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In Zeiten der Flut

In Zeiten der Flut

Titel: In Zeiten der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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Fertigkeiten oder Fähigkeiten, wie immer man dazu sagt. Ich brauche etwas Einfaches, Knappes und Verständliches.«
    »Damit kann ich Ihnen nicht dienen.«
    »Kommen Sie mir doch nicht damit. Vor nicht einmal einer Generation hat es in der Weißmarsch einen regelrechten Aufstand gegeben. Wir hatten dort doch bestimmt Stellvertreter. Es muß Berichte, Beratungen, Beschlüsse geben.«
    »Ja, natürlich. In den geschlossenen Regalen.«
    »Verdammt noch mal, ich brauche diese Informationen wirklich dringend.«
    Der Ziegenkopf schwenkte bedauernd hin und her und breitete die Handschuhe aus. »Ich kann nichts für Sie tun. Wenden Sie sich an die Behörde, die diese Informationen unterdrückt hat.«
    »Um welche Behörde handelt es sich?«
    Ein Handschuh senkte sich und entzündete eine dünne, weiße Kerze. Er holte ein Blatt Papier aus einer Schublade und hielt es über die Flamme. Auf dem Papier erschienen schwärzliche Buchstaben. »Die Anweisung kam von der Abteilung für Techniktransfer.«

    Der Informationsfluß versiegte. Als er den Hörer der Aktentasche zurückgab, hörte der Bürokrat, wie sich sein Stellvertreter wieder in Nichts auflöste.
    »Ich glaube, was uns alle stört«, sagte Philippe, »das ist der öffentliche Charakter Ihrer Statements. Das Steinerne Haus ist wütend auf uns, wissen Sie. Die sind einfach fuchsteufelswild. Wir müssen ihnen eine vernünftige Erklärung für Ihr Verhalten liefern.«
    Muschgs Aktentasche flüsterte ihr etwas ins Ohr, worauf sie sagte: »Erzählen Sie uns von der Eingeborenen, mit der Sie sich eingelassen haben.«
    »Nun.« Philippe und Korda wirkten ebenso verwirrt, wie der Bürokrat sich fühlte; ob gewollt oder nicht, jedenfalls führte Muschg sie enger zusammen. »Manchmal kompliziert sich die Arbeit vor Ort. Wenn wir immer streng nach Vorschrift vorgehen würden, käme nichts dabei heraus. Deshalb gibt es die Vororteinsätze ja - weil die Vorschriften versagt haben.«
    »Welcher Art war Ihre Beziehung?«
    »Ich habe mich mit ihr eingelassen«, gab der Bürokrat zu. »Es gab eine emotionelle Komponente in unserer Beziehung.«
    »Und dann hat Gregorian sie umgebracht.«
    »Ja.«
    »Um Sie dazu zu bewegen, wütende Kommentare abzugeben, die er für seine Werbespots ausschlachten konnte.«
    »So scheint es.«
    Muschg lehnte sich mit skeptisch erhobenen Brauen zurück. »Sie verstehen doch unser Problem«, meinte Philippe. »Das Szenario macht einen wenig plausiblen Eindruck.«
    »Dieser Fall wird immer undurchsichtiger, je länger man sich damit befaßt«, brummte Korda. »Ich frage mich, ob man nicht eine Sondierung vornehmen sollte.«
    Angespannte Wachsamkeit erfaßte die Gruppe. Der Bürokrat hielt ihren Blicken stand und lächelte versonnen. »Ja«, stimmte er zu. »Eine Sondierung der ganzen Abteilung könnte die Angelegenheit ein für allemal klären.«
    Die anderen wurden unruhig; zweifellos dachten sie an all die schmutzigen kleinen Geheimnisse, die man im Palast der Rätsel unweigerlich mit sich herumschleppte, wenn man überhaupt etwas bewerkstelligen wollte, Dinge, von denen niemand wollte, daß sie ans Licht kamen. Besonders Orimotos Gesicht war so angespannt wie eine geballte Faust. Korda räusperte sich. »Das ist schließlich nur eine informelle Besprechung«, meinte er.
    »Wir sollten das nicht so schnell abtun; ich finde diese Option durchaus bedenkenswert«, sagte der Bürokrat. Seine Aktentasche reichte Kopien der unterdrückten Informationen aus dem Flaschenladen herum. »Es besteht der begründete Verdacht, daß jemand aus der Abteilung mit Gregorian zusammenarbeitet.« Er zählte seine Argumente an den Fingern ab. »Punkt Eins: Wichtiges Material zu diesem Fall wurde von der Behörde für Techniktransfer unterschlagen. Punkt Zwei: Gregorian konnte einen seiner Leute als meinen Verbindungsoffizier ausgeben, und dazu benötigte er Informationen, die nur aus dem Steinernen Haus oder von uns stammen konnten. Punkt Drei: Der ...«
    »Verzeihung, Chef.« Seine Aktentasche reichte ihm den Hörer. Der Bürokrat nahm das Gespräch genervt entgegen. Wieder er selbst. »Schieß los«, sagte er.
    Er erfuhr folgendes:
    Philippe war mit sich in seinem Büro allein. Als der Bürokrat eintrat, schauten beide hoch.
    »Wie schön, Sie wiederzusehen.« Philippes Büro war derart elegant, daß es schon wieder vulgär wirkte; das modische Büro eines Lexitors vom Mond, aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert. Der Schreibtisch war ein Brocken massiven Vulkangesteins, der

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