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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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der Polizist. »Geschwister, Onkel, Tanten? Irgendjemanden, den wir benachrichtigen können.«
    »Er hat eine Großmutter, aber die ist schon fünfundachtzig. Sie lebt in Tacoma in einem Altenheim.«
    »Also gut.« Chief Howe ließ Notizblock und Stift sinken. »Das bringt im Augenblick nichts. Ich muss mir die Sachen eures Freundes ansehen.«
    Alec stapfte durch den Sand voran, der Chief, Deputy Clamhouse und wir anderen hinterher. Im Camp zeigte Alec dem Polizisten Joshs Zelt und seine Sachen. Howe sah alles durch und nahm Joshs Brieftasche mit den Papieren an sich.
    Er wandte sich an Alec. »Wie hat dein Freund Kontakt zu seinem Vater gehalten? Ich meine, bevor ihr hierhergekommen seid.«
    »Sein Dad hat jeden Mittwochabend angerufen.«
    »Wann genau?«
    »Zwischen sieben und acht, glaube ich. Da musste er immer zu Hause sein.«
    Das Gespräch zwischen dem Polizisten und Alec wurde unterbrochen von einem lauten Schluchzen, das aus Alecs Zelt kam. Howe warf einen Blick ins Zelt und winkte Janice heraus. Die beiden Polizisten holten Brandee aus dem Zelt. Sie stierte mit leerem Blick. Ich glaube, sie nahm gar nicht wahr, was um sie herum vorging. Janice hatte ihr die verschmierte Schminke vom Gesicht gewaschen, sodass sie jetzt nicht mehr wie ein böser Geist, sondern einfach nur noch bemitleidenswert aussah.
    »Ruf einen Krankenwagen und bring sie ins Krankenhaus«, sagte Howe zu seinem Deputy.
    Das Wort Krankenhaus schien zu Brandee durchgedrungen zu sein, denn plötzlich begann sie wieder, zu kratzen und zu schreien, und ich sah ein kaltes Licht in ihren Augen. Doch der Deputy hatte sie mit festem Griff gepackt, und als Brandee klar zu werden schien, dass sie keine Chance hatte, ließ sie sich widerstandslos mitnehmen.
    »Sie hat einen schlechten Trip gehabt, oder?« Howe sah uns fragend an.
    Alle schwiegen betreten.
    »Was hat sie genommen?«
    Niemand sagte etwas, auch ich nicht.
    »Na los, raus damit.« Der Chief wurde ungeduldig. »Ihr wollt ihr doch helfen, oder? Das Mädchen ist völlig psychotisch und es wäre einfacher für die Ärzte, wenn sie wüssten, was da in ihren Adern kreist.«
    Psilos, dachte ich, brachte jedoch kein Wort heraus.
    »Sie hat gekifft«, sagte Alec.
    »Wie oft?«
    »Ziemlich oft.«
    »Was ist ziemlich oft? Jeden Tag, alle zwei Tage oder zweimal am Tag?«
    »Ich weiß nicht genau. Jeden Abend – wenn sie etwas hatte.«
    »War sie schon mal so drauf?«
    »Brandee ist ziemlich crazy, aber so drauf war sie noch nie«, sagte Alec.
    »Ist sie deine Freundin?«
    Alec zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Irgendwie schon.«
    »Irgendwie schon?«, fragte Howe und runzelte die Stirn.
    »Ja, verdammt, wir sind zusammen.«
    Howe begann, Alec über den genauen Ablauf des gestrigen Tages auszufragen. Alec erzählte ihm von meinem Geburtstag und von Brandees verrücktem Tanz.
    »Und du hast dich nicht gesorgt um sie?«
    Alec ging in Abwehrhaltung. »Na ja, sie war schräg drauf, aber meistens war es am nächsten Tag wieder vorbei.«
    »Du bist also schlafen gegangen?«
    »Ja, verdammt. Ist das etwa ein Verbrechen? Ich war betrunken, ich war müde und Brandee ging mir auf die Nerven. Ich bin ins Zelt und sofort eingeschlafen. Smilla hat mich heute Morgen geweckt, als sie und Mark Josh gefunden hatten. Und da habe ich auch erst gemerkt, dass Brandee nicht da ist.«
    Howe sah uns einen nach dem anderen an. »Sie war nicht da?«
    »Sie hockte im Treibholz«, sagte ich.
    Der Chief machte sich Notizen. Er schrieb unsere Personalien auf und befragte jeden von uns. Wann wir Josh zum letzten Mal gesehen hatten, wann wer schlafen gegangen war, wer mit wem zusammen war und in welchem Zelt geschlafen hatte.
    »War euer Freund sehr betrunken?« Howe stieß mit dem Fuß gegen die leere Whiskeyflasche, die neben dem Feuer im Sand steckte.
    Niemand antwortete.
    Ich dachte daran, was er auf dem Polizeirevier zu uns gesagt hatte. Haltet euch an die Regeln.
    »Hat jemand von euch eine Vermutung, was passiert sein könnte?«
    Wir schüttelten die Köpfe. Nein, das hatten wir nicht. Wie sich herausstellte, waren Brandee und Josh die Letzten am Feuer gewesen. Aber was sich abgespielt hatte, nachdem wir schlafen gegangen waren, das war uns allen ein Rätsel.
    »Gab es Streit?«, fragte Howe.
    Wieder schüttelten alle den Kopf, aber Laura warf mir einen misstrauischen Blick zu. Vermutlich erinnerte sie sich an Joshs Nasenbluten und fragte sich nun, ob er tatsächlich über einen Stamm gestolpert war.
    Auch ich stellte

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