Inferno - Höllensturz
Wasser gesehen.«
»Weiß nicht. So achtzehn, neunzehn.«
»Versuch’s mal mit fünftausend.«
Meine Fresse .
Cassie wartete auf Sadie, die Stationswärterin, doch die Frau ließ sich nicht blicken. Der Fernseher auf dem Schreibtisch lief ohne Ton. Daneben lag eine Ausgabe der St. Petersburg Times . Cassies Blick blieb an der Schlagzeile hängen.
RADIOAKTIVE EXPLOSION LAUT ARMEESPRECHER KEIN TERRORANSCHLAG. Was ist denn hier los? Cassie nahm die Zeitung in die Hand, doch weiter unten entdeckte sie rasch noch eine weitere Überschrift mit lokalem Bezug. MASSENHYSTERIE IN DANNELLETON.
Dannelleton? Das ist doch hier bei der Klinik?
»Mhm … Mach mal den Fernseher lauter.«
CNN lief; Cassie stellte laut. Eine Nachrichtensprecherin, die mehr aussah wie eine Verkaufskanal-Moderatorin, berichtete gerade: »… merkwürdige und verheerende Explosion, die in der letzten Nacht die geheimnisvolle Bibliothek in Laurel, Maryland, vollständig zerstörte. Die Leichen von fünf Wachleuten und einem noch nicht identifizierten Zivilisten wurden von der örtlichen Feuerwehr geborgen. Augenzeugen berichteten von einer kleinen pilzförmigen Wolke, die genau zur Zeit des Zwischenfalls über dem Ort des Geschehens aufstieg. Schnell verbreiteten sich Gerüchte, nach denen die Einrichtung das Ziel eines Terroranschlags geworden sei. Doch Verantwortliche der Armee und der Nuklearbehörde wiesen diese Gerüchte bald zurück. Man habe am Ort des Geschehens keine radioaktive Strahlung gemessen. Auch sonst gebe es keinerlei Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund. Vertreter der örtlichen Behörden erklärten später, der furchtbare Unfall sei die Folge einer geplatzten Erdgasleitung …«
»Wohl kaum«, knurrte Angelese.
»Wovon redest du überhaupt?« Cassie wurde langsam ärgerlich.
»Jetzt stell doch mal den lokalen Nachrichtensender ein.«
Von mir aus . Cassie gehorchte. Hier sprach gerade ein Reporter, der ganz offenbar vergessen hatte, sich die Haare zu kämmen. »… die kleine, aber malerische Innenstadt von Dannelleton durch einen Großbrand verwüstet. Darüber hinaus gab es Berichte über Erdbeben, Stromausfälle, Störungen des Mobilfunknetzes wie auch des Polizeifunks sowie einen übel riechenden Rauch und laute Schreie.« Der Sprecher lächelte. »Vertreter der Gesundheitsbehörde in Pinellas County schreiben diese Beobachtungen einem typischen Fall von Massenhysterie zu. So etwas kommt häufig nachts vor, bei eingeschränkten Sichtverhältnissen oder während traumatischer öffentlicher Krisensituationen. Inzwischen erklärten der Feuerwehrhauptmann und sein Team, der Brand sei durch eine geplatzte Gasleitung ausgelöst worden und …«
»Wer’s glaubt, wird selig«, sagte Angelese.
Cassie stellte den Ton wieder ab. »Willst du damit sagen, dass es nicht stimmt?«, fragte sie misstrauisch. Wenngleich sie zugeben musste, dass zwei geplatzte Gasleitungen schon ein merkwürdiger Zufall waren. »Was weißt du über die Sache?«
»Kann ich dir nicht sagen.«
»Warum?«
Die Stimme in der Luft hielt inne, beinahe verängstigt. »Weil ich mich nicht traue. Aber ich erzähle es dir bald. Beziehungsweise werde ich es dir zeigen. Es gibt gewisse Dinge, die ich dir nicht sagen darf. Wenn ich es doch tue … werde ich bestraft. Und glaub mir, das tut weh.«
»Ich weiß immer noch nicht, wovon du überhaupt redest.« Cassies Frustration stieg.
»Hab einfach Geduld.«
»Geduld ist nicht gerade meine Stärke.«
Sadie kam herein, eine Augenbraue hochgezogen. Sie hat bestimmt gehört, wie ich mit Angelese gesprochen habe , vermutete Cassie. Na und, sie hält mich sowieso für verrückt . »Hallo Cassie«, begrüßte die gedrungene, stämmige Frau sie. Ihre blonde Dauerwelle sah aus wie eine große Portion Pommes, und ihr spießiges Kostüm hätte an so ziemlich jeder anderen Frau hübsch ausgesehen, nur an ihr sah es leider furchtbar aus. Egal, was sie anzieht, sie wird immer aussehen wie eine Gefängniswärterin im Frauenknast , dachte Cassie. Immer wenn ein weiblicher Patient auf der Station untersucht wurde oder duschte, musste eine Aufsichtsperson dabei sein. Das war Sadies Job.
»Falls sie lesbisch ist«, bemerkte Angelese, »dann hat sie sich auf jeden Fall den richtigen Job ausgesucht.«
Cassie musste sich auf die Lippe beißen, um nicht laut loszulachen. Sie ging hinter der rundlichen Wärterin her zu den Duschen.
Sadie war immerhin so höflich, den Blick abzuwenden, als Cassie den Bademantel auszog und in
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