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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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inbrünstig, bitte sag nichts über Candice …
    »Ich will mal hoffen, dass du nicht immer noch dieser gehirnamputierten blonden Sportler-Matratze nachheulst. Vergiss die Alte, Mensch. Scheiße, ich hab sie gerade vorhin erst gesehen, wie sie einem Typen hinter der Baseball-Tribüne einen geblasen hat. Ruf mich zurück, Brüderchen.«
    PIEP
    Nächste Nachricht. Eine Stimme, die er nicht kannte, ein Mann. »Hey du Weichei, hör dir das mal an. Das hab ich aufgenommen, als ich es ihr das letzte Mal besorgt habe.« Dann hörte man ein Klacken, ganz offenbar wurde die Wiedergabetaste an einem Kassettenrekorder gedrückt. Zuerst kam ein fernes Zischen, dann ein Crescendo aus Stöhnen und Quieken. Ganz eindeutig eine Frau auf den Höhen orgastischer Lust.
    Walter wusste sofort, dass es Candice war.
    Muss einer von den Typen aus dem Football-Team gewesen sein , überlegte er. Warum sollte jemand so etwas tun, so etwas Gemeines? , fragte er sich. Doch er kannte die Antwort bereits. Die Menschen waren einfach gemein, deshalb. Candice war gemein. Die Wirklichkeit war zu ihm durchgedrungen. Er wusste Bescheid. Candice ging es einzig und allein darum, mit möglichst vielen gut aussehenden Muskelpaketen Sex zu haben. Walters Gefühle waren ihr völlig gleichgültig. Scheißegal, dass er der Einzige war, der sie wirklich liebte.
    Seine Verzweiflung wuchs, die Härchen auf seinen Armen stellten sich auf wie statisch aufgeladen. Er beäugte das Gewehr in der Zimmerecke, dann fiel sein Blick auf das gerahmte Bild von Candice auf seinem Schreibtisch. Daneben an der Wand hing ein Bild von Colin, und ihm fiel ein, dass es eigentlich richtig wäre, seinen Bruder noch ein letztes Mal zu sehen, bevor er sein Vorhaben in die Tat umsetzte. Doch darüber konnte er jetzt nicht nachdenken. Er wollte seinen Bruder nie wieder sehen, denn dann müsste er sich nur noch weitere Sticheleien über Candice anhören. Eines seiner Schulbücher lag offen auf dem Bett und ganz entgegen seiner Art tat Walter etwas Impulsives und Respektloses: Er pinkelte auf das offene Buch. Was spielte das schon für eine Rolle?
    Obwohl er immer noch keinen Appetit hatte, verließ er das Wohnheim und machte sich auf den Weg in die Studentencafeteria. Eine letzte Mahlzeit schien angebracht, sogar konventionell, und Walter war sicherlich ein junger Mann mit einem Sinn für Konventionen. Es war inzwischen spät, man konnte aus der Ferne die diversen Studentenpartys hören. Partys, zu denen Walter noch nie eingeladen worden war und nun wohl niemals eingeladen werden würde. Er trottete weiter durch die Nacht, der gewundene Bürgersteig auf der einen Seite hell erleuchtet von der Bibliothek, auf der anderen Seite dunkel. Immer wieder blickte Walter zu der dunklen Seite hinüber … er hätte schwören können, dass sich dort etwas bewegte. Figuren. Gestalten, die ihm folgten, neben ihm her zu schweben schienen. Doch als er angestrengt hinsah, konnte er nichts entdecken.
    Die Cafeteria war in grelles Neonlicht getaucht; Walter schirmte die Augen ab. Warum mochte er das Licht plötzlich nicht mehr? In Anbetracht seiner Stimmung und dessen, was er sich bald antun würde, war die Dunkelheit vielleicht einfach passender. Er dürfte später nicht vergessen, alle Lichter im Wohnheim auszuschalten, wenn er sich den Lauf der Remington an die Stirn drücken würde. Ja, die Dunkelheit erschien ihm angemessen. Die Dunkelheit würde tröstlich sein.
    »Was willst du?«, fragte die schwerfällige Frau mit dem Haarnetz hinter dem Tresen gereizt.
    Ich will Candice , dachte er.
    »Jetzt komm schon, Junge, ich hab nicht die ganze Nacht Zeit«, fuhr sie ihn an.
    Sie schien es eilig zu haben, doch ein Blick über die Schulter bestätigte Walter, dass hinter ihm niemand in der Schlange stand. Warum war sie so gemein zu ihm? Plötzlich wollte er sie in ihrem Bottich voll dampfendem Chili ertränken, einfach ihren Kopf eintunken und unten halten. Er wollte sich ein einziges Mal im Leben wehren, wenigstens einen patzigen Kommentar zurückgeben wie: »Mach’s dir doch selbst, du Seekuh!« Oder: »Beug dich vor und steck dir deine Chilidogs in den fetten Arsch!« Doch alles, was Walter entgegnete war: »Entschuldigung, Miss, ich möchte bitte einen Chilidog und eine Sprite.«
    Sie verzog den Mund und bereitete schlampig seine Bestellung zu. Er zahlte und trug sein Tablett an einen Tisch. Außer ihm befand sich nur ein Pärchen in der Cafeteria, ein Junge und ein Mädchen, offensichtlich kamen sie aus

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