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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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Dauerregen des Jahres gefallen –, kam es weder zu Kreislaufkrisen noch einer Atemlähmung. Sein ganzes finales zur Wand gedreht Liegen war bisher ein Fehlschlag.
    Was hielt ihn am Leben? Sein Wissen um die eine Stunde mit Mayla vor allem. Sein Nachkosten jeder Minute, jeder Sekunde, jedes großen Augenblicks. Und er las. Gussmann las alles, was in den Zeitungen über die Umstände der Revolution stand, und entdeckte dabei den Namen Kurt Lukas neben dem einer Italienerin in der Liste der Helden. Elisabetta Ruggeri. Wie mochte die aussehen? Schlampig, aber hübsch? Er kannte Italienerinnen nur aus Filmen und setzte sich Signora Ruggeri aus so vielen Bildern zusammen, daß sie ihm am Ende monströs erschien und er den Mann bedauerte, der das Bett mit ihr teilte. So verging wieder eine Nacht, und ein weiterer Lebenstag begann. Sein Vertrauen in den Tod nahm ab. Offenbar zählte er zu der Sorte, die nur gefällt werden kann. Aber darauf wollte er nicht warten. Er hatte sich den März vorgenommen, und der März war noch nicht zu Ende; eine Woche müßte reichen, um zu sterben. Seine Angelegenheiten waren soweit geregelt. Flores bekäme alles, obgleich sie nichts wollte; die Bestattungskosten waren entrichtet. Schriftlich hatte er nur festgehalten, daß er keine Sakramente wünsche und sich auch jede posthume Annäherung der einstigen Mitbrüder Butterworth, McEllis, Dalla Rosa, Horgan, Pacquin und Gregorio an seine Person verbitte, wobei er Horgan gerne ausgenommen hätte. Doch Horgan fehlte leider die Kraft, um als Privatmann Blumen auf ein Grab zu streuen, man würde ihn schieben, ja, ihm die Hand führen, eine Demonstration der Versöhnung wäre die unvermeidliche Folge. Nein, auch Horgan nicht. Keine Blumen von einer Seite, die seine Liebe für Altersferkelei hielt. Wilhelm Gussmann bestand auf der Kluft. Für alle Zeiten , wie es in seinem knappen Testament hieß.
    Was hielt ihn noch am Leben? Dreimal in der Woche kam Mayla. Sie kam, wenn Flores neuerdings in Malaybalay eine von zwei Lehrerinnen ins Leben gerufene Frauengruppe mit dem Thema Wilde Ehen besuchte und danach bei einer Cousine schlief. Mayla kam, von Flores ausdrücklich um diese Besuche gebeten, nach der Arbeit und blieb eine Stunde. Eine Stunde, in der sie für ihn und sich Essen bereitete, das Essen mit ihm einnahm, spülte, sein Gesicht wusch, das Laken glattstrich und wieder ging. Bis auf dieses Waschen, es dauerte nur eine Minute, hätte sie sich alles sparen können; so wäre auch das Sterben vorangekommen. Aber das durfte er ja nicht wollen. »Du mußt essen«, sagte sie. »Ich komme nur, wenn du leben willst.« Und darum aß er für diese Minute, in der Mayla als Zugabe manchmal auch seine Brust wusch, ja, sogar die Achselhöhlen. Über ihre gemeinsame Nacht, die keine war, hatten sie nie mehr gesprochen, und je länger dieses Schweigen währte, desto unglaublicher erschien ihm das Geschehene. In gewisser Weise war es schon wieder wie vorher, er träumte davon. Aber auch das hielt ihn am Leben, gerade das. Nur die ordinäre Musik, die Ferdinand während Doña Elviras Abwesenheit auflegte, und die zunehmenden schweren Regenfälle trugen zu seinem Ende bei.
    An einem Abend, als er Maylas Besuch entgegensah, lastete die Luft in der Hütte wie ein feuchter Mantel auf ihm. Seit Stunden hatte er geschwitzt und gefroren. Da gab es mehr zu waschen als Gesicht und Achseln – Gussmann griff nach den Zeitungen und bedeckte seine Blöße mit dem Blatt, auf dem die beiden Namen standen. Mr. Kurt Lukas and Mrs. Elisabetta Ruggeri. Wenn Mayla ihn wusch, hatte er immer die stille Hoffnung, sie würde dieses Namenspaar entdecken. Darauf stoßen wollte er sie nicht. Er war ja zerrissen, was sie und Kurt Lukas anging. Sie liebte den werten Herrn, das stand fest. Aber war ihm dieses Glück zu gönnen? Und war es ihr zu gönnen? Er kämpfte gegen die Kleinlichkeit aller Eifersüchtigen. Wollen mußte er ihr Glück; und während der Besuche sollte sie davon erzählen, sogar in der einen Minute. Noch größere Leiden sollte sie ihm bereiten. Obwohl Mayla ihn keineswegs quälte, sie war nur höllisch aufmerksam. Wie schaust du mich an, fragte sie, wenn sie ihm etwas länger den Rücken zuwandte, und er hatte dann jedesmal auf ihre Kniekehlen gestarrt. Aber selbst bei diesen kleinen Tadeln blieb sie sanft gegen ihn. Auch wusch sie ihn sanft, sanft in den Ohren, sanft hinter den Ohren. Und summte dabei. Was wollte sie? Ihn einschläfern, aus dem Verkehr ziehen? Offenbar

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