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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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den Mut gefunden, seinem Seresh die Wahrheit zu sagen? Oder an einem der folgenden Tage? Gelegenheiten hatte es mehr als genug gegeben. Warum war er so ein elender Feigling? Er schuldete Rondar viel mehr als nur eine Ausbildung zum Schwertkämpfer. Ihre Beziehung war weit über die eines Lehrers zu seinem Schüler hinausgegangen. Nachdem seine Eltern mit seinen beiden jüngeren Schwestern nach Gohar zurückgekehrt waren, als er fünfzehn war, hatten Rondar und Didira ihn wie einen Sohn in ihr Haus aufgenommen. Und er war nicht einmal in der Lage, seinem Seresh in die Augen zu sehen und die Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen. Ihm fiel nichts Besseres ein, als immer und immer wieder davonzulaufen. Damals, kaum dass seine Verletzungen verheilt waren, aus Hakkon und jetzt aus Ebosagi.
    Er war solch ein Dummkopf. Aus Angst, Rondar könnte ihn von sich stoßen, wenn er die Wahrheit über den Tod seiner Kinder erfuhr, mied er ihn lieber von sich aus. Was für einen Unterschied machte es da, ob er seine Schuld endlich eingestand? Wenn er so weitermachte wie bisher, würde er seinen Seresh genauso sicher verlieren. Es grenzte an ein Wunder, dass Rondar ihm noch immer zugetan war, obwohl er sich ihm gegenüber so undankbar gezeigt hatte. Wie verloren musste sein Mentor sich nach dem Tod seiner Frau vorgekommen sein, dass er sich freiwillig bereit erklärt hatte, diese Sklavin zu begleiten. Es wäre seine Aufgabe gewesen, Rondar in seiner Trauer beizustehen. Doch mit der Bürde der Vergangenheit auf seinen Schultern war es ihm unmöglich zu tun, was er tun sollte. Seine Schuld stand wie eine Wand zwischen ihm und seinem Seresh. Stattdessen hatte mit der Sklavin eine vollkommen Fremde Rondar aus seinem Kummer gerissen. In Ebosagi hatte er zufrieden und heiter gewirkt, wie Yaren ihn aus alten Zeiten in Erinnerung hatte.
    Er nahm den Spieß vom Feuer und schnitt sich einen Streifen des weißen Fleisches ab. Hatte er am Ende sogar gut daran getan, nichts zu sagen, die Vergangenheit nicht wieder aufzuwühlen? Seinen Meister mochte bekümmern, dass er sich in sich selbst zurückgezogen hatte, aber würde das Wissen, dass er , Yaren, die Schuld am Tod seiner Kinder trug, Rondar nicht viel mehr belasten? War es nicht nur Selbstsucht, die ihn drängte, die Wahrheit zu gestehen, um die Last seiner Schuld zu erleichtern und endlich Frieden mit sich selbst zu schließen?
    Das Fleisch in seiner Hand wurde kalt, ohne dass er auch nur einen Bissen angerührt hatte. Er wusste einfach nicht mehr, was richtig oder falsch war.

    * * *

    Ishira hatte sich von Kanhiro dazu überreden lassen, in seinem Haus zu übernachten, obwohl es nicht eben schicklich war, mit einem jungen Mann unter einem Dach zu schlafen, mit dem sie weder verwandt noch verheiratet war. Doch ihr Freund hatte ihre Befürchtungen, dass die Dorfbewohner über ihn reden könnten, mit einer Handbewegung beiseite gewischt. Lass sie doch tratschen , hatte er gesagt. Das tun sie sowieso. Er war mit seinen Sachen kurzerhand zu Kenjin in die Kammer gezogen und hatte ihr seine überlassen. Sie hatte sich angenehm behütet gefühlt, auf eben jenem Platz zu schlafen, an dem sonst er lag.
    Als sie zur Arbeit aufbrachen, trafen sie in der Gasse auf zwei junge Paare. Eine der beiden Frauen, Ayame, verneigte sich hastig und murmelte höflich einen Gruß. Die anderen folgten ihrem Beispiel. Ishira erwiderte die Begrüßung überrascht. Hieß das, die Leute hier begannen, sie zu akzeptieren? Auch die nächsten, die sie trafen, lächelten sie an und grüßten. Doch das Lächeln wirkte gezwungen, als käme es nicht aus dem Herzen, sondern wäre aus Furcht oder schlechtem Gewissen geboren. Hatten die Menschen etwa Angst vor ihr? Aber weshalb bei allen Göttern? Sie konnten nicht ernsthaft glauben, dass sie einen der Hauer im Stich lassen würde, nur weil sie es an Respekt mangeln ließen. Oder dass sie sich gar an jemandem dafür rächen könnte, wie man sie in der Vergangenheit behandelt hatte. Unter diesen Umständen hätte sie es vorgezogen, wenn die Bergleute sie weiterhin ignoriert hätten.
    Kurz hinter dem Tor trafen sie auf Tasuke und seine Familie. Angesichts der lodernden Augen seiner Schwester, die ihren lächelnden Mund Lügen straften, war Ishira froh, dass Blicke nicht töten konnten. An Ozamis Einstellung ihr gegenüber hatte sich eindeutig nichts geändert.
    »Sieh an, die Heldin ist zurück!« Wenigstens Tasukes Grinsen war aufrichtig, wie Ishira erleichtert zur Kenntnis

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