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Infanta (German Edition)

Infanta (German Edition)

Titel: Infanta (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bodo Kirchhoff
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hat. Der Reihe nach bemühten wir uns um ihn. Etwas Grießsuppe? sagte ich. Oder lieber vom Artischokkenbrei? fragte McEllis. Dalla Rosa versuchte es mit Konfitüre, unser Novize schob ihm den Reis hin. Alles lehnte er höflich ab. Nach dem Essen blieben wir beisammen, schälten Nüsse und warteten auf die Achtuhrnachrichten; mit etwas Bourbon schien der Abend auszuklingen. Doch kaum war Maylas Bühne zu, hob Horgan den Kopf und flüsterte aus heiterem Himmel: Was mich sehr interessiert, Mister Kurt – sahen Sie Maylas Schönheit sofort?
    Das Nüsseschälen hörte auf, wir sahen zu unserem Gast, der sein Gesicht zwischen die Hände nahm und nur ja sagte. Aber sicher kennen Sie doch eine Reihe von schönen Frauen, hakte ausgerechnet McEllis nach. Wieder ein klares Ja. Darauf Horgan, hauchend: Ich nehme an, durch Ihre Arbeit als Tennislehrer, die Sie offenbar einfach ruhen lassen können. Wir alle sahen sein verstecktes Lächeln, und Mister Kurt ging in die Offensive. Jeder hier im Raum wisse, aus welchem Grund er immer noch da sei. Aber notfalls würde er gehen. Und das schon morgen früh. Es klang überzeugend, und wir schälten unsere Nüsse weiter, bis Pacquin plötzlich sagte: Dann lieben Sie Mayla nicht, Mister Kurt! Dann haben Sie kein Recht, sie zu empfangen. Ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, wir wurden alle leichenblaß, nur der Novize wurde rot. Aber betretenes Schweigen blieb uns erspart, denn in der Bude hatte gerade unsere Königin der Nacht zum Mikrophon gegriffen; eigentlich die übliche Störung um diese Zeit, wenn die Dame nicht den Schnupfen gehabt hätte. Um es kurz zu machen: Immer wieder zog sie hoch, und das durch ihre Lautsprecher. Jedenfalls wurde deutlich, daß diese Station kein Reich für sich ist, und Mister Kurts Entgegnung fiel auch entsprechend weltlich aus. Über Liebe kann ich schwer reden. Doch ich genieße Maylas Nähe, das bestreite ich nicht. Ich halte sie gern im Arm und liebe ihren Geruch und könnte sie mit keiner anderen Frau vergleichen; eine sanfte Ohrfeige von ihr ist ein Geschenk, und es macht mich froh, meine Nase in ihr weiches Haar einzutauchen – genauso drückte er sich aus. Ich habe jedes seiner Worte auf den Knien mitgeschrieben, übrigens auch McEllis. Ein eindrucksvoller Vortrag, erwiderte Pacquin. Ich könnte damit fortfahren, bot unser Gast an. Oh, nein, Mister Kurt, wozu? – Wörtliche Antwort: Weil Sie mit Ihrem Herrn Jesus oder Gottvater oder dem Heiligen Geist nun einmal leider keine Nacht verbringen können! – Weit gefehlt, versetzte ich, wir verbringen jede Nacht mit den dreien! Die anderen bestätigten dies, und wir betrachteten den Verstummten mit einer gewissen Genugtuung, ja, ich muß gestehen, wir zeigten ihm unser berühmtes, ein ganzes Dorf von Ungläubigen unter die Fittiche nehmendes Götzenlächeln. Die Achtuhrnachrichten unterbrachen dann diese Veteranenseligkeit. Der Empfang war miserabel, die Meldungen deprimierend, die Entführung wurde mit keinem Satz mehr erwähnt. Pacquin sprach ein Gebet und stand auf. Aber anstatt sich zurückzuziehen, kam er auf Mister Kurt zu und schaute ihn aus seinen Perlmuttaugen an. Unser Superior, wie immer auf du und du mit dem Tod, zeigte dem Gast sein heugelbes Gesicht und sagte: Ich möchte Sie mir anschauen, Mister Kurt, wenn Sie sich etwas herabbeugen würden. Und der lange Bursche machte sich kleiner und kleiner und bemerkte erschrocken: Father, mir scheint, Sie können mich gar nicht sehen. – Der Eindruck ist richtig, mein Lieber. Kurzes Schweigen. Dann: Ja, aber Sie schreiben doch . . . Und unser Pacquin seelenruhig: Warum denn nicht? Father Horgan spielt ja auch Tennis. Sprach’s und zwinkerte über das ganze Gesicht und schlich mit seinen winzigen Schritten davon, und unserem Gast, so war mir, graute es etwas. Er sagte kein Wort, nahm sich nur einen beachtlichen Bourbon und trat vor die Bücherwand; natürlich ließen wir ihn dann in Ruhe. Dalla Rosa schob Horgan hinaus; McEllis ging mit der Bemerkung, in Infanta gebe es nicht so viel Papier, wie er füllen könnte, und so waren schließlich nur noch Mister Kurt, der Novize und ich im Raum. Augustin wirkte nervös. Offenbar wartete er darauf, mit Mister Kurt allein zu sein, der Himmel weiß, warum. Und was wird nun mit dem Kühlschrank? fragte ich ihn, worauf er einen Plan aus seiner Hose zog, der dem Ungeheuerlichen dieses Abends die Krone aufsetzte. Alles Nähere dazu morgen, denn ich brauche jetzt Schlaf. Im Moment nur soviel: Der

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