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Inferno

Inferno

Titel: Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Brown
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finden können. Doch sie wusste noch genau, wo alles angefangen hatte.
    New York.
    Vor zwei Jahren.
    Sie war die Direktorin der World Health Organization, ein prestigeträchtiger Posten, den sie seit fast einem Jahrzehnt bekleidete. Als Spezialistin für ansteckende Krankheiten und Epidemiologie war sie von der UN eingeladen worden, einen Vortrag über die Bedrohung durch ausbrechende Pandemien in den Ländern der Dritten Welt zu halten. Aus diesem Grund war sie von Genf nach Manhattan geflogen.
    Ihre Rede war beschwingt und optimistisch; sie stellte eine Reihe neuer Früherkennungssysteme vor sowie Aktionspläne, entwickelt von der WHO und anderen Organisationen. Die Zuhörer verabschiedeten sie mit stürmischem Beifall.
    Im Anschluss an ihren Vortrag stand sie in der Lobby und tauschte sich mit interessierten Kollegen aus, als ein UN -Mitarbeiter mit einem diplomatischen Ausweis an sie herantrat.
    »Dr. Sinskey, wir wurden soeben vom Council on Foreign Relations kontaktiert. Jemand möchte dringend mit Ihnen reden. Draußen wartet ein Wagen.«
    Verwundert und ein wenig entnervt entschuldigte sich Dr. Elizabeth Sinskey bei ihren Kollegen und holte ihre Reisetasche.
    Dann, als die Limousine die First Avenue entlangraste, regte sich in ihr plötzlich eine eigenartige Nervosität.
    Der Council on Foreign Relations?
    Wie die meisten anderen Menschen hatte auch Dr. Elizabeth Sinskey die Gerüchte gehört.
    Gegründet in den 1920er Jahren als private Denkfabrik, gehörten zu den zahlreichen früheren und gegenwärtigen Mitgliedern des CFR mehr als ein Dutzend Präsidenten; außerdem nahezu jeder Staatssekretär, viele CIA -Chefs, Senatoren und Richter sowie dynastische Legenden mit Namen wie Morgan, Rothschild und Rockefeller. Die einzigartige Ansammlung von Intellekt, politischer Macht und Reichtum hatte dem CFR den Ruf eingebracht, der mit Abstand einflussreichste Privatclub der Welt zu sein.
    Als Direktorin der World Health Organization war Elizabeth Sinskey daran gewöhnt, sich unter den Großen und Mächtigen der Welt zu bewegen. Ihre lange Amtszeit bei der WHO und ihre unverblümte Offenheit hatten ihr kürzlich eine Erwähnung in einem großen Nachrichtenmagazin beschert, wo sie unter den zwanzig einflussreichsten Persönlichkeiten der Welt gelistet wurde.
    Das Gesicht der Weltgesundheit lautete der Text unter ihrem Foto, in Elizabeths Augen eine Ironie des Schicksals angesichts der Tatsache, dass sie als Kind so krank gewesen war.
    Im Alter von sechs Jahren hatte sie an schwerem Asthma gelitten, bis sie mit einer hohen Dosis eines vielversprechenden neuen Medikaments behandelt worden war – dem weltweit ersten Glucocorticoid oder Steroidhormon. Ihre Asthmasymptome waren rasch wie durch ein Wunder verschwunden. Leider hatte das Medikament Jahre später unerwartete Nebenwirkungen gezeigt: Sinskey hatte während ihrer Pubertät nie einen Menstruationszyklus entwickelt. Sie würde jenen dunklen Augenblick im Sprechzimmer des Arztes niemals vergessen, als sie mit neunzehn Jahren erfahren hatte, dass der Schaden an ihren Fortpflanzungsorganen irreparabel war.
    Elizabeth Sinskey würde niemals Kinder haben.
    Die Zeit wird das Gefühl von Leere heilen , hatte ihr der Arzt versichert, doch Sinskeys Trauer und Wut waren immer stärker geworden. Grausamerweise hatten die Medikamente, die ihr die Fähigkeit zur Fortpflanzung geraubt hatten, nicht ihre animalischen Instinkte verschont. Jahrzehntelang hatte sie gegen den unmöglich zu erfüllenden Kinderwunsch angekämpft.
    Selbst heute noch, mit einundsechzig Jahren, spürte sie jedes Mal einen schmerzhaften Stich, wenn sie eine Mutter mit Kind erblickte.
    »Wir sind gleich da, Dr. Sinskey«, informierte sie der Fahrer.
    Elizabeth strich sich flüchtig mit einer Bürste durch die grauen Locken und kontrollierte ihr Make-up im Spiegel. Bevor sie sich’s versah, hatte die Limousine in einem wohlhabenden Bezirk von Manhattan angehalten, und der Fahrer half ihr beim Aussteigen.
    »Ich warte hier auf Sie«, sagte der Mann. »Wir können direkt zum Flughafen weiterfahren, sobald Sie fertig sind.«
    Das New Yorker Hauptquartier des Council on Foreign Relations war ein unauffälliges neoklassizistisches Gebäude, in dem einst ein Tycoon von Standard Oil zuhause gewesen war. Es stand an der Ecke Park und Sixty-Eighth. Die Außenfassade fügte sich nahtlos in die elegante Umgebung ein und bot keinerlei Anhaltspunkt für das, was sich dahinter verbarg.
    Eine stattliche

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