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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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Brandenburgs Kommunen zu verarbeiten. Seine jüngst ins Leben gerufene Agenda 2010 stieß auf heftige Kritik. Zu allem Überfluss sollte an diesem 1. November eine große Demonstration gegen den Sozialabbau mit über 100.000 Beteiligten stattfinden. Organisatoren dieser Kundgebung waren wieder einmal die Gewerkschaften.
    Und dann galt es, den am 17. November in Bochum beginnenden Bundesparteitag vorzubereiten. In der Ruhrkongresshalle wurden 500 Delegierte, 4.600 Besucher und 1.400 Journalisten erwartet. Im Vorfeld dieses Parteitages stand Bundeskanzler Schreiber schwer unter Beschuss durch die linke Strömung seiner eigenen Partei. Die Regierung müsse sehr viel klarer machen, dass die Agenda 2010 kein Ziel an sich, sondern nur ein In­strument sei, um soziale Ziele erreichen zu können. Das war nur eine der Aussagen. Diese kleinen, fernsehgeilen Wichtigtuer, sagte er sich im Stillen.
    Froh, während der ersten Sitzungspause ein paar Minuten allein sein zu können, stieß er einen nicht stubenreinen Fluch aus, als es an seiner Bürotür klopfte. In diesem Höllenjob kannst du keine Minute du selbst sein, dachte er. Nach seinem »Herein« betrat Innenminister Schilling das Büro. Er setzte sich zum Kanzler an den niedrigen Klubtisch und sagte zu ihm: »Wolfgang, ich weiß, dass dein Terminkalender aussieht wie ein Schnittmusterbogen, man blickt irgendwann ohne fremde Hilfe selbst nicht mehr durch. Deswegen ist es hier und jetzt die einzige Möglichkeit, dich über ein Ereignis zu unterrichten. Und zwar mindestens zwei Stunden lang. Allein, nur wir beide.«
    Â»Hast du den Verstand verloren? Weißt du, was wir heute noch alles regeln müssen?« Bundeskanzler Schreibers Laune wurde durch die Aussage seines Innenministers nicht besser.
    Â»Ich weiß, aber wenn wir nicht sofort Maßnahmen ergreifen, brauchst du bald gar keinen Termin mehr wahrnehmen, geschweige denn etwas regeln. Uns gibt es dann nämlich nicht mehr.« Schilling verzog keine Miene.
    Â»Du siehst nicht so aus, als wenn du einen Witz machen wolltest. Gegen wen müssen wir Maßnahmen einleiten, gegen die Opposition?«, fragte Schreiber.
    Â»Leider nein, es ist viel schlimmer.« Schilling holte seine eigenen Notizen aus seiner Tasche und berichtete dem Bundeskanzler von ›Infantizid‹. Er informierte ihn über die Aussagen von Arndt aus dem Weimarer Hotel, über das Gespräch mit Hauptkommissar Bräunig sowie über ihr letztes Telefonat von vergangener Nacht. Bundeskanzler Schreiber hörte mit unbewegtem Gesicht zu. Aber wenn man genau hinsah, konnte man an seiner geschwollenen Halsschlagader sehen, was in ihm vorgehen musste.
    Â»Die Polizisten aus Weimar, Staatsanwalt Dr. Müller, du und ich sind die Einzigen, die von der Sache wissen. Und natürlich die Beteiligten an dem Plan«, schloss Schilling seinen Bericht.
    Â»Großer Gott! Wir wissen nicht, wann der Tag X ist? Was schlägst du vor?«
    Â»Erkläre den Leuten da draußen, dass du die nächsten Stunden unabkömmlich bist. Die zwei Polizisten aus Weimar müssten theoretisch unten am Eingang stehen. Auf Anweisung holt mein Sicherheitschef beide hier hoch. Sie haben das komplette Gespräch der Befragung von diesem Arndt dabei. Gestern wurden schon erste Maßnahmen eingeleitet. Welche genau, erkläre ich dir nachher.« Schilling zündete sich eine Zigarette an und wartete auf die Reaktion des Bundeskanzlers.
    Â»So wird es gemacht, hol sie her. Ich rede mit ihnen. Vor allen Dingen darf nicht irgendein Presseheini Wind von der Sache bekommen. Nein, niemand, auch kein anderes Regierungsmitglied, darf davon etwas wissen. Beeilen wir uns.«

    Matti Klatt hatte vor zwei Stunden Warschau passiert. In diesem Moment befand er sich in Puławy Miasto, zwei Stunden vor der ukrainischen Grenze.

    Der Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes war ein Eurocopter SA-330, besser bekannt unter dem Namen ›Puma‹. In ihm fanden normalerweise bis zu 20 Mann plus die beiden Besatzungsmitglieder Platz. Heute flog nur ein Mann mit, Peter Arndt. Der Hubschrauber hatte Zusatztanks mit an Bord, denn seine Reichweite betrug normalerweise nur 570 Kilometer. Die Strecke, die zurückgelegt werden musste, maß jedoch 1.094 Kilometer. Das Dorf im Nordosten Polens hieß Dzierwiany. Gegen 4:30 Uhr morgens war der Hubschrauber Puma in Weimar gelandet und hatte Peter

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