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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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durch den langen Flur in einen großen Raum, der im Kubus lag und eine Mischung aus Büro und Werkstatt war. Es gab zwei Arbeitsplätze, auf denen Computer standen. Weiter hinten, unter einem schmalen Fenster, befand sich ein großer Schreibtisch aus Acryl. Ein Wust von Papieren lag neben einem Laptop. Auf einer Arbeitsfläche türmten sich blaue Styroporblöcke und Werkzeug für den Modellbau. An der Wand dahinter hingen Pläne und Skizzen.
    Bertram führte Dühnfort zu einem Acrylglastisch, der von vier Freischwingern umgeben war. »Bitte.« Er wies auf einen Stuhl. Dühnfort setzte sich und legte das Album auf den Tisch. Bertrams Blick fiel darauf. Für einen kurzen Moment weiteten sich die Augen hinter der Brille.
    »Ein schönes Haus haben Sie. Haben Sie es selbst entworfen?«
    Bertram blickte auf. »Nicht nur entworfen. Ich habe es auch gebaut.« Seine Schultern strafften sich. »Es steht in der Tradition der Dessauer Meisterhäuser. Aber es ist eine Weiterentwicklung des Bauhauskonzepts, eine Übertragung ins 21 . Jahrhundert. Wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Dühnfort hatte beim Anblick des Hauses eher an eine Kopie als an eine Übertragung gedacht. Aber er war nicht hier, um über Architektur zu diskutieren. »Wir haben dieses Album in der Wohnung Ihres Vaters gefunden. Kennen Sie es?«
    Wenn Bertram über den abrupten Themenwechsel verwundert war, ließ er sich das nicht anmerken. »Ein Fotoalbum. Sicher Familienbilder.«
    Dühnfort schob es über den Tisch. Bertram setzte sich und blätterte mit regloser Miene die Seiten um. Sein Handy klingelte. Er zog es aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display. »Entschuldigen Sie, es dauert nur einen Moment.« Er nahm das Gespräch entgegen, stand auf und verließ das Zimmer. Dabei zeigte er zwei Finger. Zwei Minuten, sollte das wohl bedeuten.
    Dühnfort sah sich im Atelier um. An einer Wand hingen großformatige Fotografien eines Industriebaus. Bei genauerer Betrachtung erkannte er, dass es sich dabei umeine Molkerei handelte. Das Modell eines Hochhauses stand auf einem Sideboard darunter. Es sah fragil und angegriffen aus. Dühnfort überlegte, woher dieser Eindruck kam. Vermutlich lag es an der Beule, die sich, nahe des Sockels, wie ein Abszess aus dem Gebilde wölbte. Zwei Minuten waren um. Dühnfort ging durch den Flur zum Wohnzimmer, aus dem Bertrams Stimme erklang, und öffnete die Tür.
    »Es geht doch lediglich um zwei bis drei Wochen.« Bertram klang ungehalten. Er stand mit dem Rücken zu Dühnfort und blickte aus einem raumhohen Fenster auf die graue Wolkendecke. »Dann ist das Testament eröffnet und das Haus …« Er schwieg einen Augenblick. »Denn der Deutsche kann nur schlafen hinter einer Hecke Paragraphen. Heine, falls Ihnen der Name etwas sagt. Ich denke, das gehört nicht zu Ihren Kompetenzen. Ihr Vorgesetzter wird das entscheiden.« Er legte auf. »Sesselfurzer.« Bertram drehte sich um. Für den Bruchteil einer Sekunde wirkte er überrascht. Dann zuckte er mit den Schultern. »Früher oder später werden Sie es sowieso erfahren. Ich bin ein erstklassiger Verdächtiger. Am besten verhaften Sie mich sofort.« Er streckte die Arme vor, überkreuzte die Handgelenke und ging auf Dühnfort zu.
    »Was?«
    »Keine Handschellen? Ich bin enttäuscht.«
    Dühnfort verabscheute diese Art von Theater. »Was erfahre ich früher oder später?«
    Bertram ließ die Arme sinken. »Ich habe Steuerschulden.« Er sagte das mit der Mimik eines treuherzigen Kindes. »Die Erbschaft kommt mir also gelegen, wie Sie gerade gehört haben. Nur will dieser Beamtena…dieser Finanzbeamte keinen Aufschub gewähren.«
    »In welcher Höhe?«
    Bertrams Augen verengten sich hinter den Brillengläsern. »Mit der Pfändung des Fernsehers ist es nicht getan. Eigentlich ist es ein lächerliches Zeitproblem. Zwei Projekte sind so gut wie unterschriftsreif. Dann bezahle ich die Steuern aus der Portokasse.«
    »Sie arbeiten alleine?«
    »Wie kommen Sie denn darauf?«
    »Das abmontierte Schild neben der Haustür.«
    »Na und?«
    »Ich frage mich, was es damit auf sich hat, und natürlich auch mit den beiden verwaisten Arbeitsplätzen in Ihrem Büro.«
    Bertram breitete die Arme in einer unschuldigen Geste aus. »Na gut. Meine Firma ist in Insolvenz gegangen. Jetzt arbeite ich alleine.«
    »Die Probleme sind wohl doch ein bisschen größer. Im Moment müsste das Haus dafür herhalten?«
    An Bertrams Schläfe trat eine Ader hervor. »Lassen wir das. Eine Zwangsversteigerung

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