Inferno
gewechselt.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Eine innere Stimme sagte mir, dass Sie so etwas nie tun würden. Professor Robert Langdon ein Verräter? Nein. Ich wusste, dass etwas anderes dahinterstecken musste. Aber Amnesie? Unglaublich. Darauf wäre ich nie gekommen.«
Der Mann kratzte sich nervös. »Hören Sie, ich habe nur fünf Minuten. Wir müssen hier raus. Jetzt sofort. Wenn ich Sie gefunden habe, dann schaffen das auch die Leute, die Sie töten wollen. Hier geht Vieles vor, das Sie nicht verstehen. Wir müssen nach Venedig. Sofort . Die Frage ist, wie wir Sie ungesehen aus Florenz bringen. Die Leute, die Dr. Sinskey in ihrer Gewalt haben … die, die auch hinter Ihnen her sind … diese Leute haben ihre Augen und Ohren überall.« Er deutete zur Tür.
Langdon rührte sich nicht. Er wollte endlich Antworten. »Wer sind die Soldaten in den schwarzen Monturen? Und warum versuchen sie, mich zu töten?«
»Das ist eine lange Geschichte«, antwortete der Mann. »Ich erzähle Ihnen alles unterwegs.«
Langdon runzelte die Stirn. Die Antwort gefiel ihm nicht. Er nahm Sienna beiseite und flüsterte: »Vertrauen Sie ihm? Was denken Sie?«
Sienna sah Langdon an, als hätte er den Verstand verloren. »Was ich denke? Ich denke, dass er für die World Health Organization arbeitet! Ich denke, dass er unsere beste Chance ist, endlich ein paar Antworten zu bekommen!«
»Was ist mit seinem Ausschlag?«
Sienna zuckte mit den Schultern. »Was er gesagt hat, stimmt: eine allergische Hautreaktion.«
»Und wenn es keine Allergie ist?«, flüsterte Langdon. »Was, wenn es etwas … anderes ist?«
»Etwas anderes?« Sienna sah ihn ungläubig an. »Robert, das sind keine Pestbeulen. Er ist Arzt, um Himmels willen. Wenn er eine hochansteckende Krankheit hätte und das wüsste, würde er sicher nicht leichtsinnig in einem Touristenzentrum herumlaufen, wo er Leute aus aller Welt anstecken könnte.«
»Und was, wenn er nicht weiß, dass er infiziert ist?«
Sienna schürzte die Lippen und dachte kurz nach. »Dann ist es für Sie und mich ohnehin zu spät … und auch für jeden anderen in der Gegend hier.«
»Wissen Sie, den Umgang mit Patienten sollten Sie lieber noch ein wenig üben.«
»Ich bin nur ehrlich.« Sienna reichte Langdon den Plastikbeutel mit der Totenmaske. »Sie können Ihren kleinen Freund ruhig selbst tragen.«
Als die beiden zu dem Mann zurückkehrten, beendete der soeben ein Telefongespräch. »Ich habe meinen Fahrer angerufen. Er wird uns vor dem …« Der Mann verstummte. Er starrte auf Langdons Hand und sah zum ersten Mal das tote Gesicht von Dante Alighieri.
»Himmel!«, keuchte er und wich unwillkürlich zurück. »Was zum Teufel ist das?«
»Das ist eine lange Geschichte«, antwortete Langdon. »Ich erzähle Ihnen alles unterwegs.«
KAPITEL 60
Der New Yorker Verleger Jonas Faukman wachte auf, als das Telefon in seinem heimischen Arbeitszimmer klingelte. Er rollte sich herum und sah auf seinen Wecker: 4.28h.
In der Verlagswelt waren frühmorgendliche Notfälle ebenso selten wie ein Erfolg über Nacht. Entnervt stieg Faukman aus dem Bett und lief den Flur hinunter in sein Büro.
»Hallo?«
Eine vertraute Baritonstimme antwortete ihm. »Jonas, Gott sei Dank, Sie sind daheim. Ich bin es. Robert. Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt.«
»Natürlich haben Sie mich geweckt! Es ist vier Uhr morgens!«
»Tut mir leid, ich bin in Europa.«
Und in Harvard lehrt man keine Zeitzonen?
»Ich stecke in Schwierigkeiten, Jonas. Sie müssen mir einen Gefallen tun.« Langdon klang angespannt. »Es geht um die Firmenkarte für NetJets.«
»NetJets?« Faukman stieß ein ungläubiges Lachen aus. »Robert, wir sind ein Verlag . Wir nutzen keine Privatflugzeuge.«
»Wir wissen beide, dass das nicht stimmt, mein Freund.«
Faukman seufzte. »Okay, lassen Sie mich das anders formulieren. Wir haben keine Privatflugzeuge für Autoren, die dicke Bücher über Religionsgeschichte schreiben. Wenn Sie Fifty Shades of Iconography schreiben wollen, können wir darüber reden.«
»Jonas, egal was der Flug kostet, ich werde es zurückzahlen. Sie haben mein Wort darauf. Habe ich je ein Versprechen gebrochen?«
Abgesehen davon, dass du deinen letzten Abgabetermin um drei Jahre überzogen hast? Faukman war die Dringlichkeit in Langdons Stimme nicht entgangen. »Sagen Sie mir, was los ist. Dann werde ich versuchen, Ihnen zu helfen.«
»Ich habe keine Zeit, Ihnen alles zu erklären, aber ich brauche den Flieger
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