Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Mitglieder des Rats. Wir brachten Indios von unseren Gütern in die Stadt und kleideten sie in schmucke Uniformen, nur Schuhe konnten wir ihnen nicht aufnötigen, weil sie die nicht ertrugen. Wir erleuchteten die Säle mit Hunderten Wachslichtern, Tranlampen und Fackeln aus Pinienharz, die wunderbar dufteten. Das Haus sah prächtig aus, überall standen Blumen, große Schalen mit frischem Obst und zierliche Käfige mit Singvögeln. Wir servierten einen peruanischen Wein aus einer guten Traube und einen heimischen, den Rodrigo und ich seit kurzem kelterten. Dreißig der Geladenen fanden am Tisch des Gouverneurs Platz und hundert weitere in den angrenzenden Sälen und den Höfen. Ich hatte vorgesehen, daß an diesem Abend die Frauen mit den Männern zu Tisch sitzen sollten, wie es offenbar in Frankreich gang und gäbe war, und nicht wie in Spanien auf Sitzkissen am Boden.Etliche Ferkel und Lämmer hatten wir geschlachtet, die unterschiedlich zubereitet wurden, und daneben gab es gefülltes Geflügel und Fische von der Küste, die wir uns lebend in Bottichen voll Meerwasser hatten bringen lassen. Ein Tisch quoll über nur von Desserts: Torten, Petits fours, Meringue, gebrannter Eischaum, Karamelcreme und Früchte. Der Abendwind wehte die Düfte des Banketts durch die Straßen, Knoblauch, Gegrilltes, Karamel. Die Gäste hatten die seltene Gelegenheit genutzt, ihren besten Putz aus den Tiefen ihrer Truhen zu holen. Die schönste Frau des Fests war natürlich Cecilia mit ihrem Geschmeide der Inkaprinzessin und einem gletscherblauen Kleid, das mit einem Gürtel aus Gold gerafft war. Sie brachte einen kleinen Negerjungen mit, der sich hinter ihren Stuhl stellte und mit einem Fächer aus Federn für Erfrischung sorgte, ein erlesenes Detail, das uns Bauerntrampel sprachlos machte. Valdivia erschien mit María de Encio, die, wie ich zugeben muß, ganz passabel aussah, ließ die andere aber daheim, denn mit zwei Mätressen aufzutauchen wäre für unsere kleine, aber auf Ehre bedachte Gesellschaft ein Schlag ins Gesicht gewesen. Er küßte mir die Hand und sagte mir die Nettigkeiten, die dem Anlaß gemäß waren. Ich meinte, in seinem Blick eine Mischung aus Traurigkeit und Neid zu lesen, aber das kann ich mir eingebildet haben. Als wir uns zu Tisch gesetzt hatten, hob er sein Glas, um einen Trinkspruch auf Rodrigo und mich auszubringen, seine Gastgeber, und verglich in bewegenden Worten die erst zehn Jahre zurückliegende, schlimme Zeit des Hungers in Santiago mit der nun herrschenden Fülle.
»Nur eines, schöne Doña Inés, vermisse ich auf dieser königlichen Tafel …«, sagte er mit erhobenem Glas und feuchten Augen.
»Laßt mich raten, Exzellenz«, antwortete ich.
In diesem Moment trugst Du, in einem Kleid aus Organdy und mit Blumen und Bändern im Haar, einesilberne Schale herein, in der unter einer weißen Leinenserviette eine Empanada für den Gouverneur lag. Der kleine Scherz wurde allgemein beklatscht, denn alle erinnerten sich noch der mageren Jahre, in denen wir Empanadas mit allem möglichen gefüllt hatten, selbst mit Eidechsen.
Nach dem Essen wurde getanzt, aber Valdivia, der früher ein guter Tänzer gewesen war, taktsicher und voll natürlicher Eleganz, beteiligte sich nicht und schob vor, er habe Schmerzen im Bein. Als die Gäste gegangen waren, die Bediensteten die Reste des Banketts an die Armen verteilt hatten, die dem Fest auf der Plaza de Armas gelauscht hatten, wir die Türen geschlossen und die Kerzen gelöscht hatten, fielen Rodrigo und ich erschöpft ins Bett. Ich legte wie immer meinen Kopf an seine Brust und schlief traumlos sechs Stunden am Stück, was für mich eine kleine Ewigkeit ist.
Der Gouverneur blieb drei Monate in Santiago. In dieser Zeit traf er eine Entscheidung, die er sich gewiß reiflich überlegt hatte: Er schickte Jerónimo de Alderete nach Spanien, wo er dem König den der Krone zustehenden Fünften übergeben sollte, lächerliche sechzigtausend Goldpeso, die nicht entfernt an die Summen heranreichten, die auf schwer beladenen Galeonen Peru verließen. Im Gepäck hatte Alderete mehrere Schreiben, in denen Valdivia unter anderem bat, der Monarch möge ihm den Titel eines Marqués und den Santiagoorden verleihen. Auch darin hatte er sich verändert, war nicht mehr der Mann, der sich zugute hielt, nichts auf Titel und Würden zu geben. Gegen die Sklaverei hatte er immer gewettert, jetzt aber bat er um die Erlaubnis, tributfrei zweitausend Negersklaven ins Land holen zu
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