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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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erinnerte sich an die Stimme, die ihm Antwort gegeben hatte: eine leise, drängende Stimme. Er flüsterte: »Wer bist du?«
    Â»Ist dieses Ding etwa immer noch hier?« Schwerfällig vor Schmerzen und missmutig zog sich Keiro seinen Mantel wieder an und schloss ihn. Finster befingerte er die Schnitte und Risse im Stoff.
    Finn zuckte mit den Schultern.
    Â»Wir müssen es loswerden.« Keiro setzte sich, schlang sein Fleisch hinunter und sah sich nach Nachschub um. »Es ist verseucht.«
    Â»Du verdankst diesem Ding dein Leben«, bemerkte Gildas spitz.
    Erbost hob Keiro den Kopf. »Wohl kaum! Ich hatte Jormanric da, wo ich ihn haben wollte.« Sein Blick wanderte zu der Kreatur; dann weiteten sich in einem plötzlichen Anfall von Zorn seine Augen. Er sprang auf, hastete zu der Stelle, wo der Sklave hockte, und griff entschlossen nach etwas.
    Â»Das gehört mir.«
    Es war seine Tasche. Eine grüne Tunika und ein juwelenbesetzter Dolch ragten daraus hervor. »Du stinkender Dieb.« Keiro versuchte, der Kreatur einen Tritt zu versetzen, aber sie wich aus. Dann sagte sie zu ihrer aller Überraschung mit einer mädchenhaften Stimme: »Du solltest mir dankbar sein, dass ich deine Habseligkeiten für dich getragen habe.«
    Gildas fuhr auf dem Absatz herum und starrte auf den Lumpenhaufen. Dann deutete er energisch mit einem knochigen Finger darauf. »Zeig dich!«, befahl er.
    Die zerschlissene Kapuze wurde abgestreift, die Verbände und die grauen Streifen wurden von den umwickelten Händen gelöst. Langsam schälte sich aus dem verkrüppelten Bündel eine kleine Gestalt heraus und kniete sich hin. Ein dunkler, kurz
geschorener, verdreckter Haarschopf war zu erkennen und ein schmales Gesicht mit wachsamen, misstrauischen Augen. Das kleine Ding war über und über mit Lumpen bedeckt, die so gebunden waren, dass sie Beulen und Geschwüre vortäuschten; als es die wattierten Verbände von seinen Händen löste, trat Finn angewidert einen Schritt zurück, denn es kamen offene Wunden zum Vorschein, aus denen Eiter floss. Doch Gildas schnaubte: »Alles unecht.«
    Er trat an die Seite des Hundesklaven. »Kein Wunder, dass du mich nicht in deine Nähe lassen wolltest.«
    Im dämmrigen Licht des Metallwaldes war aus dem Hundesklaven ein kleines, dürres Mädchen geworden, dessen offene Wunden nichts weiter als ein klug zusammengestelltes Farbgemisch waren. Langsam stellte es sich aufrecht hin, als ob es beinahe vergessen hätte, wie sich das anfühlte. Dann streckte es sich und stöhnte. Die Enden der Kette um seinen Hals klirrten und baumelten hin und her.
    Keiro lachte bellend auf. »Also wirklich. Jormanric war durchtriebener, als ich dachte.«
    Â»Er wusste es nicht.« Das Mädchen schaute ihn trotzig an. »Niemand von ihnen wusste es. Als sie mich gefangen nahmen, war ich mit einer ganzen Gruppe unterwegs. Eine alte Frau starb in dieser Nacht. Ich habe ihr diese Lumpen vom Leib gestohlen und mir mit Rost Wunden aufgemalt. Dann habe ich mich von Kopf bis Fuß mit Dreck eingerieben und mein Haar abgehackt. Ich wusste, dass ich mir etwas würde einfallen lassen müssen, wenn ich überleben wollte.«
    Sie sah verängstigt, aber unverhohlen stolz aus. Es war schwer, ihr Alter zu schätzen; das schonungslos abgetrennte Haar ließ sie wie ein mageres Kind aussehen, doch Finn kam zu dem Schluss, dass sie gar nicht so viel jünger als er sein dürfte. Er sagte: »Das hat sich als keine sehr gute Idee erwiesen.«

    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich wusste ja nicht, dass ich als Jormanrics Sklavin enden würde.«
    Â»Und sein Essen würdest vorkosten müssen?«
    Daraufhin lachte sie bitter. »Er pflegte üppig zu speisen. Das hat mich am Leben gehalten.«
    Finn warf Keiro einen Blick zu. Sein Eidbruder beobachtete das Mädchen, dann drehte er sich weg und rollte sich auf der ausgebreiteten Jacke zusammen. »Morgen früh sehen wir zu, dass wir sie loswerden.«
    Â»Das hast nicht du zu entscheiden.« Ihre Stimme war leise, aber fest. »Ich bin jetzt die Dienerin des Sternensehers.«
    Keiro wandte sich ihr zu und starrte sie an. Finn fragte ungläubig: »Meine Dienerin ?«
    Â»Du hast mich aus diesem Ort gerettet. Niemand sonst hätte das getan. Kümmere dich nicht um mich, und ich werde dir folgen. Wie ein Hund.« Sie trat einen Schritt auf ihn zu. »Ich will

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