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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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musste sie durch das morsche Geländer gebrochen sein. Die Zeugin hatte gesehen, wie Agnes in den Weiher gefallen und nicht wieder aufgetaucht war. Sie hatte sofort Hilfe geholt, aber im Wasser hätte nur ein Teil ihrer Kleider getrieben. Von ihr selbst keine Spur.
    Â»Wir suchen den Grund des Weihers mit Tauchern ab«, sagte einer der Polizisten. »Mehr können wir nicht tun.«
    Â»Meine Mutter ist eine fabelhafte Schwimmerin«, empörte sich Veith. »Nie und nimmer würde sie ertrinken.«
    Â»Ja, aber sie ist nicht wieder aufgetaucht, obwohl die Zeugin den Weiher im Auge behielt. Und in Anbetracht des Alters Ihrer Mutter …«
    Â»Haben Sie im Haus nach ihr gesehen?«
    Â»Selbstverständlich. Leider war sie nicht dort.« Der Polizist blickte Veith mitfühlend an. »Ich weiß, es ist schwer zu begreifen …«
    Â»Ich habe immer vor den Stegen gewarnt«, sagte nun Carmen. »Wie konnte sie so unvernünftig sein!«
    Ines stampfte mit dem Fuß auf. »Agnes ist nicht ertrunken!«
    Veith griff totenbleich nach dem Autoschlüssel. »Ich werde sofort hinfahren. Vielleicht kann ich helfen, sie zu suchen.«
    Â»Ich komme mit!«, rief Ines wie aus der Pistole geschossen.
    Carmen hielt sie am Arm fest. »Kommt nicht infrage. Das ist nichts für ein dreizehnjähriges Mädchen.«
    Â»Mama, bitte!« Ines kämpfte mit den Tränen.
    Â»Ich denke, Ines ist alt genug«, kam Veith ihr zu Hilfe. »Und du weißt doch, Carmen, sie hat eine besondere Bindung zu ihrer Großmutter. Lass sie mitfahren.«
    Carmen sah ihn fassungslos an. »Willst du es verantworten, dass Ines mit ansieht, wie man ihre Oma als Leiche aus dem Wasser zieht?«
    Ines konnte nicht glauben, was ihre Mutter da sagte.
    Â»Agnes ist nicht tot!« Sie ballte die Fäuste. »Sie hat sich bestimmt ans Ufer gerettet … ich weiß es.«
    Â»Ganz ruhig, Engel«, beruhigte Veith sie. »Ich glaube ja auch nicht, dass sie ertrunken ist.« Und zu Carmen sagte er: »Ich gebe acht, dass Ines nichts sieht, was sie nicht sehen soll. Lass sie mitfahren.«
    Carmen schüttelte den Kopf. Aber sie ließ Ines’ Arm los, als Zeichen ihres stummen Einverständnisses.
    Â 
    Bald darauf saßen Ines und Veith im Auto. Auf der Fahrt sprachen sie kein Wort miteinander. Ines musste die ganze Zeit an ihr Telefonat mit Agnes denken, an die Andeutungen, die ihre Oma gemacht hatte. Konnte das ein Zufall sein?
    Es gab da draußen Leute, die nach dem Refugium suchten … und nun stürzte Agnes in den Weiher? Hatte jemand sie hineingestoßen? Oder sie so bedroht, dass sie keinen anderen Ausweg gesehen hatte?
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie beim Dorf angelangt waren. Endlich rumpelte das Auto über das Kopfsteinpflaster. Dort war der Platz mit der Ziegelsteinkirche und dem Brunnen, da die schmale Gasse, die zu Agnes’ Haus führte … Veith hielt den Wagen an.
    Sie eilten zum Weiherufer und entdeckten zwei Polizeiwagen und einen Krankentransporter. Auf dem Wasser waren Boote der DLRG unterwegs. Ines konnte sehen, wie ein Taucher mit pechschwarzer Maske und Sauerstoffgerät zurück in ein Boot kletterte. Auf den Stegen standen Männer mit Kameras. Sie knieten über der Reuse und fotografierten das durchgebrochene Geländer.
    Auch Schaulustige aus dem Dorf hatten sich am Ufer versammelt. Sie deuteten verstohlen auf Veith und Ines.
    Â»Würden Sie sich bitte die Kleider ansehen?«, bat einer der Polizisten, nachdem er sich Veith vorgestellt hatte. »Sie trieben im Wasser.«
    Auf einer Plane waren die durchnässten Kleider ausgebreitet. Ein dunkler Rock mit weinrotem Saum und ein Stiefelpaar aus rostbraunem Leder …
    Â»Kennen Sie diese Sachen?«
    Veith nickte. Er hatte Tränen in den Augen.
    Auch Ines starrte erschüttert auf die Plane.
    Die Stiefel hatte sie zum letzten Mal gesehen, als sie bei ihrem heimlichen Besuch mit Agnes den Grauweiher umrundet hatte.
    Â»Sie muss sie unter Wasser abgestreift haben«, sagte der Polizist im Flüsterton zu Veith. Offenbar wollte er vermeiden, dass Ines ihn hörte. »Vielleicht hat sie sich am Grund im Pflanzengestrüpp verfangen …«
    Â»Aber dann hätten Sie sie doch längst finden müssen«, stieß Veith hervor.
    Der Polizist zuckte nur mit den Schultern.
    Â»Lange kann es nicht mehr dauern. Sie sollten das Ihrer kleinen Tochter nicht

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