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Indigo (German Edition)

Indigo (German Edition)

Titel: Indigo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens J. Setz
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zeigte einmal seine zehn Finger, dann nur noch neun. Sie nickte und bedeutete ihm, jaja, sie habe schon beim ersten Mal verstanden. Dann half sie ihm, die Kleider auszuziehen. Hin und wieder entkam ihr eine Art Stöhnen, und sie atmete tief durch.
    Sie nahm seinen Penis nicht in den Mund, sondern rieb ihn nur an ihrem Gesicht, an ihrer ungesund glänzenden Wange. Robert schloss die Augen und versuchte, sich etwas Erotisches vorzustellen.
    – So, sagte die Frau und legte sich hin.
    Sie spreizte die Beine und gab den Blick frei auf das Hässlichste, was Robert je gesehen hatte. Es sah aus wie Knetmasse. Wie einzusammengeknüllter Oktopus, der in eine enge Höhle gestopft worden war. Wie das Schattenprofil von Alfred Hitchcock. Weiche, herabhängende Hautlappen mit etwas Nasenartigem in der Mitte. Und das sollte das Mysterium des Lebens sein? Er blickte weg und ließ sich auf ihr nieder, sein Penis war zusammengeschrumpft auf die Größe eines Shrimps. Sie griff unter seinen Armen durch und begann, ihn zu kneten, dabei gab sie ein irritierend mütterliches Gurren von sich, einen Laut, den man sonst nur in Dokumentationen hörte, in denen es um ein eingeborenes Volk ging, bei dem alle immer nackt im Staub lagen und sich alle heiligen Zeiten ein bisschen mit Blut und Federn beschmierten, diese verdammten Idioten, und lassen sich auch noch filmen dabei, sehr toll …
    – Okay?, fragte ihn die Frau.
    Robert nickte mit geschlossenen Augen und ließ sich ganz auf sie fallen. Er stützte sein Gewicht ein wenig mit den Armen ab, aber nicht zu viel, er wollte ihren Brustkorb unter seinem spüren, ihr dadurch erschwertes Atmen. Im Raum hing ein herber, leicht säuerlicher Gestank, der zwar nicht zu stark war, aber ihn ständig daran denken ließ, dass Hunderte Männer vor ihm ihre Spuren hinterlassen hatten, auf den Plüschpolstern, auf dem Lampenschirm, hinter dem Spiegel, sogar unter den Fingernägeln der Frau. Robert machte probeweise die Augen auf und schaute in das Gesicht, das unter ihm lag. Sie lächelte zwar, aber man konnte ihr die Anstrengung ansehen. Unterhalb ihrer Schläfen standen ein paar Schweißtropfen. Auch ihr Hals schwitzte. Von allen Bestandteilen ihres Gesichtes sprachen die Augenbrauen die deutlichste Sprache: Sie waren, trotz der freundlichen Maske, die sie aufrechterhielt, streng zusammengezogen und bewegten sich ständig.
    Sie fuhr sich mit einer Hand über die Stirn, massierte sie kurz mit kreisenden Bewegungen. Robert spürte, wie er hart wurde.
    Sie zog ihm ein Kondom über und ließ ihn in sie eindringen. Robert dachte an das glatte, unkomplizierte Geschlecht einer weiblichen Statue. Er dachte an die Skizzen, die er manchmal von dieser Stelle gemacht hatte. Aber immer wieder mischte sich ein Truthahnkopf in seine Vorstellung. Ein Truthahnkopf, der sich schüttelte, so dass das rote, wundgescheuert aussehende Ding auf seinem Schnabel hin und her wackelte.
    Er schrumpfte in ihr wieder etwas, aber er schaffte es, sich immerhin so weit mit Fantasien über die mit schwarzen Stricken an eine Sprossenwand gefesselte Felicitas Bärmann über Wasser zu halten, dass er sie noch einige Minuten mit seinen Hüftstößen bearbeiten konnte.
    Er konzentrierte sich auf ihre Augen, denn an diesen war nichts auszusetzen. Menschliche Augen. Winzig klein, wie ein Bernsteininsekt, war seine eigene Gestalt darin erkennbar, sein bleiches, mondrundes Gesicht. Aber jetzt schloss die Frau ihre Augen, und eine Hand wanderte an ihre Schläfe. Sie rieb und rieb und atmete tief durch. Dann öffnete sie die Augen wieder, und Robert sah an deren kurzem Hin-und-her-Zittern (der Fachmann nannte dieses Phänomen Nystagmus ), dass der Raum sich um sie drehte.
    Sie blieb, wie sie war. Er hatte bezahlt, sie hielt es aus.
    Robert spürte zum ersten Mal so etwas wie Zärtlichkeit. Vielleicht sogar Liebe. Er streichelte ihr über den Kopf, sie erschrak ein wenig über die Berührung, aber lächelte wieder, dann sank ihr Kopf zurück, und sie bewegte ihn auf dem Kissen hin und her. Dass davon der Drehschwindel bestimmt nur noch schlimmer wurde, hätte er ihr jetzt sagen können, aber er tat es nicht. Er schaute sie nur an, studierte die Andeutung eines Adamsapfels an ihrer weiblichen Kehle.
    Er war jetzt erregt. Seine Hände berührten ihre Brüste.
    – Ohh, machte sie.
    Es war der Laut, den Menschen von sich geben, bevor sie sich übergeben.
    Aber sie übergab sich nicht. Sie ließ sich weiter von ihrem Kunden bearbeiten, hielt jedem

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