INFAM - Die Nacht hat tausend Augen (German Edition)
Verschwinden zu ermöglichen und zu vertuschen, ohne viele Fragen zu stellen, aber in dem Fall wog der Nutzen den Preis mehr als auf.
Denise war mit ihrem Talent, verschiedene Rollen zu verkörpern so gesehen eine perfekte Besetzung für sein Meisterwerk, für ihn persönlich war sie außerdem eine Sexgöttin, aber eben auch eine Last und nun ein Sicherheitsrisiko. Nachdem die Live-Übertragung begonnen hatte - was natürlich erst der Fall gewesen war, nachdem er das Haus verlassen, sein Auto versteckt und seine provisorische Kommandozentrale in der Scheune betreten hatte -, hatte er akribisch darauf geachtet, dass ihr Gesicht möglichst nie in der Nahaufnahme zu sehen war. Außerdem war Denise stark geschminkt und er setzte ein spezielles Programm ein, um die Tonspur mit ihrer Stimme zu verändern. Die Ermittlungsbehörden würden, wenn sie den Film zu sehen bekämen, jedoch mit hochmoderner Technik, die seiner noch weitaus überlegen war, ein ziemlich genaues, biometrisches Bild von ihrem Aussehen erstellen können. Vermutlich würde man dieses in spezielle Computersysteme einspeisen und irgendwann, nachdem eine öffentliche Kamera sie erfasst hatte, würde ein Programm Alarm schlagen. Richard sah im Geiste vor sich, wie er mit Denise auf einem Flughafen stand und plötzlich ein paar Herren in dunklen Anzügen und mit Sonnenbrillen auf sie zukamen und sie höflich aber nachdrücklich baten, ihnen zu folgen. Mitgefangen, mit gehangen! Soweit durfte er es nicht kommen lassen. Vielleicht wäre es das Beste, wenn keiner das Haus lebend verlassen würde. Auf der anderen Seite hatte er immense Lust, seinen großartigen Erfolg heute Nacht später mit ihr zu feiern und ihr in irgendeinem Motel unter seinen erbarmungslosen Stößen exzessive Schreie der Hingabe zu entlocken. Sie war immerhin die einzige, die seine famose Leistung, welche er mit dieser Show erbracht hatte, direkt würdigen konnte. Von daher wäre es verlockend, noch ein wenig Zeit mit ihr zu verbringen. Dann konnte jeder seines Weges gehen und gut war es. Wobei er nicht genau einschätzen konnte, wie Denise reagierte, wenn er sich von ihr trennte. Sie war es anscheinend gewohnt in solchen Dingen die Entscheidung zu treffen, den anderen abzuservieren. Vielleicht würde sie ihn dann verraten, dachte Richard. Nun aber war nicht die Zeit, darüber weiter zu grübeln. Richard griff zu der Flasche Mineralwasser und trank einen großen Schluck. Jetzt galt es den finalen Akt einzuläuten und sein großartiges Werk würdig abzuschließen. Spontan kam ihm der Gedanke, dem verrückten Freak eine kleine Freude zu machen und Sarah gleichzeitig zu verhöhnen. Er öffnete einen Ordner mit Audio-Dateien auf seinem Computer und scrollte ein Stück weit runter. Dann klickte er eine Datei an, woraufhin eine computergenerierte, weibliche Kinderstimme im Haus erklang:
„Wir sagen jetzt fein gute Nacht, heute bist du zum letzten Mal erwacht.“ Danach kicherte die Stimme noch ein paar Sekunden vergnügt.
25
Sarah öffnete die Augen und im selben Moment schrie sie vor quälenden Schmerzen. Ihr rechtes Ohr tat weh, als hätte man ihr mit einer Maschine unzählige Ohrlöcher auf einmal gestochen. Die Wunden an ihren Händen brannten und das qualvolle Stechen in ihrem Unterleib drohte, sie fast zu zerreißen. Wäre ich doch nur besinnungslos geblieben .
Der Wahnsinnige saß auf ihr und öffnete seinen schrecklichen Mund, während er grunzte und schmatzte. Sarah kniff die Augen zu, als er plötzlich eine Art schrilles Quieken von sich gab.
„Das reicht. Runter von ihr!“, hörte Sarah Denise mit energischer Stimme sagen.
„Das Mädchen hat Sid weh getan“, sagte Sid in einem hohen, weinerlichen Ton.
„Ich hab gesagt runter von ihr!“
Sarah spürte, wie sich Sid von ihr löste und sie riskierte einen Blick. Denise zerrte Sid an den Schultern, während dieser laute Geräusche von sich gab, die Sarah an das Jaulen eines verwundeten Hundes erinnerten. Sid stieg von ihr runter und Sarah sah, wie Denise etwas aus ihrer Hosentasche zog. Sie drückte Sid eine schmutzige kleine Plüsch-Robbe in die Hand, die so verbraucht aussah, als hätte sie bereits unzählige Besitzer gehabt.
„Fiene!“, rief Sid erfreut, kicherte vergnügt und presste sich das Stofftier an die Wange.
„Reiß dich jetzt zusammen, sonst nehme ich sie dir wieder weg!“
„Nein!“, rief Sid erschrocken und wandte sich ab.
In was für einer Psycho-Hölle bin ich hier nur gelandet. Sarah
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