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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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neutral.
    »Ich muss jetzt gehen«, sagte Conrad. »Ich habe einem Freund meines Vaters versprochen, ihm beim Bau seines Kanus zu helfen. Und heute Abend bin ich mit der Essenausgabe im Seniorenzentrum dran.« Er löste sich von mir.
    »Sehen wir uns noch?«, fragte ich. Ich wollte in den wenigen Tagen, die uns noch blieben, keine Minute mit Conrad versäumen.
    Er schien zu überlegen. »Wirst du im Camp sein heute Abend?«
    »Ja. Ich glaube, die anderen wollen noch mal zum Billard nach Forks. Aber ich fahre nicht mit.«
    »Gut.« Er stopfte den Surfanzug in seinen Rucksack und schulterte ihn. Dann klemmte er das Longboard unter seinen Arm, pfiff nach Boone und lief den Strand entlang in Richtung La Push.
    Als die Clique mit ihren Brettern ins Camp zurückkehrte, bedachten Alec, Josh, Laura und Brandee mich mit grimmigen Mienen. Du solltest wissen, wo du hingehörst, schienen ihre Blicke zu sagen. Sie mieden mich, als würde ich den Geruch einer fremden Art an mir tragen. Ich hatte mich mit einem Indianerjungen eingelassen, hatte Conrad ihnen vorgezogen, etwas, das mich unerbittlich von der restlichen Truppe trennte.
    Wie vermutet, waren Janice und Mark die Einzigen, die normal mit mir umgingen. Ich hatte mir ja einiges ausgemalt, aber den Bann über mich zu verhängen, das war reichlich übertrieben. In mir begann Trotz aufzusteigen. Ich konnte nicht glauben, dass sie sich so idiotisch verhielten.
    Als ich Josh etwas fragte und er mir nicht antwortete, war ich kurz davor auszurasten. Doch bevor es dazu kommen konnte, tauchten auf einmal drei junge Männer im Camp auf, die gerade mit ihrem Wohnmobil in La Push angekommen waren. Schnell richtete sich die ganze Aufmerksamkeit auf die Neuankömmlinge. Sie stammten aus Spokane, einer Stadt nahe der Grenze zum Bundesstaat Idaho. Richtige Landeier sozusagen.
    Die drei – Bob, Terry und Cliff – waren schon Mitte zwanzig, hatten nagelneue Surfanzüge und Surfbretter im Gepäck und waren fest entschlossen, auf den Wellen am First Beach surfen zu lernen. Ein Freund hatte ihnen den Tipp gegeben.
    Sie stellten viele Fragen und Josh und Alec gaben fürchterlich an mit ihrem Wissen und ihren Ortskenntnissen. Na, wenigstens vergaßen sie mich dadurch für einen Moment und mein Ärger verpuffte.
    Der Billardausflug wurde (zu meinem Leidwesen) verschoben und Bob, Terry und Cliff wurden zum Abendessen eingeladen. Sie hatten Steaks und Bier in ihrer Kühlbox und Nachschub an Gras in den Taschen. Das rettete die Stimmung an diesem Abend.
    Niemand kümmerte sich um mich. Cliff klimperte auf seiner Gitarre und Laura sang mit ihrer schönen Stimme den Refrain von Hotel California . Alle waren ausgelassen und schrecklich fröhlich.
    Bis Conrad plötzlich am Feuer auftauchte wie ein Geist. Er hatte sich lautlos über die Steine bewegt und niemand hatte ihn wahrgenommen, bis er dicht hinter Josh stand. Seine Präsenz war überwältigend. Aufrecht stand er da und zeigte uns ohne Worte, wer wessen Gast an diesem Strand war. Die Gespräche verstummten und schließlich auch Cliffs Gitarre. Josh drehte sich um und blickte an Conrad hoch.
    »Lasst euch nicht stören«, sagte Conrad mit seiner tiefen Stimme. »Ich will nur mit Smilla sprechen.« Er nickte mir auffordernd zu.
    Ich? Ja, Smilla, du!
    Nachdem ich mich von meinem ersten Schrecken erholt hatte, sagte ich: »Tja, Leute, das ist Conrad. Ich glaube, ein paar von euch kennen ihn schon.«
    Niemand gab eine Antwort, alle starrten Conrad an, als wäre er ein Außerirdischer und kein Einheimischer. Josh stierte wütend ins Feuer. Ein Ast zerbrach in seinen Händen. Ich sah, dass sie zitterten. Alec sah tierisch sauer aus, aber er beherrschte sich. Vielleicht wegen der Jungs aus Spokane, vielleicht auch, weil er einen Joint geraucht hatte und zu bekifft war, um zu streiten.
    »Conrad«, sagte ich und stand auf, »das sind Janice, Laura und Brandee. Bob, Terry und Cliff aus Spokane. Alec, Josh und Mark kennst du ja schon.”
    Conrad sagte nichts, rang sich aber ein Nicken ab.
    »Setz dich doch«, sagte Mark, der neben mir saß. Er vergrößerte den Abstand zwischen mir und ihm, damit Conrad Platz hatte. Ich hielt den Atem an.
    »Danke«, sagte Conrad höflich. »Aber ich möchte mit Smilla allein sprechen.«
    Ich stieg über den Stamm, auf dem ich gesessen hatte, und ging um die anderen Sitzenden herum zu ihm. Conrad legte seinen Arm um mich und sagte in die Runde: »Schönen Abend noch.«
    Dann zog er mich fort.
    »Was war das denn für eine

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