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Indigo (German Edition)

Indigo (German Edition)

Titel: Indigo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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Stoß mit ihrem Becken stand und strich zwischendurch sogar mit einer Hand über seinen Hals.
    Robert kam heftig. Ein Teil von ihm wünschte sich, das Kondom möge platzen. Er dachte daran, ihr einen Heiratsantrag zumachen. Er stellte sich Reisen in ferne Länder vor. Er lag keuchend auf ihrer Brust, sie gab ihm durch sanfte Berührungen an bestimmten Stellen zu verstehen, dass sie gerne aufstehen wollte. Aber er blieb noch ein paar Minuten liegen, atmete ihren verschwitzten, klebrigen Geruch ein und flüsterte:
    – Danke, du verdammtes Tier, danke, danke, ich liebe dich, danke, danke …
    Hinterher wartete er höflich, bis die Frau wieder aus dem Badezimmer zurückkam. Er fragte sie nach ihrem Namen. Sie deutete auf ein Poster an der Wand. Alicia stand dort. Die Frau namens Alicia sah ihr nicht im Geringsten ähnlich, trotzdem streckte Robert seine Hand aus und sagte:
    – Angenehm, Alicia, ich bin Arno. Arno Golch.
    – Goll, sagte die Frau und nickte.
    Es war merkwürdig, einer Prostituierten die Hand zu schütteln.
    Robert nahm einen Zwanziger aus seiner Brieftasche und gab ihn ihr.
    Er hätte gerne etwas länger bei diesem sanften Bild einer einfachen Transaktion zwischen zwei Menschen verweilt, aber etwas war in sein Blickfeld gesprungen: In einem Kaffeehaus gegenüber der Straßenbahnhaltestelle sah er – ja, das war eindeutig Willis idiotischer Hut, der mit dem Gamsbart. Peinlich, wie er immer herumlief. Sollte er hineingehen und ihn ansprechen? Würde Willi wieder auf ihn losgehen, so wie gestern? Alles Wahnsinnige. Man musste vorsichtig sein. Er entschied sich, unauffällig an dem kleinen Café vorbeizugehen.
    Dann fiel Robert in einen tiefen Brunnenschacht.
    Cordula saß neben Willi.
    Es gab keinen Zweifel: Seine Freundin und Willi saßen nebeneinander an einem Tisch in dem Café. Er erklärte ihr etwas. Und dann nahm er ihre Hand und erklärte dieser Hand noch einmal dasselbe.
    Die Wände des Brunnenschachts wurden rot.
    Er drehte um und machte sich auf den Weg zurück. Zurück – wohin? Egal, bloß fort von hier. Beinahe wäre er über das Geländer der Keplerbrücke gesprungen. Er konnte sich gerade noch zurückhalten. Ein Mädchen mit einer Wollmütze lief an ihm vorbei, und er musste seine Hände in die Taschen stecken, um ihr nicht die Mütze vom Kopf zu reißen und in den Fluss zu werfen.
    Dann blieb er stehen, und die Welt rollte über ihn hinweg, als würde er gerädert. Das urzeitliche Messingschild der Sonne verbarg sich im trüben Dunst der Stadt.
    Ich weiß, wo du wohnst, dachte er. Du Sau. Du dreckige, verdammte Sau. Er meinte Willi. Er musste ihn vergiften. Er musste in seiner Wohnung eine Bombe installieren. Er musste ihn zum Verschwinden bringen. Ein bisschen Geraufe, Gerangel, mein Gott, er war betrunken gewesen, außerdem hatten sie ihn wirklich provoziert! Hatten auf ihn eingeprügelt wie auf einen Hund. Von allen Seiten! Als wäre er ein Punchingball. Ja, der Robert versteht viel von alten Kung-Fu-Filmen.
    Er wusste, wo Willi wohnte.
    Du solltest lieber nicht, sagte die Stimme in seinem Kopf. Beruhig dich erst mal.
    – Beruhig dich selber, Batman!, schrie er, und ein Mann auf einem Fahrrad, der gerade an ihm vorbeifuhr, schaute ihn mit dummen, großen Augen an.
    Er bog um eine Ecke, blieb stehen, versuchte zu atmen, aber es ging nicht. Es fühlte sich an, als hätte man eine Zellophanhülle von seinem Körper gerissen und er wäre nackt darunter, wund und vernarbt. Als läge er im nach Kuh und Dünger stinkenden Gras der Institutswiesen und hundert Golchs säßen um ihn herum und steckten ihm die Finger in jede Körperöffnung.
    Er machte sich auf in Richtung Willis Wohnung.
    Als Erstes trat er in einen Hundehaufen.
    Selbst ein Weg von tausend Meilen, Robin, beginnt mit dem ersten Schritt.
    Wie in Trance kam er eine halbe Stunde später bei Willi an, mit Jetlag, denn seine Seele stand immer noch vor dem kleinen Café in der Nähe der Keplerbrücke und starrte Cordula an, die … warum ausgerechnet mit diesem Schleimer? Er hätte sie beide erwürgen sollen! Gestern war er stark genug gewesen!
    Ohne zu wissen, was er vorhatte, ging er durchs Treppenhaus. Er begegnete niemandem. Er stand vor der Tür. Ein Werbekatalog lag auf der Fußmatte. Was sollte er tun? Das Milchglasfenster eintreten und die Tür von innen aufmachen? Das Schloss überlisten? Vielleicht war die Tür ja unversperrt. Wenn sie versperrt war, würde er umkehren und Willi direkt in dem Café totschlagen. So

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