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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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Empfangsdame begrüßte Elizabeth. »Dr. Sinskey! Hier entlang, bitte. Sie werden erwartet.«
    Okay, aber wer erwartet mich? Elizabeth folgte der Empfangsdame durch einen luxuriösen Korridor bis zu einer geschlossenen Tür. Die Frau klopfte, ehe sie die Tür öffnete und Elizabeth bedeutete einzutreten.
    Elizabeth tat wie geheißen, und die Tür schloss sich hinter ihr.
    Sie stand in einem kleinen Konferenzraum, dessen einzige Lichtquelle ein Bildschirm war. Vor dem Schirm stand ein großer, schlanker Mann und sah sie an. Sie konnte sein Gesicht zwar nicht erkennen, doch umgab ihn eine Aura von Macht.
    »Dr. Sinskey«, begann der Mann mit schneidender Stimme. »Danke, dass Sie gekommen sind.« Seine knappe, präzise Aussprache deutete darauf hin, dass er aus der Schweiz stammte … oder Deutschland. »Bitte nehmen Sie Platz.« Er wies auf einen Sessel in der Nähe der Tür.
    Keine Vorstellung? , wunderte sich Elizabeth, als sie sich setzte. Das bizarre Bild auf dem Schirm trug nicht dazu bei, ihre Nerven zu beruhigen. Was um alles in der Welt …?
    »Ich war heute Morgen bei Ihrem Vortrag«, informierte der Fremde sie. »Ich bin von weit her gekommen, um Ihre Rede zu hören. Ein beeindruckender Auftritt.«
    »Danke sehr.«
    »Darf ich mir erlauben zu sagen, dass Sie sehr viel schöner sind, als ich mir vorgestellt hätte … trotz Ihres Alters und Ihrer beschränkten Sicht auf die Weltgesundheit.«
    Elizabeth war fassungslos. Die Bemerkung war in geradezu jeder Hinsicht unverschämt. »Wie bitte?«, fragte sie empört. Nach wie vor konnte sie das Gesicht des Mannes nicht erkennen. »Wer sind Sie überhaupt? Und warum haben Sie mich herbringen lassen?«
    »Verzeihen Sie meinen kläglichen Versuch, humorvoll zu erscheinen«, antwortete der schlanke Schatten unbeeindruckt. »Das Bild hier wird Ihnen erklären, warum Sie hier sind.«
    Sinskey blickte zum Bildschirm. Er zeigte ein erschreckendes Gemälde, auf dem ein Meer aus Menschen zu sehen war. Kranke, verzweifelte Gestalten, die in einem wilden Gewirr von Leibern übereinander kletterten.
    »Der berühmte Doré«, sagte der Fremde. »Seine ebenso spektakuläre wie grimmige Interpretation von Dante Alighieris Vision der Hölle. Ich hoffe, der Anblick macht Ihnen nichts aus … denn unser Weg führt genau dahin.«
    Er hielt inne, dann trat er langsam näher. »Und ich will Ihnen auch verraten warum.« Er schien mit jedem Schritt größer zu werden. »Würde ich dieses Blatt nehmen und zerreißen …« Er blieb an einem Tisch stehen, nahm ein Blatt Papier und riss es entzwei. »Und wenn ich dann die beiden Hälften aufeinander lege …« Er schob die Papierhälften zusammen. »Und wenn ich diesen Prozess dann wiederhole …« Er riss die beiden Hälften durch und legte sie aufeinander. »Dann schaffe ich auf diese Weise einen Stapel, der viermal so dick ist wie das ursprüngliche Blatt, richtig?« Seine Augen schienen in der Dunkelheit des kleinen Raums zu glühen.
    Elizabeth gefiel sein herablassender Ton nicht, genauso wenig wie seine aggressive Haltung. Sie schwieg.
    »Betrachten wir es mal hypothetisch«, fuhr er fort, indem er noch näher kam. »Wenn das ursprüngliche Blatt nur einen Zehntel Millimeter dick ist, und wenn ich den Prozess, sagen wir, fünfzig Mal wiederhole … wissen Sie, wie dick der Stapel wäre?«
    Elizabeth sträubte sich. »Allerdings«, sagte sie feindseliger als beabsichtigt. »Ein Zehntel Millimeter hoch fünfzig. Man nennt das eine geometrische Progression. Darf ich fragen, was ich hier soll?«
    Der Mann feixte und nickte beeindruckt. »Genau. Und könnten Sie vielleicht schätzen, wie das Ergebnis aussieht? Ein Zehntel Millimeter hoch fünfzig? Wissen Sie, wie dick unser Stapel Papier geworden ist?« Er legte eine kurze Kunstpause ein. »Unser Stapel Papier würde nach nur fünfzig Verdoppelungen … beinahe bis zur Sonne reichen.«
    Elizabeth war nicht überrascht. Die atemberaubende Vermehrung bei geometrischem Wachstum war ein Thema, mit dem sie bei ihrer Arbeit ständig zu tun hatte. Kontaminationskreise … Vermehrung infizierter Zellen … Schätzungen der Todesopfer. »Bitte entschuldigen Sie, wenn ich naiv erscheine«, sagte sie, ohne ihre Verärgerung zu verbergen. »Aber worauf wollen Sie hinaus?«
    »Worauf ich hinaus will?« Er kicherte leise. »Ich will darauf hinaus, dass unser Bevölkerungswachstum noch viel dramatischer ist. Der Anfang war, wie bei unserem Blatt Papier, sehr mager … aber das Potenzial ist

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