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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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verdrängen, der in seinem Mund klebte wie schmieriger Belag. »Gibt es hier noch andere Häuser?«
    »Zwei liegen gleich dahinter.« Christine Meingast deutete auf eine Fichtenhecke, die das Grundstück im Norden begrenzte. »Und ein Stückchen weiter im Süden ist noch eines. Aber um die Jahreszeit sind die Leute selten am See.«
    Fahrzeuglichter tauchten zwischen den Bäumen auf. Die Busse der Spurensicherung kamen vor dem Gartenzaun zu stehen. Frank Buchholz, der Leiter des Teams, zwängte sich aus dem ersten. Er trug eine schwarze Lederhose, Lederjacke und ein weißes Hemd. Sein Bauch quoll über den Bund. Buchholz’ Markenzeichen, eine Mähne graumelierter Locken, war im Juli einem der heißesten Sommertage zum Opfer gefallen. An den Anblick des seither kahlrasierten Schädels hatte Dühnfort sich noch immer nicht gewöhnt.
    Buchholz begrüßte ihn mit Handschlag, während seine Leute Kisten und Lampen aus den Fahrzeugen holten. »Du warst natürlich schon drinnen und natürlich wieder ohne Overall. Du lernst das nie.«
    Beschwichtigend hob Dühnfort die Hände. »Du hättest mich sowieso gleich reingelassen. Es gibt keine vertretenen Blutspuren.«
    »Aber nicht ohne Overall.«
    Eine Dreierkolonne Autos stoppte auf dem Weg. Vorneweg Ginas roter Golf, dahinter Alois’ schwarzer Mini und zum Schluss Dr. Ursula Weidenbach im silberfarbenen BMW. Dühnfort arbeitete gerne mit der Rechtsmedizinerin zusammen. Sie ließ Befunde nicht per Dienstpost übermitteln, sondern setzte sich mit an den Besprechungstisch, und außerdem zog sie eine klare Sprache dem Medizinerlatein vor. Mit zwei Alukoffern in den Händen kam sie auf ihn zu, groß und schlank, die grauen Haare kurz geschnitten. Die Lachfältchen um die ungeschminkten Augen wurden von einer silbergefassten Brille vergrößert. »Wenn Ihre Kollegen mich nicht aufgegabelt hätten, hätte ich nie hierhergefunden.« Mit einem Blick auf das Haus sog sie die Luft ein, als ob sie Witterung aufnähme. »Welch ein Odeur. Duftet nach wenigstensdrei Tagen. Aber nageln Sie mich nicht fest. Später weiß ich mehr.«
    Gina trug eine ihrer obligatorischen Cargohosen und eine Jeansjacke. »Guten Abend, Boss.« Alois trat hinter sie. Er nickte Dühnfort zu. Im kittfarbenen Trenchcoat über dem dreiteiligen Anzug sah er aus, als wäre er der Leiter der Ermittlung.
    * * *
    Dühnfort ging mit Albert Heckeroth, der die Ankunft des Teams vom Beifahrersitz des Streifenwagens aus verfolgt hatte, auf die Terrasse. Die Beleuchtung wurde, wie neben der Haustür, durch einen Bewegungsmelder eingeschaltet. In einer windgeschützten Ecke standen Stühle und ein Tisch. Sie setzten sich. Durch das Fenster beobachtete Dühnfort die Männer der Spurensicherung, die wie emsige weiße Käfer im Haus arbeiteten und zu denen sich nun Christine Meingast gesellte. Ihr Gesicht nahm eine käsige Farbe an, trotzdem sah sie sich aufmerksam um.
    In den folgenden Minuten erfuhr er, dass Albert Heckeroth Kinderarzt war und eine Praxis in München hatte. Seine weiße Hose und die weißen Schuhe ließen Dühnfort vermuten, dass er direkt von der Praxis hierhergefahren war. Kurz vor halb acht war er eingetroffen, um nach seinem Vater zu sehen, den er eigentlich schon Sonntagabend zurückerwartet hatte. Aber das Auto war weg und das Haus verschlossen. »Ich dachte erst, unsere Wege hätten sich überschnitten.« Mit dem Zeigefinger fuhr Albert Heckeroth einen Wirbel am Haaransatz nach.
    Gina und Alois, die sich im Haus einen ersten Eindruck verschafft hatten, kamen heraus und setzten sich mit an den Tisch.
    »Warum sind Sie dann doch ins Haus gegangen?«, fragte Dühnfort.
    Albert Heckeroth griff nach seinem Handy, das auf der Tischplatte lag. »Ich habe versucht, ihn zu erreichen, auch zu Hause. Aber er hat sich nicht gemeldet. Plötzlich hatte ich ein schlechtes Gefühl. Aber das …«, er deutete auf das Haus, »das habe ich nicht erwartet. So etwas nicht.«
    »Die Haustür war also verschlossen?«
    Albert Heckeroth setzte zu einem Nicken an, hielt dann aber mitten in der Bewegung inne. »Nein, sie war zugezogen, aber nicht abgesperrt.«
    »Wer hat einen Schlüssel?«
    »Natürlich mein Vater und ich. Meine Schwester auch, und ob mein Bruder einen hat, das weiß ich nicht. Aber ich hatte meinen nicht dabei. Der liegt in der Wohnung. Ich habe den Reserveschlüssel aus dem Versteck geholt.« Er deutete auf einen Blumentopf in der Ecke.
    »Seit wann war Ihr Vater hier?«, fragte Dühnfort.
    »Er ist vorletzten

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