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Infam

Infam

Titel: Infam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Ablow
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hatte keinen Sinn, mir selbst das Messer in den Rücken zu rammen, wenn andere Leute das weit besser konnten.
    Ich fuhr mit dem Aufzug zur pädiatrischen Intensivstation hinauf und lenkte meine Schritte automatisch zu Tess’ Zimmer. Als ich sah, dass ein fünf- oder sechsjähriges asiatisches Kind in dem Bett lag, blieb ich abrupt stehen und ließ meinen Blick über die Fenster der anderen Zimmer schweifen, doch Tess lag in keinem von ihnen. Augenblicklich zog mein Verstand den tragischsten Schluss – dass ihr Herz den Kampf verloren hatte. Ich hielt eine junge Krankenschwester an, die gerade vorbeikam. »Ich bin einer der Ärzte, die an dem Bishop-Fall arbeiten«, erklärte ich. Ich brachte es nicht über mich, die offensichtliche Frage zu stellen. »Sie war gestern noch hier«, sagte ich stattdessen.
    »Können Sie sich ausweisen?«, fragte die Frau.
    Ihre Reaktion schien meine Befürchtung zu bestätigen. Sie verlangte einen Beweis, dass ich zum Krankenhauspersonal gehörte, bevor sie mir die traurige Nachricht überbrachte. Mir wurde schwindlig.
    »Ist alles in Ordnung?«, erkundigte sie sich. »Möchten Sie sich hinsetzen?«
    Bevor ich antworten konnte, trat John Karlstein durch die automatische Tür der Station. »Frank!«, rief er hinter mir.
    Reflexartig drehte ich mich um und überdehnte dabei meine aufgeschlitzten Muskeln. »Gott«, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Meine Mutter hat mich zumindest früher immer dafür gehalten«, feixte Karlstein. »Seither aber niemand mehr. Bain hat mir erzählt, was dir passiert ist. Kannst du dich noch an diesen Raubüberfall vor etwa einem Jahr erinnern? Diese Gasse sollte wie ein Stadion beleuchtet sein. Verklag das Krankenhaus, Mann.«
    »Ich glaube, ich verzichte darauf.«
    »Irgendeine gottverdammte Versicherungsgesellschaft muss blechen«, sagte er. »Was kümmert es dich? Die legen uns schließlich auch kräftig aufs Kreuz, oder nicht? Du solltest mir einen Finderlohn geben, weil ich es vorgeschlagen habe.«
    Wahrscheinlich sollte das ein Scherz sein, aber bei Karlstein war ich mir da nie ganz sicher. »Was ist mit dem Bishop-Baby passiert?«, fragte ich, während ich mich auf das Schlimmste gefasst machte. »Schlechte Nachrichten?«
    »Nur für meine Bilanz«, antwortete er. »Wir haben sie auf die Beobachtungsstation verlegt. Sie ist über das Schlimmste hinweg. Der Schrittmacher wirkt wahre Wunder.«
    Die Beobachtungsstation ist eine Unterabteilung der Kardiologie, wo die Herzen der Patienten zwar noch immer überwacht werden, jedoch in einer entspannteren Umgebung. »Gott sei Dank«, seufzte ich.
    »Wir hatten ein bisschen Ärger, bevor sie verlegt wurde«, sagte Karlstein.
    »Inwiefern?«
    »Der Milliardär. Er wollte das Baby sehen – unbedingt.«
    »Wer hat ihn davon abgehalten?«
    »Deine Freundin. Wie sich gezeigt hat, besitzt sie ganz schön Rückgrat.«
    »Meine Freundin …«
    »Julia. Die Mutter.« Karlstein zwinkerte mir zu, was von seiner Vermutung zeugte, dass Julia und ich uns nahe standen. »Sie war bereits ein paar Stunden, bevor ihr Mann hier eingetrudelt ist, beim Gericht. Hat ein vorläufiges Kontaktverbot gegen ihn erwirkt. Sie hatte alle nötigen Papiere sorgfältig in einem Umschlag parat. Unser Wachdienst hat ihm und seinen Leibwächtern die Tür gewiesen.«
    »Er ist mit seinen Leibwächtern hergekommen?«
    »Ich nehme zumindest an, dass sie das waren. Sie waren größer als ich.«
    Mir war klar, dass dies nicht die letzte Konfrontation gewesen war. »Wie hat Julia sich gehalten?«
    »Sie hat sich nichts anmerken lassen, solange ihr Mann hier war, aber dann ist sie zusammengebrochen. War in Tränen aufgelöst. Ich hab Caroline Hallissey noch einmal zu ihr geschickt, nur um sicherzugehen, dass sie sich wieder in den Griff bekommen würde.«
    »Und?«
    »Hallissey hat ihre eigenen Ansichten«, antwortete Karlstein ausweichend.
    »Was hat sie gesagt?«
    »Nichts Vernünftiges.«
    »Komm schon, John. Raus damit.«
    »Sie war der Meinung, dass Mrs. Bishops Aufregung
gespielt
war«, sagte er, »dass sie ihre Emotionen vorgetäuscht hat, um uns dazu zu bringen, uns Sorgen um sie zu machen.«
    »Hattest du auch das Gefühl?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wenn das gespielt war, dann verdient sie dafür einen Oscar. Du kennst mich, ich bin nicht der Mitleids-Typ. Wenn ich einen Psychiater hole, und noch dazu
zweimal,
dann muss jemand schon in einem wirklich schlimmen Zustand sein.«
    »Na ja, trotzdem vielen Dank, dass du mir

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