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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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musste, und dass sie nicht gefunden werden will. Auch nicht von mir. Sie kann sich eben doch unsichtbar machen.
    Ines seufzte.
    Unvermittelt klingelte ihr Handy. Sie hatte es auf der Couch in ihrem Zimmer liegen gelassen. Im Refugium funktionierte es ohnehin nicht, das hatte Ines längst herausgefunden. Nicht einmal das Display sprang dort an. Der Raum der Wünsche schien etwas gegen Verbindungen zur Außenwelt zu haben.
    Ines blickte auf die angezeigte Nummer. Sie war ihr unbekannt.
    Â»Hallo, wer spricht?«, fragte sie, als sie das Gespräch annahm.
    In der Leitung knisterte es.
    Â»Hier ist Karol. Hast du Zeit zum Quatschen?«
    Â 

22.
    Ines musste erst einmal schlucken, ehe sie antwortete. Mit Karol hatte sie nicht gerechnet. In den letzten Tagen hatte sie kaum an ihn gedacht. Ausgerechnet jetzt rief er sie an, am Sonntagnachmittag, und erwischte sie in der denkbar schlechtesten Stimmung.
    Â»Ich komme gerade vom Fußball … haben heute verloren gegen die Jungs aus der Nordstadt. War ein hartes Spiel. Viele Fouls.«
    Â»Aha«, antwortete Ines knapp. Fußball interessierte sie nicht besonders. Jungskram eben.
    Â»Jetzt habe ich kurz geduscht und mich umgezogen, und … na ja … ich hatte versprochen dich anzurufen. Wegen nächster Woche. Also, ob wir uns sehen wollen.«
    Sie hatte Karol schon selbstsicherer erlebt.
    Â»Du meinst ein Date?«
    Karol lachte schüchtern. »Könnte man so sagen. Wie sieht’s Dienstagnachmittag bei dir aus?«
    Â»Geht nicht, da wollte ich wieder mal zum Hockeytraining.«
    Â»Und Mittwoch?«
    Ines blickte zur Tür des Refugiums. Der Widderhorngriff blinkte im Licht, als wollte er ihr eine Botschaft zumorsen.
    Â»Karol … ich weiß nicht, wie ich es erklären soll.« Sie stockte kurz. »Es ist mir alles ein bisschen viel. Zu viel Chaos. Ich kann dich nicht treffen. Mir geht’s nicht so gut.«
    Jetzt heulte sie auch noch fast am Telefon – und hasste sich dafür.
    Â»Wieso? Was ist los?«
    Â»Hat nichts mit dir zu tun, glaub mir.«
    Â»Stress mit der Familie?«
    Â»Ja … nein, kann man so nicht sagen.« Ines presste die Worte zwischen den Lippen hervor, damit Karol nicht hörte, wie nah sie vor dem Weinen stand. »Es ist was passiert, mit meiner Oma … ich kann am Telefon nicht darüber reden.«
    Eine kurze Pause folgte.
    Â»Wir können uns auch gleich sehen«, schlug Karol dann vor. »Ich komme vorbei. Einfach zum Reden, was meinst du?«
    Sein Vorschlag verblüffte Ines. »Das … geht nicht. Zu viel Trubel hier … meine Eltern, weißt du …«
    Karol machte wieder eine Pause. »Oder du kommst zu mir. Auch wenn es hier nicht gerade schick ist. Wenn dir das nichts ausmacht …«
    Ein warmes Gefühl breitete sich in Ines’ Brust aus. Es war so lieb von Karol, ihr das anzubieten. Und hatte sie sich nicht die letzten Tage jemanden zum Reden gewünscht?
    Â»Also, wenn das geht … ich meine, wenn deine Eltern nichts dagegen haben …«
    Â»Meine Mutter hat bestimmt nichts dagegen«, sagte Karol. »Weißt du, wo ich wohne?«
    Er beschrieb ihr nun den Weg und sie beendeten das Gespräch.
    Â 
    Ines nahm das Fahrrad. Das Viertel, in dem Karol wohnte, lag etwa zwanzig Minuten entfernt. Es war kein übermäßig heißer Tag, aber dennoch war Ines verschwitzt, als sie in die Straße bog, die er ihr am Telefon genannt hatte. Unter anderen Umständen hätte sie sich schrecklich dafür geschämt und auf der Stelle wieder umgedreht. Aber heute war alles ein wenig anders.
    Karol lebte in einem schäbigen Wohnblock. Aus den Schlitzen der Briefkastenfront ragten zerrissene Werbeprospekte, die Scheibe am Eingang war beschädigt, die Klingelschilder verschmort, als hätte jemand an ihnen herumgekokelt. Ines suchte den Nachnamen von Karol – Irtkowsky – und klingelte. Der Summer ertönte.
    Im dunklen Hausflur entdeckte Ines einen Aufzug. Die Kabine war zerkratzt und quälte sich unendlich langsam in den achten Stock empor. Oben kam Ines in einen Flur mit mindestens zehn Wohnungstüren. Eine stand offen und Karol lugte heraus.
    Â»Da bist du ja. Ich dachte schon, du hast dich verfahren.«
    Sie begrüßten sich mit einer kurzen Umarmung. Karol roch nach Duschgel. Er trug wieder das rote Kettchen um den Hals. Hatte er das extra für Ines angelegt?
    Die Wohnstube war schmal und dunkel. An

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