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Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Inés meines Herzens: Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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erwähnen, damit Asunción nicht in jeder Kirche der Gegend zur Schau gestellt würde wie eine Jahrmarktsattraktion.Asunción war nicht die einzige, die ein Zeichen empfing, irgendein Mädchen wurde zur Karwoche immer von einem ähnlichen Schicksal ereilt, hob Dinge an, ohne sie zu berühren, atmete den Duft von Rosen aus, oder ihr wuchsen Flügel, womit sie umgehend zum Ziel überschwenglicher Verehrung durch die Gläubigen wurde. Soviel ich weiß, endeten all diese Mädchen als Nonnen im Kloster, ausgenommen meine Schwester, die dank der Vorkehrungen unserer Mutter und des Stillschweigens der Familie ohne Folgen von dem Wunder genas, heiratete und viele Kinder gebar, darunter meine Nichte Constanza, von der noch die Rede sein wird.
    Ich erwähne die Prozessionen, weil ich bei einer von ihnen Juan begegnete, der mein erster Ehemann werden sollte. Das war 1526, in dem Jahr, als unser Kaiser Karl V. seine bildhübsche Cousine Isabella von Portugal heiratete, die er ein Leben lang lieben würde, und im selben Jahr, in dem Süleiman der Prächtige mit seinen türkischen Heerscharen bis ins Herz Europas vorstieß und die Christenheit bedrohte. Die Gerüchte von den Greueltaten der Muselmanen versetzten die Leute in Angst und Schrecken, uns war schon, als sähen wir die dämonischen Horden vor den Mauern Plasencias. Angeheizt von der Angst, trug die fromme Inbrunst in diesem Jahr Züge von Wahnsinn. Ich schritt wie schlaftrunken neben meiner Schwester und meiner Mutter in der Prozession mit, mir war flau vom Fasten, vom Ruß der Kerzen, dem Geruch nach Blut und Weihrauch, dem Wehklagen der Betenden und dem Stöhnen der Flagellanten. Inmitten des Tumults aus Kuttenträgern und Büßern blieb mein Blick an Juan hängen. Es war unmöglich, ihn nicht zu sehen, er maß eine Handbreit mehr als alle anderen, und sein Kopf ragte aus der Menge. Er war breitschultrig, hatte dunkle Locken, ein Profil wie eine römische Statue und dazu Katzenaugen, die meinen Blick neugierig zurückgaben. »Wer ist das?« zischte ich meiner Mutter zu, bekam aber als Antwort nurihren Ellbogen in die Rippen und die unmißverständliche Aufforderung, die Augen niederzuschlagen. Ich hatte keinen Verlobten, weil ich nach dem Willen meines Großvaters unverheiratet bleiben sollte, um ihn in seinen letzten Jahren zu pflegen und wohl dafür zu büßen, daß ich nicht als der Enkel geboren war, den er sich gewünscht hatte. Für zwei Aussteuern fehlten ihm die Mittel, und in seinen Augen eignete sich meine Schwester Asunción besser dafür, eine günstige Verbindung einzugehen, weil sie von dieser blassen und üppigen Schönheit war, die den Männern gefällt, und überdies folgsam; ich bestand ja nur aus Muskeln und Knochen und war noch dazu störrisch wie ein Muli. Das hatte ich von meiner Mutter und meiner verstorbenen Großmutter, beide nicht eben ein Ausbund an Sanftmut. Damals hieß es, das Beste an mir seien die dunklen Augen und das Haar, das kräftig war wie das einer jungen Stute, aber dasselbe hätte man von der Hälfte aller Mädchen in Spanien sagen können. Nur flink mit den Fingern, das war ich zweifellos, in Plasencia und im ganzen Umkreis gab es keine, die so kunstfertig zu nähen und zu sticken verstand wie ich. Schon mit acht Jahren hatte ich mit meiner Handarbeit zum Unterhalt der Familie beigetragen, und ich sparte für die Mitgift, die mein Großvater mir nicht zu geben gedachte; ich war entschlossen zu heiraten, wollte mich lieber mit Kindern herumschlagen, als meine Zukunft an diesen alten Wüterich zu verschwenden. Deshalb dachte ich auch an diesem Tag der Karwoche gar nicht daran, auf meine Mutter zu hören, warf den Schleier zurück und lächelte den Unbekannten an. So begann meine Liebschaft mit Juan, der aus Málaga stammte und deshalb von allen Juan de Málaga genannt wurde. Erst war mein Großvater strikt dagegen, und bei uns daheim ging es zu wie im Tollhaus: Es hagelte Beschimpfungen und Teller, vom Türenschlagen klaffte bald ein Riß in der Wand, und wäre meine Mutter nicht dazwischengegangen, mein Großvater und ich hätten einander den Hals umgedreht. Ichstritt so erbittert mit ihm, daß er am Ende vor Erschöpfung nachgab. Was Juan in mir sah, weiß ich nicht, aber jedenfalls vereinbarten wir schon bald nach unserer ersten Begegnung, daß wir vor Ablauf eines Jahres heiraten würden, was ihm Zeit gab, eine Arbeit zu finden, und mir, meine karge Mitgift aufzubessern.
    Juan war einer dieser schönen und lebenslustigen

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