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Incarceron

Incarceron

Titel: Incarceron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Fisher
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war  – was immer es sein mochte  –, Stahl weich wie Karamell hatte werden lassen.
    Finn sagte zu Gildas: »Ich gehe als Erster.« Ehe der Sapient Einwände erheben konnte, drehte Finn sich um und ließ sich selbst in den dunklen Schlund hinab. Vorher warf er noch einen allerletzten Blick in die Ferne. Aber die verkohlte Ebene war leer, und die Stadt war nichts als eine Festung in ganz weiter Ferne.
    Er schob seine Stiefel über den Rand, fand Tritt und zwängte seinen Körper in den Spalt.
    Â 
    Kaum, dass er unter dem Erdboden verschwunden war, umgab ihn vollkommene Dunkelheit. Er tastete sich mit Händen und Füßen voran und stellte fest, dass der Spalt eine horizontale Höhlung zwischen einzelnen Schichten war, die sich nach unten neigten. Finn musste sich ganz flach auf den Boden legen, um hindurchzupassen, und so schob er sich Zentimeter um Zentimeter vorwärts über eine faserige Oberfläche, die mit Geröll bedeckt war: kleine Steine und weiche Kügelchen aus geschmolzenem und wieder gehärtetem Metall, die sich schmerzhaft in seine Haut drückten. Seine Finger gruben sich in den losen Schutt, und als sie sich um einen Klumpen schlossen, zerbröselte dieser wie morscher Knochen. Rasch öffnete Finn seine Hand wieder und ließ alles zu Boden rieseln.

    Die Decke des Spalts war unmittelbar über ihm; zweimal schabte er mit dem Rücken an ihr entlang und hatte plötzlich Angst stecken zu bleiben. Kaum, dass ihm dieser Gedanke gekommen war und ihn mit eiskaltem Entsetzen erfüllt hatte, hielt er in der Bewegung inne.
    Er schwitzte und versuchte, tief Atem zu holen. »Wo bist du?«
    Â»Genau hinter dir.« Gildas klang angespannt. Seine Stimme hallte; ein kleiner Schauer merkwürdiger Krümel löste sich von der Decke, rieselte Finn von oben auf den Kopf. Eine Hand fasste nach seinem Stiefel. »Los schon, weiter!«
    Â»Warum?« Er versuchte, seinen Kopf so zu drehen, dass er zurückschauen konnte. »Warum warten wir hier nicht bis Lichtaus und kriechen dann wieder zurück? Sag mir nicht, du glaubst, dass diese Männer bis zur Dunkelheit draußen Wache schieben werden. Ich glaube eher, dass sie schon längst wieder weg sind. Was sollte uns dann noch aufhalten?«
    Â»Da draußen gibt es Feuerkugeln, du dummer Junge, so weit das Auge reicht. Ein falscher Schritt, und du verlierst bei einer Explosion deinen Fuß. Und du hast nicht gesehen, was ich gestern Nacht sah, nämlich dass die Wachen auf der Stadtmauer patrouillieren und wie weit ihre Scheinwerfer reichen, mit denen sie die ganze Nacht lang die Ebene absuchen. Wir würden auf jeden Fall entdeckt werden.« Er lachte, und es klang in der Dunkelheit wie ein grimmiges Bellen. »Ich habe es ernst gemeint, was ich zu dem blinden Weib sagte. Du bist ein Sternenseher. Wenn Sapphique hierherkam, dann dürfen auch wir diesen Weg nicht scheuen. Obwohl ich fürchte, dass sich meine Theorie, der Weg nach Außerhalb müsse nach oben führen, als falsch erweisen könnte.«
    Finn schüttelte ungläubig den Kopf. Selbst in dieser schier ausweglosen Situation waren dem alten Mann seine Theorien wichtiger als alles andere. Er kroch wieder weiter, indem er sich
mit den Zehen in seinen Stiefeln abstemmte und sich so vorwärtsschob.
    Die nächsten paar Minuten war er sich beinahe sicher, die Decke würde sich so weit absenken, dass sie sich irgendwann mit dem Boden vereinen würde, woraufhin er in der Falle säße. Dann begann sich der Spalt zu seiner Erleichterung wieder zu weiten und zugleich nach links abzubiegen und steiler abwärtszuführen. Endlich konnte Finn sich auf die Knie aufrichten, ohne sich den Kopf an der Decke zu stoßen. »Da vorne ist eine Öffnung.« Seine Stimme klang hohl.
    Â»Warte dort auf mich.«
    Gildas nestelte an seinem Bündel; es gab ein lautes Knacken, einen zischenden Lichtblitz, und eine der grellen, rauchenden Fackeln, die die Comitatus als Notsignal zu entzünden pflegten, flammte auf. In ihrem Schein sah Finn, dass der Sapient flach auf seinem Bauch lag und eine Kerze aus seinem Packen zog. Diese entzündete er an der Fackel, und als das funkensprühende, rote Licht erstarb, brannte eine kleinere Flamme, die durch den leichten Luftzug von vorne ins Flackern geriet.
    Â»Ich wusste gar nicht, dass du die mitgebracht hast.«
    Gildas antwortete: »Einige von uns haben daran

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