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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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ich immer so müde.«
    Hab ich das gerade richtig verstanden? Cassie verlangte nach Klärung. »Soll das heißen, du wohnst in einem der Zimmer auf der Station? Ich dachte, du wärst ein Engel. Und jetzt erzählst du mir, du bist eine Patientin?«
    Angelese lachte. »Nein, nein, ich wohne nur in dem Zimmer. Ich konnte es mir nicht aussuchen, das Zimmer hat mich ausgesucht. Jeder Rekrut des Ordens der Caliginauten kann physisch in der Welt der Lebenden nur Todespunkte bewohnen. Wir werden von der Dunkelheit angezogen – das ist Teil unseres natürlichen Lebensraumes.«
    Das musste Cassie auf sich wirken lassen. Engel werden von der Dunkelheit angezogen . »Und was ist an dem Zimmer am Ende des Flurs so toll?«
    »Über die Jahre haben in dem Raum mehrere Dutzend Patienten Selbstmord begangen. Als das Sanatorium erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts eröffnet wurde, wurden sogar einige Patienten vom Personal in diesem Raum ermordet. Den Behörden gegenüber wurde behauptet, es seien Selbstmorde gewesen. Die Verwandten bezahlten gelegentlich die Mitarbeiter dafür, um sie loszuwerden oder um an ihr Erbe zu kommen.«
    »Wie freundlich.«
    »Jedenfalls bin ich im Moment dort. Wenn du in das Zimmer direkt gegenüber ziehen würdest, könnten wir uns besser unterhalten.«
    »R.J. wird mir kaum ohne Grund ein anderes Zimmer geben. Was soll ich ihm denn sagen? Bitte lass mich in das andere Zimmer ziehen, damit ich mich mit einem Engel unterhalten kann? Du weißt schon, die Caliginautin, die’s gern dunkel hat? Er und Morse würden mir genug Thorazin verpassen, um King Kong umzuhauen.«
    »Sag ihm einfach, du möchtest es wegen dem schönen Blick auf den Garten haben.«
    Ein Versuch kann ja nicht schaden , dachte Cassie. Sie blinzelte, ihr fiel auf, dass Angelese eine Kette mit einem Anhänger um den Hals trug. »Was ist das? Eine Art Stein?«
    An einer Silberkette baumelte ein dunkelvioletter Stein in der Form eines auf den Kopf gestellten V. »Das ist ein Tetramit – ein Tarnstein«, erklärte der Engel. »Er verbirgt meine Aura, wenn ich in der Welt der Lebenden bin. Menschen können zwar meinen physischen Körper nicht sehen, aber sie könnten meine Aura sehen. Alle Engel haben Auren oder Gloriolen. Du als Ätherkind hast in der Hölle immer …«
    »Ich weiß, ich habe auch eine Aura.« Während ihrer Abstecher in die Mephistopolis hatte sie immer ihren Onyxring tragen müssen, um das Licht ihrer Lebenskraft zu dämpfen. Sonst hätten die Constabler oder andere Höllenbewohner sie sofort erkannt.
    Angelese nahm die Kette ab und sofort füllte sich der Duschraum mit einem glitzernden hellgrünen Licht, das einen lodernden Ring um ihren Kopf herum entfachte.
    »Wow!«, entfuhr es Cassie.
    »Was wow ? Mit wem sprechen Sie da?«, krächzte eine strenge Stimme. Sadie, die Aufpasserin. »Ist da ein Junge bei Ihnen in der Dusche?« Das breite Gesicht der Frau spähte um die Ecke.
    »Ein Junge?« Cassie sah Angelese an. »Nicht ganz. Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich manchmal mit mir selbst spreche. Alles in Ordnung.«
    Sadie wirkte nicht überzeugt. Ihr finsterer Blick suchte den langen Raum ab. »Na, dann beeilen Sie sich jetzt mal.« Stirnrunzeln. »Und übrigens erleichtert es das Duschen ungemein, wenn man sich tatsächlich unter den Wasserstrahl stellt«, nörgelte sie und zog beleidigt ab.
    »Sie ist wirklich ein Schatz«, frotzelte Angelese und drehte den Kopf, um Sadie nachzusehen. Dabei bemerkte Cassie etwas auf dem Rücken des Engels, auf beiden Seiten der Wirbelsäule. Zwei Buckel oder etwas in der Art.
    »Ist was mit deinem Rücken?«, fragte sie.
    »Ach, das sind nur meine Flügelansätze«, erwiderte Angelese. »Ich bin ein terrestrischer Engel, wir müssen uns die Flügel amputieren lassen. Das ist Teil unserer Initiation in den Orden.«
    Allein das Wort – amputieren – ließ Cassie mit den Zähnen knirschen. »Du hast dir die Flügel abschneiden lassen?«
    Angelese zuckte lässig mit den Schultern. »Klar, das ist eine Bedingung für meinen Seraphim-Orden – für jeden terrestrischen Orden. Manche Engel haben sechs Flügel, manche vier, manche zwei, andere haben Greifflügel, die sie auf dem Rücken zusammenfalten können. Wieder andere Orden haben Flügel, die durch bestimmte Tarnsteine, Schleierbalsame und Maskierungszauber getarnt werden können. Und wieder andere Engel – die Ornataphrim und die Magitoren – haben überhaupt keine Flügel.«
    »Kann denn jeder Engel auf die Erde kommen?«
    »Einige,

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