In weißer Stille
Freitag gefahren …«
Alois zog die Brauen zusammen. »Und wollte bis Sonntag bleiben. Zehn Tage. Was macht man hier, bei diesem Wetter?«
»Meine Mutter ist vor vier Wochen gestorben. Vater hatte das noch nicht verkraftet. Deshalb hat er sich hierher zurückgezogen. Er wollte seine Ruhe haben.«
Dühnfort liebte es nicht, während einer Befragung unterbrochen zu werden, aber offensichtlich hatte Alois, der seit Mai dem Team angehörte, das noch immer nicht verstanden. »Das Auto Ihres Vaters ist also verschwunden. Welches Fabrikat? Können Sie mir das Kennzeichen sagen?«
»Ein silberfarbener Grand Cherokee Jeep.« Albert Heckerothnannte die Autonummer. Dühnfort bat Alois, die Fahndung nach dem Fahrzeug herauszugeben. Danach suchte Heckeroth im Telefonverzeichnis seines Handys die Namen und Nummern der Nachbarn. Dühnfort bat Gina und Alois nachzusehen, ob einer von ihnen sich in seinem Wochenendhaus aufhielt. Er wollte wissen, ob jemandem etwas aufgefallen war und wann die Nachbarn den alten Heckeroth zuletzt gesehen hatten. »Wenn sie nicht da sind, dann ruft an.« Gina und Alois machten sich auf den Weg.
»Fehlen außer dem Auto weitere Wertsachen?«
Der Sohn des Toten zog die Schultern hoch. »Ich weiß es nicht. Ich bin gleich wieder raus und habe die Polizei gerufen.«
»Gut, dann holen wir das jetzt nach. Schaffen Sie das?«
Albert nickte und stand auf. Sie gingen durch die Räume – alles war an seinem Platz. Fernsehapparat und CD-Player, Mikrowellenherd und Espressomaschine ebenso wie das Handy.
Dühnfort ging in den Flur, durchsuchte die Jacke des Opfers, die am Garderobenhaken hing, und holte eine Brieftasche hervor. Sie enthielt ein paar Münzen, Personalausweis und Führerschein. Dühnfort sah sich nach dem Schlüsselbund um. »Hatte Ihr Vater Bargeld und Kreditkarten bei sich?«
Albert lehnte an der Wand. Sein Gesicht war fahl, jegliche Farbe aus den Lippen gewichen. »Hätte ich doch nur früher nach ihm gesehen.«
Die Tür zum Bad stand offen.
Dühnfort folgte Alberts Blick. Dr. Weidenbach hatte die Gürtel gelöst, sie lagen neben der Leiche auf dem Boden. »Diese Gürtel …«
»Das sind beide Vaters.«
Er nahm Albert am Arm. »Lassen Sie uns auf die Terrasse gehen.«
Als sie wieder unter dem Vordach saßen, erhielt Dühnfort die ausstehende Antwort.
»Mein Vater hat eine American-Express-Karte und eine Bankkarte für sein Girokonto. Außerdem hat er immer ausreichend Bargeld dabei. Das ist … war ein Tick von ihm, seit er einmal nicht zahlen konnte, weil die Karte nicht funktionierte und er kein Geld dabeihatte.«
»Wie viel ist
ausreichend?«
»Mindestens dreihundert Euro. Glauben Sie, dass er deswegen umgebracht wurde?«
Dühnfort glaubte noch nichts. Er sammelte. Raubmord war eine Möglichkeit. »Sonst fehlt nichts?«
Albert schüttelte den Kopf. »Ich glaube … doch, vielleicht schon. Mein Vater hat eine sehr teure Armbanduhr. Er trägt sie eigentlich immer.«
Dühnfort ging zurück ins Haus. Ursula Weidenbach verzog bedauernd den Mund, als er nach der Uhr fragte, und deutete auf das linke Handgelenk. »Und der Schlüsselbund?«
Die Rechtsmedizinerin breitete die Hände aus. »Die Taschen sind leer.«
Dühnfort bat Buchholz, nach den Schlüsseln Ausschau zu halten, kehrte zu Albert zurück und ließ sich eine Beschreibung der Uhr geben. Es handelte sich um einen Schweizer Chronographen mit Mondphasenkalender im Wert von knapp achttausend Euro. Albert hatte sie seinem Vater vor zwei Jahren zum siebzigsten Geburtstag geschenkt.
»Wann haben Sie Ihren Vater zuletzt gesehen?«
»Das war letzten Montag. Also vor einer Woche.« Albertschien sich wieder gefangen zu haben. Die Blässe war aus seinem Gesicht gewichen. »Der Siphon in der Küche war verstopft. Er hat mich gebeten, zu kommen und das zu reparieren. Ich bin nach der Sprechstunde hierhergefahren. Danach haben wir gemeinsam zu Abend gegessen. Als mein Vater mir dann noch eine neue CD vorspielen wollte, habe ich mich verabschiedet. Ich war etwas in Eile, meine Frau hat auf mich gewartet. Ich habe ihn auf ein andermal vertröstet.« Er fuhr sich über die Stirn. »Und jetzt gibt es kein andermal mehr.«
»Sie sind also nach dem Abendessen gegangen?«
»Ich habe mein Geschirr ins Spülbecken gestellt, dann hat Vater mich zur Tür gebracht. Das muss gegen neun Uhr gewesen sein.«
»Ist Ihnen jemand aufgefallen, als Sie das Haus verlassen haben?«
»Nein. Da war niemand.«
»Als Sie heute angekommen sind,
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