Indigosommer
nicht passieren.« Ich wollte nur noch weg von ihnen.
»Und nicht vergessen: Nichts Süßes von Fremden nehmen«, meinte Brandee mit einem anzüglichen Lächeln. »Das hat dir deine Mutter doch hoffentlich beigebracht?«
Meine Wut war kaum noch bezähmbar. Zitternd wandte ich mich ab und verkroch mich in meinem Zelt.
»Ich kann das alles nicht glauben«, sagt Milo. Sie stehen auf dem großen Balkon vor Conrads Zimmer. Milo starrt Conrad an. »Du bist schon die ganze Zeit so merkwürdig und ich hatte keine Ahnung, warum. Jetzt weiß ich’s.«
Conrad hat den Blick gesenkt und schweigt.
»Warum Con?«, fragt Milo. »Warum? Sie ist eine verdammte Ho-kwat. Wir haben uns geschworen niemals etwas mit einer weißen Schnepfe anzufangen. Was soll das Ganze überhaupt? Was willst du von ihr?«
Die Sonne in ihren verschiedenfarbigen Augen leuchten sehen. Ihren süßen Mund küssen, ihre kleinen runden Brüste in meinen Handflächen spüren. Mit ihr über Justin reden. Trost finden. Ein neues Leben. »Das geht dich nichts an, Milo.«
»Das geht mich nichts an, sagst du? Ich bin dein bester Freund und du schläfst mit meiner Schwester. Tamra glaubt, du wirst sie heiraten und für den Jungen sorgen. Kayad ist auch dein Fleisch und Blut.«
»Ich werde mich um ihn kümmern, Milo. Als sein Onkel.«
»Als sein Onkel«, äfft Milo Conrad nach. »Und Tamra?«
»Ich dachte, ich könnte sie lieben, aber ich kann es nicht.«
»Aber sie vögeln, das kannst du.«
»Damit ist Schluss.«
»Wegen der kleinen weißen Schlampe?« Milo reißt die Hände nach oben. »Wo ist dein Verstand geblieben?«
Conrad kann seinem Freund nicht in die Augen sehen, er hasst es, wie Milo über Smilla spricht. »Ich habe keine Erklärung für das, was passiert ist, Milo. Ich weiß nicht, was los ist mit mir, nur...«
Milo stößt verächtlich Luft durch die Zähne. »Du weißt nicht, was los ist? Aber ich weiß es, verdammt noch mal. Du hast dicke Eier, das ist alles. Junge, Junge, die Braut hat dir ganz schön den Kopf verdreht, dabei ist nicht mal was an ihr dran.
Du bist ein Quileute, Conrad. Denk daran, was diese weißen Arschlöcher mit deinem Bruder gemacht haben. Er war mein Freund, verdammt.«
»Sie haben nichts mit ihm gemacht, Milo. Sie haben ihn nicht ins Meer getrieben. Er ist von allein gegangen. Er wollte der Größte sein.«
»He, was redest du da für einen Schwachsinn? Du weißt, warum er mit seinem Brett da raus ist. Sie haben ihn beleidigt. Ein Quileute lässt sich nicht von einem weißen Affen beleidigen. Sie haben ihn auf dem Gewissen. Und jetzt fängst du was mit einer von ihren Tussis an. Ich verstehe es nicht, Conrad. Ich. Verstehe. Es. Nicht.«
»Ich habe sie aus dem Meer gefischt.«
Milo starrt ihn verwirrt an.
»Sie wäre beinahe ertrunken und ich habe sie rausgeholt.«
»Wann war das?«
»Vor einer Woche.«
»Und du hast nichts gesagt? Ich bin dein Freund, Mann, und du hast mir nichts davon gesagt.«
»Ich wollte sie ertrinken lassen. Aber ich konnte es nicht.«
»Schade aber auch«, flucht Milo. Er läuft auf dem Balkon auf und ab wie ein gefangenes Tier. Schließlich sagt er: »Du hast sie aus dem Meer gefischt, na und? Dann kannst du sie auch wieder hineinwerfen. Fick sie, wenn du das nicht lassen kannst, und wirf sie wieder hinein.«
Conrad zuckt zusammen und hebt den Kopf. Er sieht Milo an. In diesem Augenblick weiß er, dass Milo Penn kein Freund mehr für ihn ist. Vielleicht ist er das nie gewesen. Milo war Justins Freund. Tamra war Justins Freundin und Kayad ist Justins Sohn. Sein Bruder wollte immer alles und er bekam es auch.
Aber Smilla, die gehört nur ihm. »Nein, Milo«, sagt er ruhig. »Das werde ich nicht.«
Als Conrad wieder allein ist, setzt er sich an seinen Schreibtisch, fährt den Laptop hoch und schreibt:
Ich liebe ein Mädchen. Ihr Name ist Smilla. Meine Gefühle sind ein übermütiger Tanz.
18. Kapitel
A m nächsten Morgen war ich zeitig auf und machte mich fertig für die Wanderung. Ich gab mir Mühe, hübsch auszusehen. Unter mein weites T-Shirt zog ich ein eng anliegendes Top und ich band mir das blaue Tuch ins Haar.
Dass noch niemand von den anderen wach war, kam mir sehr gelegen. Ich wollte keinen von ihnen sehen, das hätte mir nur den Tag verdorben.
Doch auf dem Pfad zum Parkplatz kam mir Janice entgegen. Sie hatte einen Handtuchturban auf dem Kopf, offensichtlich kam sie vom Duschen. Ich wunderte mich, dass sie so früh schon wach war. »Guten Morgen«, begrüßte ich sie
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