Infantizid
wiederholte ständig nur diese vier Worte: âºHolt Matti Klatt her!â¹ Es muss für ihn unheimlich wichtig sein. Also haben wir in unseren Computern nachschauen lassen und festgestellt, dass es tatsächlich einen Matti Klatt in Weimar gibt. Irgendwo mussten wir ja anfangen. Die Suche nach anderen Klatts in Thüringen und bundesweit läuft noch. Offensichtlich kennt er Sie. Schade, dass der Name Ihnen nichts sagt.« Hubaczek war enttäuscht, es wäre auch zu schön gewesen.
»Nein, wirklich nicht. Wissen Sie was? Das Beste ist, wenn ich mitkomme und mir den Knaben mal anschaue. Vielleicht kann ich mich im Moment nur nicht erinnern. Wenn ich ihn gesehen habe, kann ich Ihnen vielleicht doch weiterhelfen.«
Manchmal hat man auch Glück mit seinen Mitmenschen, dachte Hubaczek. Dieser hier ist einer der immer seltener werdenden Spezies. Ohne viel zu fragen und dummes Zeug zu reden, macht er einen vernünftigen Vorschlag. Gerade wollte ich ihn fragen, ob er mitkommen könnte.
Matti Klatt zog sich an und beide fuhren gemeinsam in die Klinik.
Samstag, 25. Oktober 2003, 2:30Â Uhr, Unfallklinik
In der Zwischenzeit installierte Kommissar Fischer von der Kriminaltechnik auf Anordnung von Bräunig ein hochempfindliches Mikrofon im Zimmer des verunglückten Mörders. Fischer hatte sich zur Tarnung einen weiÃen Kittel angezogen. Er befestigte das Mikro in der Nähe der vielen medizinischen Apparaturen so, dass es für den Schwerverletzten nicht zu sehen war. Der Hauptkommissar hatte ihn schnell kommen lassen, nachdem der Mörder vor einiger Zeit kurz aufgewacht war. Vielleicht konnte man ihn doch noch vernehmen oder er sagte möglicherweise irgendetwas in seinem Dämmerzustand. Egal, sie wollten jede Chance nutzen.
Der Mörder war bei Bewusstsein, hielt aber seine Augen geschlossen. Es befand sich jemand im Zimmer, das spürte er.
Ist es wie jetzt in diesem Moment, wenn man stirbt? Sieht man wirklich ein weiÃes, grelles Licht? Oder wird es schlagartig dunkel, so, als würde man den Schalter einer Lampe betätigen? Ich darf nicht das Bewusstsein verlieren, ich muss wach bleiben und durchhalten, bis er kommt. Hoffentlich hat der Arzt den Namen verstanden. Er muss es einfach gehört haben! Das wird meine letzte Mission sein. Ich erfülle meinen Auftrag und kann dann in Ruhe sterben. Für unsere Sache. Für die es sich wirklich lohnt zu sterben. Die vor einigen Jahren meinem Leben wieder einen Sinn gab. Wenn ich diesen Auftrag erfüllt habe, werde ich unvergessen sein. Es ist gut so.
âºDie Verletzung am Kopf ist zu stark, er wird das kaum überlebenâ¹, hat der Arzt vorhin zu der Schwester gesagt und ich habe es gehört. Mit geschlossenen Augen habe ich dieses Urteil vernommen. Noch aber ist es nicht vollstreckt. Mir kommt es so vor, als ob ich nicht mehr richtig hören kann, betäubt bin, kraft- und schwerelos. Als ich das letzte Mal wach wurde, konnte ich alles nur schwarz-weià sehen, keine Farben mehr. Es ängstigt mich, dass die Zeit knapp wird, ich spüre es. Matti Klatt, wo bleibst du? Du musst es erfahren, bevor ⦠Er verlor erneut das Bewusstsein.
»Vielen Dank, Herr Klatt, dass Sie gekommen sind. Ich bin Hauptkommissar Bräunig. Meine Mitarbeiter Fischer und Kratzenstein. Herrn Hubaczek kennen Sie bereits. Der Name Peter Arndt sagt Ihnen nichts?«
»Nein, absolut nichts. Wo liegt er? Ich sehe ihn mir mal an, vielleicht kommen wir dann weiter«, antwortete Matti Klatt.
»Leider ist er gerade wieder ohne Bewusstsein und sein Kopf ist fast vollständig verbunden.« Wieder juckte die Oberlippe von Bräunig.
»Der Name Peter Arndt steht in seinem Ausweis?«
»Ja, wir fanden ihn bei seinen Sachen. Hier ist er, sehen Sie selbst.«
Matti Klatt hielt den Ausweis in der Hand und erkannte die Person auf dem Bild sofort. Sicher, es waren ein paar Jahre vergangen, aber die Gesichtszüge waren dieselben geblieben, die leichte Stupsnase, das dünne Haar, die dunklen Augenbrauen und der stark ausgeprägte Kehlkopf.
»Leute, hier liegt eindeutig ein Irrtum vor. Der Mann auf dem Foto heiÃt Ralph Jentzsch, ist 42 Jahre alt und hat vor 20 Jahren in Berlin gelebt. Ich habe mit ihm eineinhalb Jahre zusammen in einem Zimmer gehaust, Tag und Nacht. Ganz sicher. Ich brauche nicht sein Gesicht zu sehen, um ihn zu identifizieren. Schauen Sie nach, er müsste beschnitten sein und eine Narbe
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