Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
dunkle Wellen, stolze Winde, die die Segel in Fetzen rissen, fand jedoch die Verbindung zwischen den beiden Ozeanen nicht. Erst 1554 sollte ein anderer Kapitän die Magellanstraße doch noch entdecken. Valdivia erfuhr nie davon, und unerfüllt blieb sein Traum, die Eroberung bis an diesen Punkt der Landkarte auszudehnen. Auf seinen Fahrten fand Pastene liebliche Orte, die er mit italienischer Blumigkeit zu beschreiben verstand, wobei er über die Untaten seiner Männer keine Silbe verlor. Sie kamen aber doch ans Licht, wie es bei solchen Verbrechen über kurz oder lang immer geschieht. Ein Chronist, der mit Pastene reiste, berichtete, in einer abgeschiedenen Bucht seien die Seeleute von freundlichen Eingeborenen mit Essen und Geschenken empfangen worden und hättenes ihren Gastgebern vergolten, indem sie die Frauen schändeten, viele Männer ermordeten und etliche gefangennahmen. Die Gefangenen brachte man dann in Ketten nach Concepción und stellte sie dort wie Tanzbären zur Schau. Wie so vieles andere, das kein gutes Licht auf seine Truppe warf, hielt Valdivia auch diesen Zwischenfall nicht für wert, Papier und Tinte daran zu verschwenden. Er erwähnte ihn nicht gegenüber dem König.
Andere Hauptleute, wie Villagra und Alderete, waren rastlos in der Gegend unterwegs, galoppierten durch Täler, ritten hinauf ins Gebirge, drangen in die Wälder vor, überquerten Seen und machten sich so in diesem paradiesischen Landstrich breit. Häufig lieferten sie sich Scharmützel mit Gruppen von Eingeborenen, aber Lautaro hütete sich, seine wahre Stärke zu offenbaren, denn noch rüstete er sich tief in den Wäldern Araukaniens mit großer Sorgfalt für diesen Kampf. Michimalonko war in einem Gefecht mit ihm gefallen, und einige seiner Krieger hatten sich ihren Brüdern aus dem Süden angeschlossen, aber eine beachtliche Anzahl hatte Valdivia zu halten vermocht. Er wollte die Eroberung auf Gedeih und Verderb weiter nach Süden ausdehnen, aber je größer das besetzte Gebiet wurde, desto schwerer war es zu beherrschen. In jeder neu gegründeten Stadt mußte er Soldaten zum Schutz der Siedler zurücklassen, andere auf Erkundungsritte schicken, auf Strafexpeditionen gegen die Eingeborenen oder auf Raubzüge, um Vieh und Nahrung zu erbeuten. Seine Streitmacht war in kleine Scharen zersplittert, die oft über Monate auf sich allein gestellt waren.
Während der harten Wintermonate suchten die Eroberer Zuflucht in den Dörfern der Siedler, die sie Städte nannten, weil jedes Fortkommen mit der schweren Ausrüstung zur Qual wurde, der Waldboden aufgeweicht war, der Regen nicht nachlassen wollte, sich in der Nacht alles mit Rauhreif überzog und die schneekalten Winde aus den Bergen einenbis auf die Knochen durchfroren. Von Mai bis September schlief die Erde, alles war still, nur das Rauschen der Flüsse, das Prasseln des Regens und Blitz und Donner der Gewitter unterbrachen die winterliche Ruhe. In dieser Zeit des Rückzugs und der frühen Dunkelheit wurde Valdivia von Dämonen heimgesucht und seine Seele von bösen Vorahnungen und Reue verdüstert. Saß er nicht mit gegürtetem Degen im Sattel, griff die Schwermut nach seinem Herz, und er glaubte sich vom Pech verfolgt. In Santiago hörten wir Gerüchte, er habe sich sehr verändert, er altere rasch, und seine Männer vertrauten ihm nicht mehr so blind wie früher. Cecilia meinte, sein Stern sei aufgegangen, als er mich kennenlernte, und habe zu sinken begonnen, als er sich von mir abwandte, ein fürchterlicher Gedanke, möchte ich mir doch weder seine Erfolge zuschreiben noch die Schuld an seinem Scheitern tragen. Ist nicht jeder selbst verantwortlich für das, was er tut? Valdivia verbrachte die kalten Wintermonate unter einem festen Dach, hüllte sich in wollene Ponchos, wärmte sich an Kohlebecken und schrieb seine Briefe an den König. Juana Jiménez brachte ihm Mate, und der bittere Tee half ihm, die Schmerzen seiner alten Verletzungen besser zu ertragen.
Unterdessen spähten Lautaros Krieger die Huincas unbemerkt aus, genau, wie ihr Ñidoltoqui es befohlen hatte.
Im Jahr 1552 reiste Pedro de Valdivia nach Santiago. Er wußte nicht, daß es sein letzter Besuch sein würde, fühlte es aber wohl voraus, denn wieder plagten ihn düstere Träume. Wie früher träumte er von blutigen Greueln, und schweißgebadet erwachte er in Juanas Armen. Woher ich das weiß? Er versuchte sich mit der Rinde des Latué-Strauchs zu kurieren, die Albdruck vertreibt. In diesem Land bleibt nichts
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