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Infantizid

Titel: Infantizid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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von einer Blinddarmoperation haben.«
    Kratzenstein ging sofort in das Krankenzimmer. Nach nicht einmal einer Minute kam er zurück.
    Â»Es stimmt beides«, sagte er.
    Sie standen alle vor dem Krankenzimmer auf dem Flur und schwiegen. Jeder musste diese Neuigkeit erst mal verarbeiten. Hubaczek brach das Schweigen.
    Â»Ich habe den Eindruck, wir fischen in trüben Gewässern. Das wird ja immer seltsamer. Erst die ungewöhnliche Art des Tötens bei dem Raubüberfall. Zum Glück für uns baut er einen Unfall. Dann stellt sich heraus, dass er gar nicht derjenige ist, dessen Name in dem Ausweis steht. Natürlich müssen wir das noch untersuchen lassen, aber ich verwette meinen Arsch, dass dieser Ausweis absolut echt ist. Stellen sich also gleich wieder neue Fragen. Warum ändert er seine Identität und wie kommt er an einen echten Ausweis? Was hat das alles mit Matti Klatt zu tun?«
    Â»Genau auf diese und einige andere Fragen werden wir Antworten finden«, sagte Bräunig. »Wir machen es so: Hubaczek, finde alles über Peter Arndt und Ralph Jentzsch heraus, Geburts- und Wohnort, Ausbildungen, Familienstand, Beruf oder Tätigkeit. Hatten sie Unfälle, litten sie an Krankheiten, wie waren ihre sexuellen Ausrichtungen? Einfach alles! Fischer, du trägst alles zusammen, was kriminaltechnisch für uns relevant ist, vom Tatort über das Unfallauto bis hin zu seinen Sachen. Kratzenstein, setz dich an den Computer und durchforste alle Datenbanken! Ich will wissen, ob es solche oder ähnliche Überfälle dieser Art bereits gegeben hat. Sieh auch bei den Tötungsdelikten nach, die eventuell eine annähernd gleiche Handschrift tragen. Der ganz große Treffer wäre es, wir fänden so einen Fall. Ich habe da gestern Abend was gelesen. Es ging um einen Mord in Berlin, die Einzelheiten sind detailliert aufgeführt, kümmere dich darum. Wir treffen uns Punkt sechs in der Dienststelle.«
    Eine Nachtschwester trat an die Beamten heran. »Er ist gerade wieder zu sich gekommen.«
    Â»Gut, macht euch auf die Spur. Herr Klatt, Sie gehen erst mal allein zu ihm. Wir halten uns zurück. Versuchen Sie, langsam und deutlich zu sprechen, wegen des Tonbandes. Lassen Sie ihn reden. Wir brauchen so viele Informationen wie möglich.«
    Â»In Ordnung, das ist mir zwar alles schleierhaft, aber ich gebe mein Bestes.«
    Matti Klatt schloss die Tür hinter sich und trat an das Bett. Es schien ihm alles so unwirklich. Er wurde aus dem Schlaf gerissen und kurze Zeit später stand er hier in der Klinik vor seinem einstigen besten Freund. Er lief um das Bett herum und sah, in welch schlechtem Zustand sich der Verletzte befand. Von Kopf und Körper führten fast ein Dutzend Schläuche und Leitungen an irgendwelche Apparaturen. Die Kurve des Pulsschlages auf dem Monitor schlug relativ gleichmäßig aus. Der Kopf war vollständig verbunden, man konnte nur die Augen und den Mund sehen. Der linke Arm war eingegipst und stand seitlich ab.
    Â»Hallo, Ralle, lange nichts gehört«, sagte Matti Klatt leise.
    Jentzsch schlug die Augen auf und drehte den Kopf ein wenig zur Seite. Matti Klatt hatte den Eindruck, dass er ihn nicht richtig sehen konnte.
    Â»Hallo, Husky.«
    Er erkannte ihn! Mit dieser Begrüßung stieg ein Gefühl von Vertrautheit in ihm auf. Seinen Spitznamen hatte er seit über 20 Jahren nicht mehr gehört. Nach Beendigung der Dienstzeit in der Armee kannte diesen im zivilen Leben niemand. Sie nannten ihn damals aufgrund seiner blauen Augen und seiner schon frühzeitig auftretenden   – mit 18 Jahren – ersten grauen Haare so.
    Â»Du … siehst … gut … aus … Husky«, flüsterte Jentzsch matt.

    Oktober 1978, Insel Rügen, ein Teil der Ostküste, in unmittelbarer Nähe von Binz mit traumhaften Sandstränden
    Matti Klatt war müde und ausgebrannt. Der Restalkohol machte ihm zu schaffen. Das große Tor wurde mit Absicht krachend zugeschlagen und es wurde noch mindestens eine Minute lang heftig daran gerüttelt. Es war symbolisch gemeint: Dieses Tor war endgültig zu, ein Zurück gab es nicht mehr. Und so verstanden es auch die 100 jungen, teilweise verängstigten Freiwilligen des Jahrgangs 1978. Sie selbst sollten es ein Jahr später ebenso mit den Neuankömmlingen machen. Nur würden sie dann nicht mehr wie Milchbubis aussehen, sondern sollten im Gesicht

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