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INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)

Titel: INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Wegmann
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dramatischen, Akt bereichert werden. Genau wusste er natürlich selbst nicht, wie es weitergehen würde. Das war das Besondere an dieser einzigartigen Veranstaltung, die er produzierte. Sie lebte von der Kunst des Unberechenbaren und genau das machte den Reiz des Ganzen aus. Vor allem sein Hauptakteur war nun wahrlich die personifizierte Unberechenbarkeit, allerdings agierte er bislang ungefähr so, wie Richard es vorausgesehen hatte. Sid kam außerdem an bei den Leuten – entweder waren sie fasziniert von ihm, oder sie hassten ihn, aber den Kommentaren auf seiner Seite nach, ließ er kaum jemanden kalt. Richard sah sich selbst als Künstler des New Age, als Designer der Spontaneität und vor allem als einen Regisseur, dem kein anderer das Wasser reichen konnte. Was waren Kinofilme, die sich etlicher Computertricks bedienten und einer fiktiven Handlung folgten, doch langweilig im Gegensatz zu dem, was er geschaffen hatte. Ihm war zwar durchaus bewusst, dass er Straftaten beging, um sein Werk zu realisieren, aber das störte ihn nicht weiter. Die meisten großen Fortschritte in der Kunst basierten auf Wagnissen und Risiken. Manchmal erforderte es halt auch Opfer, um etwas Großartiges zu schaffen. Opfer wie Sarah oder diesen Obdachlosen, der außerdem selbst Schuld hatte, dass er als Futter für Sid und Anheizer seiner Show geendet war. Schließlich hatte ihn niemand dazu eingeladen, auf dem Grundstück herumzulungern, auch wenn dieser Umstand für Richard ein richtiger Glücksfall gewesen war. Andernfalls hätte er noch einiges an Mühe investieren müssen, um jemanden zu finden, den niemand vermissen würde. Denn ohne Menschenfutter wäre es nicht gegangen, da sein Projekt erst so richtig für Aufsehen und hohe Besucherzahlen auf der Webseite gesorgt hatte, nachdem Sid sich den alten Penner einverleibt hatte. Eigentlich hätte Richard es verdient, bei den bald stattfindenden Oscar-Verleihungen gefeiert zu werden, stattdessen würde der Welt aber vorenthalten werden, wer für diese herausragende Inszenierung die Verantwortung trug. Nichtmal seiner geliebten Mutter, die immer an ihn und seine kreativen Talente geglaubt hatte, würde er konkret von diesem Projekt erzählen. Sie musste ja nicht unbedingt erfahren, dass er die Regeln der Legalität ein bisschen überschritt. Er würde allerdings dafür sorgen, dass sie seinen Erfolg zu spüren bekam. Sie war nach einem Schlaganfall ans Bett gefesselt und Richard würde ihr die bestmögliche Pflegebetreuung, die es für Geld zu kaufen gab, organisieren. Er zog an seiner Zigarette, legte sie in einem Aschenbecher aus Glas ab, der auf dem Tisch stand, und wandte sich dem Monitor rechts von ihm zu. Nach zwei Mausklicks öffnete sich ein Fenster, das die aktuellen Verkaufszahlen seiner Show anzeigte. Mit Befriedigung stellte er fest, dass bislang über 7400 Menschen die Veranstaltung gebucht hatten und ständig neue hinzukamen. Mit etwas Glück würde die Webseite noch Tage, wenn nicht Wochen, online sein und immer neue Kunden anziehen. Die Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste dieser Welt konzentrierten sich im Internet vornehmlich auf das Aufspüren von Seiten über Kinderpornographie und von terroristischen Vereinigungen. Sein ausgeklügeltes Sicherheitssystem mit etwa einem halbem Dutzend Servern in Osteuropa und den USA würde es selbst den versiertesten Ermittlern nahezu unmöglich machen, den wahren Ort der Show aufzuspüren. Morgen um dieselbe Zeit, wäre er sowieso verschwunden und hätte alle Spuren verwischt. Dann würde er erst mal irgendwo Urlaub machen, wo es warm ist und sich darüber freuen, dass er in Kürze in den erlauchten Kreis der Millionäre aufsteigen würde. Das hatte er sich auch redlich verdient, denn er hatte sehr viel Arbeit und Energie in dieses Projekt gesteckt. Bereits als er vor Jahren bei einem Film Regie führte, der im Nachhinein von vielen Leuten als billiger Wrong Turn-Abklatsch bezeichnet wurde und der in den Videotheken zum Ladenhüter verkam, hatte er gewusst, dass er eines Tages etwas nie Dagewesenes, etwas Phänomenales schaffen würde. Schon damals hatte er begonnen, im Geiste sein Meisterwerk zu planen. Einige glückliche Fügungen trugen dann dazu bei, dass er vor ein paar Monaten mit der Realisierung starten konnte.

Dieses abgelegene Bauernhaus erschien ihm ideal für sein Vorhaben. Lediglich zum Unterzeichnen des Mietvertrages hatte er dem Makler gegenüber gestanden, der Rest wurde über das Internet abgewickelt. Er

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