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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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waren so hoch über ihnen, dass sie wie gleißende Sonnen wirkten, die für lange Schatten hinter Gildas und Finn sorgten.
    Weit oben am Gewölbe kreiste noch immer der Vogel. Als er einen seiner heiseren Schreie ausstieß, sahen die Wachen zu ihm empor. Einer der Männer murmelte: »Er sucht nach Aas.«
    Finn begann sich zu fragen, wie lange sie wohl noch laufen würden. Hier gab es keine Hügel, keine Kämme, also wo sollte hier eine Höhle verborgen sein? Er hatte sich eine dunkle Öffnung im metallenen Berghang ausgemalt. Nun, da ihn seine Vorstellung offenbar getäuscht hatte, überkam ihn neue, Furcht einflößende Unrast.
    Â»Stopp!« Der Anführer der Wachen hob die Hand. »Hier ist es.«
    Da war nichts, war Finns erster Gedanke. Erleichterung durchströmte ihn. Es war alles nur vorgetäuscht. Sie würden ihn nun laufen lassen, damit er zur Stadt zurückkehren konnte, wo er ein schauderhaftes Märchen von einem Monster erfinden würde, um die Menge zufriedenzustellen.
    Dann, als er sich an den Männern vorbeidrängte, erblickte er ein Loch im Boden.
    Und er sah die Höhle.

    Â 
    Jared sagte: »Du hast ihnen Pläne des Gefängnisses versprochen, die nicht existieren! Das war eine dumme Idee, Claudia. Die Dinge werden immer gefährlicher für uns.«
    Â»Meister, ich weiß. Aber es steht so viel auf dem Spiel.«
    Als Jared aufblickte, sah sie den Schmerz in seinen Augen. »Claudia, sag mir, dass du nicht ernsthaft daran denkst, bei Lord Evians wahnwitzigem Plan mitzumachen. Wir sind doch keine Mörder!«
    Â»Nein, das habe ich nicht vor. Wenn mein Plan hier aufgeht, dann gibt es keinerlei Veranlassung mehr für solche Pläne.« Sie sagte nicht, was sie wirklich dachte: Wenn die Königin tatsächlich von der Sache Wind bekäme oder wenn er, Jared, in ernsthafte Gefahr geriete, dann würde sie sie alle töten, ohne mit der Wimper zu zucken. Sogar ihren Vater  – wenn das nötig sein sollte, um Jared zu retten.
    Vielleicht wusste er es ohnehin. Während die Kutsche dahinrumpelte, sah er aus dem Fenster, und seine Miene wurde immer finsterer. Sein schwarzes Haar hing ihm über den Kragen seines Sapienten-Umhangs. »Und das hier ist unser Gefängnis«, bemerkte er schließlich freudlos.
    Claudia folgte seinem Blick und sah die Zinnen und gläsernen Türme des Palastes, allesamt bunt geschmückt mit Fahnen und Wimpeln. Sie hörte, dass ihr zu Ehren alle Glocken läuteten, sah, dass Tauben aufflatterten, und erschrak, als von jeder der hohen Terrassen donnernde Salutschüsse abgefeuert wurden, deren Dröhnen sich in den klaren, blauen Himmel ausbreitete.

20
    Wir haben alles, was übrig war, dort hineingesteckt.
Es ist jetzt größer als wir alle.
    PROJEKTBERICHT./.MARTOR SAPIENS
    Â 
    Â 
    N imm dies hier und dann noch das.«
    Der Hauptmann der Wachen steckte Finn einen kleinen Ledersack und ein Schwert zu. Der Sack schien so leicht, dass er leer sein musste. »Was ist da drin?«, fragte Finn nervös.
    Â»Das wirst du schon noch sehen.« Der Mann trat einen Schritt zurück und bedachte Gildas mit einem finsteren Blick. Dann sagte er: »Warum fliehst du nicht, Meister? Warum willst du dein Leben wegwerfen?«
    Â»Mein Leben gleicht dem von Sapphique«, fauchte Gildas. »Sein Schicksal ist auch meines.«
    Der Hauptmann schüttelte seinen Kopf. »Wie es dir gefällt. Aber niemand sonst ist jemals zurückgekehrt.« Mit dem Kinn deutete er auf den Eingang. »Wir sind da.«
    Einen Moment lang herrschte angespanntes Schweigen. Die Wachen umklammerten ihre Äxte. Finn wusste, dass sie glaubten, dies könne der Moment sein, in dem er einen Fluchtversuch wagen würde. Schließlich hatte er nun ein Schwert in den Händen, und unbekannte Schrecken standen ihm unmittelbar bevor. Wie viele wohl von denen, die man als Tribut hierhergebracht
hatte, hatten an dieser Stelle zu schreien und voller Panik zu kämpfen begonnen?
    Doch nicht er. Er war Finn.
    Tapfer drehte er sich um und schaute hinab in den Spalt. Dieser war sehr schmal und lag vollkommen im Dunkeln. Die Seiten waren geschwärzt und verkohlt, als ob das Metall der Gefängnisstruktur unzählige Male erhitzt und zum Schmelzen gebracht worden war, sodass geradezu groteske Windungen und Verengungen entstanden waren. Als ob das, was da aus diesem Metallmaul hervorgekrochen

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