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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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obwohl Ines gar nicht im Refugium war! Hatte Agnes nicht gesagt, dass die Zeiger nur dann vorrückten, wenn man das Zimmer betrat?
    Aber wenn ich nicht im Refugium bin, dachte Ines, wer dann?
    Sie lauschte bang. Das Ticken der Uhr klang unnatürlich laut. Ein weiterer Seufzer folgte, und schließlich hörte sie die Holzdielen im Refugium knarren, als durchmesse jemand mit langsamen Schritten den Raum.
    Vorsichtig schlich Ines näher und spähte durch die offene Tür. Sie konnte das Fenster erkennen (der rote Vorhang war zugezogen) und die Rückenlehne des Sessels, dessen Pantherfell sich sträubte.
    Dann verdunkelte ihn ein Schatten – der Umriss eines Kopfs mit einer kantigen Nase.
    Â»Nein«, flüsterte Ines. »Nein …«
    Jemand war im Refugium!
    Wie gelähmt starrte Ines auf den bewegten Schatten. Zugleich nahm sie einen Geruch wahr, den sie vage zu kennen glaubte – ein süßer Duft nach Aprikosen und Lavendelblüten.
    Ines wich zurück. Dann eilte sie an der offenen Tür vorbei in die Turnhalle. Sie wollte gar nicht wissen, wer im Refugium war, sie wollte einfach nur weg …
    Ihr Herz raste.
    In der Turnhalle hatte sich die Klasse um Frau Wunder versammelt und machte Aufwärmübungen.
    Â»Ines Larik braucht offenbar eine Extraeinladung zur Sportstunde«, begrüßte Frau Wunder sie mit katzengoldener Freundlichkeit. »Du bist fast sechs Minuten zu spät!«
    Ines murmelte eine Entschuldigung. Dabei blickte sie verstohlen in den Gang zur Umkleide, voller Angst, dass jemand sie verfolgte. Aber da war nichts.
    Â»Die sechs Minuten darfst du nach der Stunde wieder dranhängen«, verkündete Frau Wunder, »und mir beim Aufräumen helfen.«
    Ines war noch zu betäubt, um zu protestieren. Es dauerte eine Weile, bis sie sich beruhigt hatte. Trotzdem war sie die ganze Stunde nicht bei der Sache. Zum Glück war es die letzte an diesem Morgen, und Frau Wunder ließ die Klasse nur Basketball spielen.
    Am Ende der Stunde schickte die Lehrerin alle zurück in die Umkleide – alle außer Ines.
    Â»Du räumst die Bälle ins Netz«, wies sie die Schülerin an. »Außerdem liegen da noch Turnmatten herum, die kannst du auf den Stapel legen.«
    Â»Darf Sonja mir helfen?«, fragte Ines. »Wenn ich das allein machen muss, verpasse ich meinen Bus!«
    Â»Vor der Stunde hattest du es auch nicht eilig.« Frau Wunder lächelte zuckersüß. »Du machst das bitte allein.«
    Die Lehrerin ging zum Vorraum der Sporthalle, kramte in ihren Unterlagen und ließ Ines schuften.
    So eine blöde Kuh, dachte Ines. Jetzt muss ich eine Stunde auf den nächsten Bus warten oder nach Hause laufen.
    Sie war noch dabei, die Bälle einzusammeln, als eine Tür klappte und jemand mit raschem Schritt in die Halle stürmte. Es war ihr Vater mit seiner Aktentasche unter dem Arm. Er steuerte auf Frau Wunder zu, unterhielt sich kurz mit ihr und kam dann auf Ines zu.
    Â»Papa? Was machst du denn hier?«
    Â»Sonja hat mir gesagt, dass du hier bist.«
    Â»Ja, ich muss die Halle aufräumen, weil ich zu spät zum Unterricht …«
    Â»Lass alles liegen«, unterbrach Veith sie. »Ich fahr dich nach Hause.«
    Ines bemerkte sein ernstes Gesicht.
    Â»Was ist passiert, Papa?«
    Â»Etwas Schlimmes«, sagte er und zog Ines zu sich heran. »Agnes ist verunglückt.«
    Â 

20.
    Auf der Fahrt nach Hause bekam Ines wenig aus ihrem Vater heraus, nur dass die Polizei angerufen hatte, erst bei Carmen, dann bei ihm in der Schule. Offenbar hatte es einen Unfall am Grauweiher gegeben, aber wie es Agnes ging, wusste er nicht. Oder er wollte es nicht sagen.
    Carmen war ganz aufgelöst, als sie in der Wohnung eintrafen.
    Â»Die Polizei ist hier«, wisperte sie. »Sie haben sie noch immer nicht gefunden.«
    Â»Was ist mit Oma geschehen?«, fragte Ines atemlos.
    Carmen streichelte ihr sanft über die Wange. »Geh auf dein Zimmer, Ines, und kümmere dich um Julian. Es ist alles in Ordnung.«
    Â»Gar nichts ist in Ordnung! Ich will wissen, was mit Oma los ist. Ich bin doch kein Kleinkind mehr.«
    Am Ende erlaubten ihre Eltern, dass Ines ins Wohnzimmer mitkam, wo zwei Polizisten warteten. Sie berichteten mit ernster Miene, was geschehen war.
    Agnes war am frühen Morgen am Grauweiher spazieren gegangen. Eine Nachbarin hatte aus der Ferne beobachtet, wie sie die alten Stege erklommen hatte. Dort

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