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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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hat …«
    »Ja, Sir?«
    »Ich will es sehen. Sofort!«

KAPITEL 63
    Robert Langdon hatte den Spiraltext von der Maske zur genaueren Analyse auf ein Blatt Papier übertragen. Sienna und Dr. Ferris setzten sich zu ihm, und Langdon tat sein Bestes, um Ferris’ ständiges Kratzen und dessen Atemnot zu ignorieren.
    Es geht ihm gut , redete sich Langdon ein und richtete die Aufmerksamkeit auf die Verse.
Ihr, die von gesundem Geist besessen,
Bemerkt die Lehre, die vom Schlei’r umzogen,
In sich verbirgt dies seltsame Gedicht.
    »Wie ich vorhin schon gesagt habe«, begann Langdon, »die ersten Zeilen von Zobrists Gedicht stammen fast wörtlich aus Dantes Inferno. Sie sollen dem Leser vermitteln, dass die Worte eine tiefere Bedeutung besitzen.«
    Dantes allegorisches Werk enthielt so viele verschleierte Kommentare zu Religion, Politik und Philosophie der damaligen Zeit, dass Langdon seinen Studenten oft geraten hatte, den italienischen Dichter genauso zu studieren, wie sie es mit der Bibel taten. Sie mussten zwischen den Zeilen lesen, um die wahre Bedeutung der Verse zu entschlüsseln.
    »Wissenschaftler, die sich mit mittelalterlichen Allegorien beschäftigen«, fuhr Langdon fort, »teilen ihre Analysen grob in zwei Kategorien auf: ›Text‹ und ›Bild‹. ›Text‹ bezieht sich dabei auf den wörtlichen Inhalt des Werks und ›Bild‹ auf die symbolische Botschaft.«
    »Okay«, sagte Ferris aufgeregt. »Dann bedeutet also die Tatsache, dass das Gedicht mit diesen Zeilen beginnt …«
    »Es lässt darauf schließen«, unterbrach Sienna ihn, »dass wir nur einen Teil des Ganzen verstehen, wenn wir es wörtlich nehmen. Die wahre Bedeutung ist versteckt.«
    »Etwa in der Art, ja.« Langdon richtete den Blick wieder auf den Text und las laut vor:
Suchet den verräterischen Dogen von Venedig
Der Rössern den Kopf abschlug
Und die Knochen der Blinden raubte
    »Nun«, sagte Langdon. »Ich bin mir zwar nicht sicher, was die kopflosen Pferde und die Knochen der Blinden betrifft, aber es klingt, als sollten wir einen bestimmten Dogen suchen.«
    »Ich nehme an, das heißt … das Grab eines Dogen?«, überlegte Sienna laut.
    »Oder eine Statue oder ein Porträt«, erwiderte Langdon. »In jedem Fall gibt es seit Jahrhunderten keine Dogen mehr.«
    Die Dogen von Venedig waren mit den Herzögen der anderen italienischen Stadtstaaten vergleichbar, und insgesamt einhundertzwanzig von ihnen hatten Venedig über tausend Jahre lang regiert, angefangen in Jahre 697 n. Chr. Ihre Herrschaft hatte erst geendet, als Napoleon die Stadt erobert hatte. Ihr Ruhm und ihre Macht hatten die Historiker schon immer fasziniert.
    Langdon fuhr fort: »Wie Sie vielleicht wissen, sind die beiden beliebtesten Touristenattraktionen der Stadt – der Palast und der Markusdom – von den Dogen erbaut. Viele von ihnen sind dort bestattet. Der Palast und der Dom sind auch miteinander verbunden.«
    Sienna studierte die kryptischen Zeilen des Gedichts. »Und wissen Sie auch, ob es mal einen Dogen gegeben hat, der als besonders gefährlich galt?«
    Langdon las noch einmal die betreffende Zeile: Suchet den verräterischen Dogen von Venedig .
    »Falls ja, dann kenne ich ihn zumindest nicht, aber in dem Gedicht steht ja auch nicht ›gefährlich‹, sondern ›verräterisch‹. Das ist ein Unterschied, zumindest in der Welt von Dante. Verrat gehört zwar nicht zu den klassischen Todsünden, zählt aber zu den schwersten moralischen Vergehen, die im Neunten Kreis der Hölle bestraft werden.«
    Nach Dantes Definition war Verrat der Betrug an einem geliebten Menschen. Zu den bekanntesten Beispielen für diese Sünde gehörte Judas’ Verrat an Jesus. Dante hatte diese Tat als so abscheulich eingestuft, dass er Judas ins Herz der Hölle verbannt und diese Region gleich nach ihm benannt hatte: Judecca.
    »Okay«, sagte Ferris, »wir suchen also nach einem Dogen, der Verrat begangen hat.«
    Sienna nickte zustimmend. »Das schränkt die Möglichkeiten natürlich ein.« Sie hielt inne und studierte den Text. »Aber die nächste Zeile … ein Doge, ›der Rössern den Kopf abschlug‹ ?« Sie sah Langdon an. »Gab es einen Dogen, der Pferdeköpfe abschlug?«
    Bei Siennas Frage musste Langdon an die grausige Szene aus Der Pate denken. »Da klingelt zumindest nichts bei mir. Aber laut diesem Text hat er auch ›die Knochen der Blinden‹ geraubt.« Er wandte sich Ferris zu. »Ihr Handy hat doch Internet?«
    Ferris zog sein Mobiltelefon hervor, dann zeigte er Langdon die

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