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INAGI - Kristalladern

INAGI - Kristalladern

Titel: INAGI - Kristalladern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Strunk
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leer sein und die Gefahr gering, in den Gassen jemandem zu begegnen.
    Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, als sie über seine Absurdität lachen musste. Endlich durfte sie mit den Inagiri reden und nun war sie froh, keinen der Dorfbewohner sehen zu müssen? Doch sie fühlte sich der Herausforderung, gleich am ersten Tag und noch dazu allein Dutzenden von Menschen Rede und Antwort stehen zu müssen, einfach nicht gewachsen. Dazu war ihr die Reaktion Ozamis und der anderen Sortiererinnen noch zu deutlich im Gedächtnis…
    Rondar gab den Wachen am Tor Bescheid, dass alles seine Ordnung hatte, und ritt weiter zum Lager, Lesha am Zügel hinter sich her führend. Obwohl in den Gassen wie erwartet niemand zu sehen war, lief Ishira schnurstracks zu ihrem Haus. Soweit sie auf dem kurzen Weg sehen konnte, hatte sich während ihrer Abwesenheit im Dorf nichts verändert. Aber weshalb sollte es auch? Sie war nur einige Monde, nicht Jahre fort gewesen. Gleichwohl war es ein seltsames Gefühl, den Fuß über die Schwelle zu setzen. Sie legte ihr Bündel auf der untersten Treppenstufe ab und schaute sich um. Auf den Dielen lag eine feine Staubschicht. Auch die Kochstelle machte den Eindruck, als sei sie schon länger nicht benutzt worden. Das gesamte Haus wirkte verlassen. Offenbar war Kenjins Furcht vor dem Alleinsein schließlich doch stärker gewesen als sein Stolz und er war bei Togawa und Kanhiro eingezogen. Ishira hatte gehofft, dass er das tun würde, und sie war dankbar, dass sie solche Freunde hatte. Ohne die Beiden hätte sie unterwegs keine ruhige Minute gehabt. Sie beschloss, gleich zu Togawas Haus hinüber zu gehen und dort zu warten. Ihre Sachen ließ sie vorerst da. Falls nötig, konnte sie sie später holen.
    Als sie das Haus ihrer Freunde erreichte, hörte sie irgendwo hinter sich Kinder lärmen. Rasch trat sie ein und schloss die Tür hinter sich. Einen Moment lang kam sie sich vor wie ein Eindringling. Noch nie war sie allein in diesem Haus gewesen. Aber Kanhiro und sein Vater würden sicher nichts dagegen haben.
    Der Wohnraum war nicht direkt unordentlich, aber man sah doch, dass hier nur Männer lebten. Neben der Kochstelle stapelte sich Geschirr, das offenbar noch vom Vortag stammte, und auf den Dielen lagen Asagikörner und Krümel verstreut. Ishira lächelte in sich hinein. Wenigstens war das Haus eindeutig bewohnt. Um sich die Zeit zu vertreiben, wusch sie ab und kehrte mit einem Besen die Abfälle zusammen. Anschließend durchkämmte sie die Speisekammer und machte sich daran, das Abendessen vorzubereiten. Sie war beinahe fertig, als sie hörte, wie die Haustür aufging. Erwartungsvoll drehte sie sich um.
    Kanhiro starrte sie an, als traute er seinen Augen nicht. Er blieb dermaßen abrupt im Eingang stehen, dass Kenjin in ihn hineinlief. Der fassungslose Ausdruck auf beiden Gesichtern war so komisch, dass Ishira grinsen musste. »Sieht so aus, als wäre mir die Überraschung gelungen.«
    »Shira!« Ehe sie wusste, wie ihr geschah, lagen Kanhiros Arme um ihre Schultern und ihr Gesicht an seinem Haar, das noch feucht war vom Baden. Sie erwiderte die Umarmung glücklich. »Wurde auch Zeit«, murmelte er an ihrem Ohr. Sie konnte förmlich sein Lächeln hören. »Ich habe dich schrecklich vermisst.«
    Ihr blieb keine Zeit zu antworten, denn Kenjin riss sie aus der Umarmung ihres Freundes und drückte sie so fest, dass ihr die Luft wegblieb. »Nira! Nira!«
    Sie lachte vor Freude, auch wenn es sich durch den Luftmangel eher anhörte wie ein Keuchen. Als ihr Bruder sie freigab, strich sie liebevoll über seine Wange. »Du hast mir gefehlt, Ken. Ihr habt mir beide gefehlt.« Sie deutete einladend auf die Grasmatten. »Setzt euch. Das Essen ist gleich fertig.«
    Kenjins Augen leuchteten auf. Neugierig reckte er den Hals. »Was gibt’s denn?«
    »Aiyaki.«
    Kanhiro schüttelte lachend den Kopf. »Als wärst du nie weggewesen. Aufgeräumt hast du auch, wie ich sehe. Ich danke dir.«
    »Nicht nötig. Ich konnte einfach nicht stillsitzen, während ich auf euch gewartet habe.«
    In den Augen ihres Freundes begannen die Funken zu tanzen, die sie so liebte. »Es tut so gut, dich zu sehen, Shira. Das Bild, das ich von dir im Gedächtnis hatte, kann der Wirklichkeit nicht das Wasser reichen.«
    Sie lächelte voller Zuneigung. »Wie wahr.«
    »Bleibst du jetzt eine Weile hier?« erkundigte sich ihr Bruder.
    »Ich hoffe es. Rondar hat noch nichts gesagt, aber so schnell steht die nächste Trennung einer Kristallader

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