Raum, bis er wieder aufblickte. »Bertrams Rad mit den Continental-Vapor-Reifen ist weg. Im Kofferraum lag das des Vaters. Kevlar-Faltreifen.«
Gina zog die Unterlippe unter die Schneidezähne und stützte das Kinn in die Hand. »Zu erstens, weshalb Bertram uns nicht gesagt hat, dass das Rad nicht seines ist, da fallen mir drei Möglichkeiten ein. Ad eins: Er war ein selbstgefälliger Kerl, der sich köstlich über unseren Irrtum amüsiert hat und sich die Hände reiben wollte, wenn wir uns kleinlaut bei ihm entschuldigt hätten. Ad zwei: Er hat seinen Vater überfallen und gefesselt und das Haus so hergerichtet, dass jeder denken musste, der alte Heckeroth sei zurück in die Stadt gefahren. Zu diesem Zweck musste Vaters Auto verschwinden. Deshalb hat Bertram das Rad des Vaters in den Kofferraum gelegt, ist dann mit dem Jeep zum Hotelparkplatz gefahren und hat ihn dort abgestellt. Zurück zum Wochenendhaus ging’s mit dem Rad, das er dann in den Porsche umgeladen hat, um es bei passender Gelegenheit verschwinden zu lassen. Weshalb er das dann nicht getan hat …?« Gina zuckte mit den Schultern. »Und zum Dritten: Er war es nicht, weiß aber, wer es war, und das Rad spielt dabei eine wichtige Rolle. In diesem Fall hätte Bertram also jemanden erpresst und musste deshalb sein Leben aushauchen.«
»Dabei übersiehst du aber, dass sein eigenes Rad verschwunden ist. Wo ist es abgeblieben? Und hat das etwas mit dem Fall zu tun?«, gab Dühnfort zu bedenken.
»Ich habe die Kollegen von
Diebstahl
schon gebeten, danach Ausschau zu halten«, sagte Alois. »Aber Kalle Moser ist nicht sehr zuversichtlich. Nur zehn Prozent der geklauten Räder tauchen irgendwann wieder auf.«
»Wenn Bertram tatsächlich
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