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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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lange dunkle Zunge, wie die eines Warans, zwischen den Lippen hervor und schmeckte die Luft. »Ich glaube dir nicht«, erklärte sie schließlich.
    »Deine Heimat?«, sagte Angelese herausfordernd. »Worauf sie wirklich gedeiht sind Lügen, sämtliche Lügen der Weltgeschichte. Meine Heimat lebt von der Wahrheit.«
    »Falls du mich davon zu überzeugen versuchst, dass Engel nicht lügen, muss ich leider widersprechen. Ich persönlich kenne einen Engel, der seit fünftausend Jahren ziemlich wirkungsvoll lügt.«
    »Ich kann deine Seele ins Fegefeuer entlassen«, sagte Angelese.
    Stille breitete sich aus.
    »Du hast deinen Glauben in Luzifer gesetzt«, fuhr Angelese fort. »Und nun sieh dir an, was du bekommen hast. Setz deinen Glauben lieber in Gott. Ich bin eine seiner Abgesandten.«
    Die Maémaè starrte sie nur an, die Lippen über den Fangzähnen in ehrfürchtigem Lächeln geöffnet.
    »Du hast nichts zu verlieren«, schloss Angelese.
    Auf dem Schreibtisch lag ein einzelnes, ziemlich unscheinbar gebundenes Buch. In goldenen Lettern stand darauf: APPENDICES. Anmutig nahm die Maémaè das Buch in die Hand und reichte es Angelese; doch als die es in dem trüben Licht öffnete, runzelte sie die Stirn. »Die Seiten sind immer noch leer. Verarsch mich nicht.«
    Die Maémaè seufzte wie jemand, der soeben von einem verloren geglaubten Liebhaber umarmt wurde. Ihr Lächeln leuchtete immer noch, dann schloss sie die Augen, wandte sie zur Decke und erhob die Arme.
    Plötzlich füllte sich das Gewölbe mit dem hellsten Sonnenlicht.
    Wieder sah Angelese in das Buch und sagte heiser: »Mein Gott …«
    Doch Cassie war wie gelähmt vor Schreck. In ihrem Kopf drehte sich alles, ihre Gedanken überschlugen sich, und als sie den Engel anfunkelte, schien daraus blanker Hass. »Du mieses Stück …«, zischte sie.
    Angelese sah sie fassungslos an. »Cassie, was hast du denn?«
    »Du Schlange!«, schrie Cassie. Die Worte trafen Angelese in die Brust wie eine Maschinengewehrsalve, warfen sie rückwärts über das Geländer des Podestes und schlugen sie zu Boden. Das Buch flog davon ins gleißende Licht. Als Cassie zum Geländer lief und auf den Boden blickte, sah sie eine benommene Angelese, die mühsam aufzustehen versuchte.
    »Lass mich dir beim Aufstehen HELFEN!«, brüllte Cassie, und dann stellte sie sich riesige Hände vor, die Angelese am Hals packten und sie zehn Meter hoch in die Luft hoben. Der Engel quiekte vor Entsetzen, wild mit den Füßen tretend und mit den Armen rudernd. »Was machst du da?«, keuchte sie.
    »Ich wusste nicht, dass du Leute aus der Verdammnis erlösen kannst!«
    »Ja, kann ich.« Angelese wand sich, das Gesicht verdunkelte sich von dem unsichtbaren Würgegriff. »Jeder Engel meines Ranges kann das. Es ist einer von Gottes frühesten Kodices. Ich kann alle tausend Jahre eine Seele aus der Verdammnis befreien.«
    »Dann befrei gefälligst meine Schwester ! Schick meine Schwester ins Fegefeuer!«
    Die Hände drückten fester zu.
    »Das kann ich nicht«, brachte der Engel mühsam hervor. »Wenn ich es könnte, würde ich es tun, aber es ist mir nicht möglich.«
    »Aber du hast doch gerade gesagt …«
    »Deine Schwester kann nicht erwählt werden.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie Selbstmord begangen hat!«
    Cassies Wut stürzte ins Bodenlose, und Angelese beinahe auch, als Cassie aus Reflex den telekinetischen Griff lockerte. Was habe ich nur getan, was hab ich getan? Sie ließ Angelese so sanft wie möglich herunter, dann fiel sie auf die Knie.
    »Es tut mir so Leid«, flehte sie. »Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
    Angelese rang nach Luft und rieb sich den Hals. »Ist schon gut.«
    »Nein! Es tut mir ehrlich Leid!«
    »Vergiss es. Du bist ein Mensch. Menschen sind völlig durchgeknallt.«
    Wem sagst du das , dachte Cassie.
    Angelese nahm das Buch der Appendices in die Hand und sah wieder hinein.
    Die Maémaè war von dem Podest geschwebt und stand an der Seite, der vollkommene Körper eine schlanke, kurvenreiche Silhouette. Ihr Lächeln brannte sich in Cassies Augen. Trotz der winzigen Reißzähne war es ein Lächeln des Wohlwollens, nicht das Gegenteil, kein aus der Hölle geborenes Lächeln.
    »Nicht alle Engel haben Flügel«, sagte sie zu Cassie. Wieder schloss sie die blutroten Augen und erhob die Arme.
    »Cassie«, sagte Angelese. »Ich muss meinen Teil der Abmachung einhalten. Zerstöre sie.«
    Cassie verstand. Sie mochte die Maémaè, daher suchte sie nach einer schmerzlosen

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