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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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gesagt, hat Claire Buckley ihn uns gegeben«, gestand ich. »Sie hat ihn gefunden – in deinem Kleiderschrank.«
    »Ein Brief, den ich geschrieben habe«, sagte sie. In ihrer Stimme lag nicht einmal ein Anflug von Zorn.
    »Ja«, sagte ich.
    »Was stand darin?«, fragte sie.
    Ich hatte im Präsidium der State Police eine Fotokopie des Briefes gemacht, die ich nun aus der hinteren Hosentasche meiner Jeans zog. Ich entfaltete das Blatt Papier und reichte es Julia.
    Sie betrachtete es einen Moment lang mit ausdruckslosem Gesicht. »Was möchtest du wissen?«, fragte sie schließlich, ohne jede Besorgnis in der Stimme.
    »Es klingt eindeutig wie ein Brief an jemanden, mit dem du eine Beziehung hattest«, sagte ich.
    »Das stimmt auch«, erwiderte sie gelassen. »Und die Beziehung besteht noch immer.«
    Die Beziehung besteht noch immer
. Diese schlichte Aussage traf mich wie ein Schlag. Meine Hoffnung, Julia würde alles erklären, all meine Zweifel zerstreuen, löste sich schlagartig in Luft auf. Meine Rückenschmerzen meldeten sich wieder. »Wer war …«, setzte ich an, ehe ich mich besann. »Wer ist
er

    »
Sie
«, betonte Julia.
    Es dauerte einen Moment, bis ich sicher war, dass ich sie richtig verstanden hatte. »Du hast … eine Beziehung mit einer Frau?«
    »Schockiert dich das?«
    »Nun, ja. Ich meine, nicht, dass es eine Frau ist.« Zugegeben, das war gelogen. »Sondern, dass es jemand anderen in deinem Leben gibt. Und es klingt nicht nach einer lockeren oder bedeutungslosen Beziehung.«
    »Ganz und gar nicht«, sagte sie. »Sie gibt mir Kraft. Wie es in dem Brief steht: Seit dem Tag, an dem ich dich zum ersten Mal gesehen habe.«
    »Wann hat es angefangen?«
    »Vor sechs oder sieben Monaten.«
    »Und die Sache läuft noch immer?«
    »Ja.«
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«, fragte ich. »Lebt sie auf der Insel?«
    »Sie lebt in Manhattan. Während des Sommers fliege ich einmal pro Woche zu ihr, wenn ich kann.« Julia lächelte. »Ansonsten telefonieren wir, fünfzig Minuten lang.«
    »Fünfzig Minuten lang …« Ich stockte.
    Julia schüttelte den Kopf und sah mich an, als wäre ich schwer von Begriff. »Sie ist meine Therapeutin«, erklärte sie. »Marion Eisenstadt. Ihr habe ich diesen Brief geschrieben. Ich habe ihn nie abgeschickt, weil ich ihn für … na ja … unpassend und ein wenig morbid hielt.«
    Ich konnte es einfach nicht glauben. »Der Brief war an deine Therapeutin gerichtet?«, bemerkte ich skeptisch.
    »Ich kann dir ihre Nummer geben, wenn du es überprüfen willst«, sagte sie. »Ich habe ihr noch andere Briefe geschrieben.«
    War das möglich? Könnte Julia einfach so verzweifelt nach Beistand gesucht haben, dass sie ihre Hand nach jedem ausgestreckt hatte, einschließlich North und ihrer Therapeutin? War es möglich, dass sie mich für eine andere und umfassendere Rolle in ihrem Leben ausgewählt hatte, so wie ich sie? Ich wünschte mir von ganzem Herzen, es wäre wahr. »Ich brauche ihre Nummer nicht«, erwiderte ich.
    Sie überflog den Brief, dann sah sie mich an. »Ich war an diesem Tag sehr niedergeschlagen.«
    Diese Bemerkung lieferte mir eine ideale Überleitung zu meiner zweiten Sorge. »Der Vers, den du am Ende geschrieben hast, klingt so, als hättest du Todesgedanken gehabt«, sagte ich.
    »Ist das die höfliche Art, mich zu fragen, ob ich darüber nachgedacht habe, meine Tochter umzubringen?«, fragte sie.
    »Versteh mich bitte. Ich muss diese Fragen …«
    »Ich hatte das Gefühl, mein Leben wäre zu Ende, Frank. Ich hatte das Gefühl, ich hätte mich an Darwin verkauft. Beantwortet das deine Frage? Ich wusste ja nicht, wie viel schlimmer die Dinge werden konnten – bis …« Sie kämpfte mit den Tränen. »Bis ich Brooke verloren habe«, presste sie hervor.
    »Wir können uns ein andermal weiter unterhalten«, sagte ich.
    Sie räusperte sich. »Vielleicht habe ich es mir selbst zuzuschreiben«, fuhr sie fort. »Vielleicht will Gott mir eine Lektion erteilen. Ich hätte nichts weiter tun müssen, als Win zu verlassen. Aber ich war schwach. Erbärmlich. Und ich habe an dem Haus und den Kunstwerken und all dem Quatsch gehangen.«
    »Aber du hast gelernt, was wirklich zählt«, sagte ich. »Damit hast du mehr erreicht als die meisten Menschen in ihrem Leben.« Es wunderte mich selbst, wie schnell ich wieder bereit war, mich auf ihre Seite zu stellen.
    »Wenn ich dich verloren habe, dann solltest du es mir jetzt sagen«, bat sie.
    Das klang wie ein Ultimatum. Vielleicht

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