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In weißer Stille

In weißer Stille

Titel: In weißer Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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waren dann zum Musikunterricht und zum Volleyballtraining gegangen. Vermutlich war das ein gutes Zeichen, dennoch würde ihnen eine Woche Abstand zu den Ereignissen sicher guttun.
    Babs ging in Noels Zimmer. Aus dem Schrank nahm sie T-Shirts, Pullis und Jeans. Als sie auch die Wäsche aus dem Fach holen wollte, fiel ihr eine Spielkonsole in Hosentaschenformat in die Hände. Was hatte das zu bedeuten? Sie und Albert hatten sich geweigert, Noels Geburtstagswunsch nach einem solchen Gerät zu erfüllen, und dies aus guten Gründen. Sie wollten nicht, dass ihre Kinder unkontrolliert Spiele spielten, deren Inhalt sich ihrer Kenntnis entzog.
    Babs starrte auf die kleine Konsole mit der sich spiegelnden Bildschirmfläche. Weshalb Noel sie versteckte, war klar. Aber woher hatte er sie? Hatte er sie geklaut?Noel klaute nicht. Dafür würde sie ihre Hand ins Feuer legen. Die Jungs loteten ihre Grenzen aus, sie tricksten rum, aber sie wussten, wie weit sie dabei gehen durften. Oder nicht?
    Diese Spielkonsolen waren allerdings teuer. Und Noel sparte sein Taschengeld nicht. Beim Abendessen musste sie dieser Angelegenheit auf den Grund gehen.
    Babs hörte, wie Albert zurückkam. Die Tür wurde geschlossen. »Bin wieder da«, rief er. Es klang angespannt. Sie legte die Konsole zurück, nahm Wäsche für eine Woche aus dem Fach und ging dann zu Albert in die Küche.
    »Ich werde ab Montag wieder arbeiten. Ich brauche einfach Ablenkung.« Er stand auf und schenkte sich ein Glas Whiskey ein. Um halb sechs am Abend. Er sah aus wie ein geschlagener Mann. Erst letzten Donnerstag, fuhr es ihr durch den Kopf, saßen wir hier und haben auf den Lebensretter angestoßen.
    Es war gerade mal eine Woche her, dass Albert früher als sonst in die Praxis gegangen war, als hätte er eine Ahnung gehabt, dass er gebraucht wurde. Kaum dort angekommen, war Frau Cernovsky, die Mieterin aus dem vierten Stock, ins Sprechzimmer gestürmt. Ihr Mann war im Bad zusammengebrochen. Sie hatte Albert das Haus betreten sehen, während sie, am Fenster stehend, die Notrufnummer gewählt hatte. Albert war nach oben gespurtet und hatte den Mann reanimiert. Bis der Notarzt eintraf, hatte er Puls und Atmung so weit stabilisiert, dass der Mann transportfähig war. Danach hatte Albert seine Arbeit getan, wie alle Tage, als sei nichts gewesen. Wenn nicht Frau Cernovsky am Abend mit einer Flasche Spätlese als Dankeschön aufgetaucht wäre, hätte Babs nichts von dieser Heldentat erfahren. Sie war so stolzauf ihn gewesen, und nun saß er hier wie ein Häufchen Elend. Was auf Albert in diesen Tagen einstürmte, war mehr, als ein Mensch ertragen konnte. Es war der reinste Alptraum. Wenn auch mehr für ihn als für sie.
    Auch wenn Barbara Bertrams Selbstmord grauenhaft fand, hielt sich ihre Trauer um Wolfram in Grenzen. Jetzt, nach seiner Beisetzung, würde alles leichter werden. Seine Ära ging zu Ende, die Erinnerung an ihn würde verblassen, und in nicht allzu ferner Zukunft würde Wolfram in ihrem Leben keine Rolle mehr spielen, sich nicht länger zwischen sie und Albert drängen. Sie schämte sich beinahe für dieses Gefühl der Erleichterung, gleichzeitig begann die alte Angst sich wie dichter werdender Nebel in ihr auszubreiten. Hätte Albert sie überhaupt geheiratet, wenn sein Vater nicht darauf bestanden hätte? Hatte er sie je wirklich geliebt?
    Immer hat er sich mit Lauwarmem begnügt, dachte sie plötzlich erschrocken. Er ist nicht der Mann der großen Gefühle, keiner, der von der wahren Liebe träumt, der ehrgeizig und voller Leidenschaft seine Ziele verfolgt. Auch seinen Beruf nahm er hin wie gottgegeben: pflichtbewusst und ohne jegliche Begeisterung. Nie hatte er gekämpft, sich für etwas eingesetzt. Immer hatte er sich den Wünschen seines Vaters gefügt. Und nun gab es keinen Vater mehr, dem er es recht machen musste. Was würde werden?
    Albert zog die Hand weg. »Ich lege mich ein paar Minuten hin.«
    »Ja, tu das.« Babs stand auf. Zeit, Abendessen zu machen. Sie holte das vorbereitete Hühnchen aus dem Kühlschrank und schob es in den Ofen. Dann schälte sie Kartoffeln und machte Salat an. Als die Kinder kamen, war das Essen fertig.
    Noel steckte den Kopf in die Küche. »Können wir noch Simpsons gucken?«
    »Es gibt gleich Essen. Ihr könnt den Tisch decken.«
    »Menno«, sagte Noel, kam jedoch gemeinsam mit Leon in die Küche. Fünf Minuten später saß Babs mit ihrer Familie vor vollen Tellern. Allerdings hatte sie keinen rechten Appetit, und dann

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