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Ines oeffnet die Tuer

Ines oeffnet die Tuer

Titel: Ines oeffnet die Tuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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ihrer Unterlippe herum, Sonja rollte mit den Augen, wie sie es auch in der Schule tat, wenn sie nachdachte. Vopelian flüsterte leise auf Griechisch. Und sogar Basileides erhob sich und stolzierte vor dem Sockel auf und ab, als zerbreche er sich seinen Vogelkopf über das Problem.
    Â»Der alte Herr kann mit Karols Hilfe ins Zimmer gelangen«, sagte Sonja dann langsam. »Aber ihm bleiben nur noch zwei Tage, habe ich das richtig verstanden? Danach ist die Tür weg und er hat Pech gehabt.«
    Â»Ja, aber das haben wir doch alles schon durchgekaut«, moserte Ines.
    Â»Warte doch mal! Was wäre denn, wenn wir den alten Herrn in eine Falle locken? Ihn einschließen, bis die zwei Tage um sind? Danach ist die Gefahr gebannt!«
    Â»Du spinnst ja. Der lässt sich doch nicht von zwei kleinen Mädchen irgendwo einsperren.«
    Â»Oder wir sperren Karol ein«, schlug Sonja vor. »Ohne ihn kann der alte Herr nicht ins Refugium. Und er hat es obendrein noch verdient!«
    Â»Du hast wohl vergessen, dass der alte Herr Julian entführt hat. Wir haben nicht die Zeit, Karol zu suchen und einzusperren. Wahrscheinlich lässt der Alte ihn eh nicht aus den Augen.«
    Sie fielen wieder in ihr Schweigen zurück. Ines dachte angestrengt nach. Sie versuchte, sich alles in Erinnerung zu rufen, was Agnes ihr über das Refugium erzählt hatte, in der Hoffnung, auf irgendeine Idee zu kommen. Sie dachte an ihren Besuch bei Agnes, als sie um den Grauweiher spaziert waren, Agnes ihr die vier Regeln erklärt hatte und auf den Steg geklettert war, von dem sie sich später in den Weiher gestürzt hatte.
    Wenn sie doch nur hier wäre, dachte Ines verzweifelt. Sie könnte mir bestimmt sagen, was ich tun soll.
    Sie dachte an Agnes’ gütiges Gesicht, an die Falten um ihre weisen Augen, an ihr langes graues Haar und das Lächeln ihrer eingefallenen Lippen. Sie dachte daran, wie Agnes mit ihrer schlanken Gestalt auf dem Steg gestanden, sich mit ihren alten Händen am Geländer festgehalten und über die Reuse gebeugt hatte …
    Und plötzlich fuhr Ines auf.
    Â»Ich hab’s!« Sie packte Sonjas Hand. »Sonne, ich nehme alles zurück. Was du gesagt hast, war genial.«
    Sonja blickte sie verwirrt an.
    Â»Wie? Was habe ich denn gesagt?«
    Â»Na, das mit der Falle! Dass wir dem alten Herrn eine Falle stellen müssen.« Ines lachte und klatschte in die Hände. »Was wir brauchen, ist eine Reuse!«
    Â»Eine Reuse?« Sonja wechselte einen ratlosen Blick mit Vopelian.
    Auch Basileides legte den Kopf schräg und starrte Ines an, als wäre sie nicht ganz bei Trost.
    Â»Was ist eine Reuse?«, fragte Sonja.
    Â»Eine Mausefalle, nur für Fische!« Ines war ganz aufgeregt. »Sie können hineinschwimmen, aber nicht heraus. So etwas brauchen wir für den alten Herrn.«
    Â»Mit Verlaub, Ines«, mischte sich Vopelian ein, »der Pharmakos ist kein Fisch.«
    Â»Das ist ja auch nur ein Bild! Wir müssen ihn an einen Ort locken, den er nicht mehr verlassen kann.«
    Â»Aber genau das habe ich vorhin gesagt«, wunderte sich Sonja. »Wir müssen ihn einschließen.«
    Â»Ja, aber nicht irgendwo. Sondern im Refugium!« Ines’ Augen leuchteten. »Das Refugium hat nur einen Eingang, nämlich die Tür. Wenn wir sie hinter dem alten Herrn verschließen, ist er gefangen. Er könnte dann nur durch das Fenster fliehen. Und das wird er nicht sehr gerne tun. Er fürchtet den Nebel, das weiß ich genau.«
    Â»Zu Recht«, sagte Vopelian bedächtig. »Für den Pharmakos ist der Nebel noch gefährlicher als für jeden anderen. Er besitzt in ihm keine Macht. Und ob er sich darin so gut zurechtfindet wie du, Ines, bezweifle ich.« Er rieb wieder nachdenklich seine Fingerknöchel. »Aber wie willst du die Tür verschließen?«
    Â»Ich könnte es mir wünschen«, triumphierte Ines. »Das Refugium erfüllt mir doch jeden Wunsch, oder? Ich könnte es bitten, die Tür zu verriegeln, sodass niemand herauskann. Auch nicht der alte Herr.«
    Vopelian wirkte wenig überzeugt. »Ich weiß nicht, ob das geht, kleine Ines.«
    Â»Warum nicht? Bei dir war es doch ganz ähnlich.« Sie deutete auf die offene Tür seines Refugiums an der Wand. »Du hast dir zwar nicht gewünscht, dass deine Tür verschwinden soll, aber ich glaube, insgeheim wolltest du nicht mehr an sie erinnert werden.

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