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Inferno - Höllensturz

Inferno - Höllensturz

Titel: Inferno - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Lee
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verpassen ihm eine hiermit, mit dieser Munition.«
    »Ja?«, fragte Walter.
    »Eine Ladung in den Kopf und er hat keinen Kopf mehr.«
    »Die nehme ich!«, hatte Walter heiter verkündet.
    Und nun saß er hier in seinem Wohnheimzimmer, um Mitternacht, und hielt eben diese Waffe in der Hand, die ihm der nette Mann in Tampa verkauft hatte. Hatte er etwa im letzten Moment noch Bedenken? Walter war sich nicht ganz sicher. Er war sich schon sicher, dass er nicht mehr leben wollte, das war ja schon mal etwas. Ein linkischer Streber? Verliebt in ein Mädchen, mit dem er absolut nichts gemein hatte? Ein Mädchen, das ihn niemals lieben würde? Worauf sollte er sich freuen, wenn er sich zum Weiterleben entschloss? Es spielte keine Rolle, wie schlau er war, oder wie viel Geld er eines Tages in der freien Wirtschaft verdienen würde. Ohne Candice konnte er niemals glücklich sein.
    Es war höchste Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
    Das nervtötende Lied im Radio lief immer noch: »This is what you want …«
    Walter nahm das gerahmte Bild von Candice in die Hand und betrachtete es …
    »… this is what you want …«
    Dann sah er wieder auf die Waffe …
    »… this is what you get …«
    Das sagte doch wohl alles.
    Walter setzte sich mit dem Gewehr aufs Bett. Er legte eine Patrone ein. Dann entsicherte er. Er platzierte den Gewehrlauf an seine Stirn, beugte sich vor und legte den Daumen auf den Abzugshahn.
    »This is what you want …«
    Ich liebe dich, Candice.
    »… this is what you get …«
    BUMM!

KAPITEL SIEBEN

I
    Cassie strich sich eine Strähne ihres gebleichten Haars aus der Stirn. Sie war aufgewühlt, aber vor allem fühlte sie sich unbehaglich, wand sich auf dem harten Stuhl vor R.J.’s Schreibtisch. Seine Notre-Dame-Kappe hatte er tief in die Augen gezogen, was ihm ein strenges Aussehen verlieh.
    »Weißt du, wie du aussiehst?«, fragte er endlich, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Wie eine durchgeknallte Goth-Braut in einer Irrenanstalt?«
    »Nein, wie ein unscheinbares kleines Mädchen, das im Büro des Schuldirektors sitzt, weil es unartig war.«
    Sie wünschte, es wäre so einfach. Einen blauen Brief mit nach Hause nehmen und eine Woche Stubenarrest bekommen. Was sollte sie sagen?
    R.J. seufzte und beugte sich über die Akten auf seinem Tisch. »Also gut. Warum um den heißen Brei herumreden? Ich frage einfach und du kannst antworten. Warum hast du sämtliche Lampen in der Dusche zertrümmert?«
    »Das kann ich dir nicht sagen.«
    »Ich bin dein Arzt. Warum kannst du es mir nicht sagen?«
    »Weil du mir nicht glauben würdest. Du würdest denken, ich bin völlig irre, und du würdest mir Medikamente geben.«
    »Cassie, ich könnte dich ohnehin auf Medikamente setzen, nach diesem Auftritt. Also, warum hast du das getan?«
    »Ich … habe eine Neonlichtphobie.«
    »Sehr komisch. Du hast Sadie halb zu Tode erschreckt. Sie dachte, du würdest dich da drin umbringen.«
    »Keine Sorge, ich bringe mich nicht um. Nicht vor der nächsten Tour von Rob Zombie.«
    R.J. behielt seinen strengen Gesichtsausdruck bei.
    »Mann, das war ein Witz!«, beschwerte sich Cassie. »Versteht denn hier niemand mehr einen Witz?«
    »Das ist kein Ort für Scherze. Wir wissen nicht, was mit dir los ist, Cassie, und das bringt uns in eine prekäre Lage. Die Testamentsvollstrecker deines Vaters zahlen uns eine Menge Geld, um für dein Wohl zu sorgen, und um dich vor dem Staatsanwalt zu schützen, während sie sich auf deinen Prozess vorbereiten.«
    »Der Prozess ist doch ein Witz. Es gibt keinerlei Beweise.«
    »Nein, die gibt es nicht. Und bisher deuten deine Tests und dein Verhalten auf eine stabile, soziale Persönlichkeit, die nicht zu Brandstiftung und Mord in der Lage ist. Das habe ich in dein psychiatrisches Gutachten geschrieben. Aber klär mich auf: Was soll ich in deinen heutigen Bericht schreiben? Nach deiner Aktion in der Dusche, wie kann ich da weiterhin behaupten, mit dir sei alles in Ordnung?«
    »Vielleicht ist ja tatsächlich alles in Ordnung mit mir.«
    R.J. hob frustriert die Hände. »Dann hilf mir doch. Warum hast du die Dusche kurz und klein geschlagen?«
    Einen winzigen Augenblick überlegte sie, ob sie ihm wirklich die Wahrheit sagen sollte; sie überlegte, ob sie sagen sollte: Ein Umbraphantom hat meinen Schutzengel gefoltert, also habe ich das Licht zerschlagen, weil ich hoffte, weniger Licht würde die Kraft des Phantoms schwächen. Denn sie wurde gefoltert, weil sie mir verbotene Informationen gegeben

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