Infantizid
müssen ihn schützen.«
»Sie haben die Kennzeichen von den Fahrzeugen des Komitees?« Arndt riss überrascht seine Augen auf. Das war ein echter Fortschritt. Nach einer Weile hatte er sich wieder gefasst. »Das sind ja gute Nachrichten. Nur haben Sie ein echtes Problem. Wenn der Cleaner heute früh losgeschickt wurde, wird er in nicht allzu langer Zeit in Kaunas eintreffen. Vorausgesetzt, er ist die ganze Zeit gefahren. Und dann wartet ein Empfangskomitee auf Ihren Matti Klatt. Was soll ich dabei tun?«
Hubaczek sah Arndt in die Augen, bevor er sprach: »Sie müssen vor Matti Klatt in Kaunas eintreffen, ihn warnen und den Cleaner unschädlich machen. Eine Beschreibung und ein Bild von beiden bekommen Sie. Niemand weiÃ, dass Sie das Flugzeugunglück überlebt haben. Das ist der Vorteil, der Ihnen vielleicht helfen kann.«
»Wenn ich an unser Gespräch von vorhin denke und zwei und zwei zusammenzähle, ist dieser Matti Klatt derjenige, der für den Angriff auf das Bundeskanzleramt vorgesehen ist?«, fragte Arndt.
»Ja, nach unseren bisherigen Erkenntnissen und dem, was Sie uns gesagt haben, gehen wir inzwischen davon aus.«
»Ich sage es Ihnen so, wie es ist. Die Aussicht auf Erfolg tendiert gegen null. Mit unheimlich viel Glück könnte ich den Cleaner abfangen. Wenn er bereits im Lager ist, kommt jede Hilfe zu spät. Dann kann ich nur versuchen, Matti Klatt daran zu hindern, hineinzugelangen. Wobei ich noch nicht mal weiÃ, wie und wann er dort hinkommt. Falls wir diese Probleme gelöst haben, müssen wir uns etwas ausdenken, um die Kaserne zu sabotieren. Also gut. Ich brauche leichte Waffen, Funkgeräte, Landkarten von der Gegend um die Grenze, ein Satellitentelefon und einen schnellen Hubschrauber.«
Hubaczek hatte sich alles notiert.
»Erklären Sie mir Ihren Plan?«, fragte er.
»Zuerst rufe ich einen polnischen Freund an, der in der Nähe der Grenze zu Litauen wohnt. Zbigniew. Der kann einige Vorbereitungen treffen. Und zu genau diesem Mann muss mich der Hubschrauber bringen. Die Karten brauche ich für den Grenzübertritt. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Regeln Sie alles und holen Sie mich hier raus.«
Wo bekomme ich leichte Waffen und einen Hubschrauber her, überlegte Hubaczek, während seine innere Unruhe ihn automatisch in den Laufschritt versetzte. Er befand sich schon wieder auf dem Weg in Bräunigs Büro.
»Kein Problem«, sagte der Hauptkommissar zu Hubaczek, als dieser ihm von Arndts Forderungen berichtete. »Wir sollen die Aktion so durchführen, wie wir es für richtig halten. Wir werden einen Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes bekommen. Der wird alles Notwendige an Bord haben. Und noch etwas. Wir beide sollen morgen früh in die Bundesparteizentrale der SPD kommen. Wir werden den Innenminister und den Bundeskanzler treffen. Die Tatsache, dass wir die Kennzeichen der Komiteemitglieder haben, hat den Minister sichtlich erfreut. Wir wollen gemeinsam die nächsten Schritte planen. Wie findest du das?«
»Endlich geht ein lang gehegter Wunsch von mir in Erfüllung«, flachste Hubaczek. »Ich spreche mit dem Kanzler meine nächsten Arbeitsschritte durch. Und wenn mir seine Vorschläge nicht gefallen, dann sage ich ihm das. Nein, im Ernst. Eine kleine Chance haben wir doch noch. Es ist Licht am Ende des Tunnels. Verlieren wir keine Zeit. Es ist jetzt Mitternacht, wann wollen wir losfahren?« Hubaczek war seine Erleichterung anzusehen.
»Wir fahren Punkt 1 Uhr los. Die anderen koordinieren die Fahndung nach dem Hessen und bauen einen ordentlichen Vorgang auf. Protokolle, Zeugenvernehmungen und Ermittlungsakten zusammentragen und so weiter. Wir bleiben in ständigem Kontakt untereinander«, sagte Bräunig.
Beide verlieÃen gleichzeitig das Gebäude. Der Wind hatte sich endlich wieder gelegt, aber es war bitterkalt.
Matti Klatt hatte vor zwei Minuten den ersten Halt auf polnischem Gebiet hinter sich gebracht: Rzepin.
Es war 23:58Â Uhr, als sich der Zug wieder in Bewegung setzte.
Samstag, 1. November 2003, 9:05Â Uhr, Bundesparteizentrale
Für den SPD-Parteivorstand gab es an diesem Samstag im Willy-Brandt-Haus in Berlin-Kreuzberg viel zu besprechen. Man traf sich schon früh, um 7 Uhr. Bundeskanzler Schreiber, gleichzeitig Vorsitzender seiner Partei, hatte die ganze vergangene Woche damit zu tun gehabt, die Wahlniederlage vom 26. Oktober in
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