Inferno
Attentäterin richtete ihre Taschenlampe wieder auf Langdons Gesicht.
»Mr. Langdon«, flüsterte sie drohend. »Wo ist Ihre Freundin?«
Langdon erschauerte. Sie hat es auf uns beide abgesehen! Er ermahnte sich, keinesfalls in Siennas Richtung zu blicken. »Sie hat nichts mit der Sache zu tun. Ich bin derjenige, den Sie suchen.«
Langdon betete, dass Sienna in der Dunkelheit entlang der Mauer vorankam. Wenn es ihr gelang, die Plattform unbemerkt zu passieren, hatte sie vielleicht eine Chance. Dann könnte sie sich in gebührendem Abstand zu der Killerin bis zum Laufsteg schleichen, hochklettern und zum Ausgang gelangen.
Die Attentäterin hob ihre Lampe und leuchtete durch den leeren Dachboden hinter Langdon. In diesem Moment erhaschte Langdon einen Blick auf eine schemenhafte Gestalt in der Dunkelheit.
O Gott, nein!
Wie Langdon sich ausgemalt hatte, schlich Sienna seitlich von ihm über einen Querträger auf den Laufsteg zu. Allerdings zu einer Stelle, die höchstens zehn Meter von der Frau entfernt war!
Nein, Sienna! Das ist zu nah! Sie wird Sie hören!
Der Lichtstrahl kehrte zu Langdons Gesicht zurück.
»Hören Sie genau zu, Professor«, flüsterte die Attentäterin. »Wenn Sie am Leben bleiben wollen, schlage ich vor, Sie tun, was ich sage. Meine Mission wurde abgebrochen. Ich habe keinen Grund mehr, Ihnen Schaden zuzufügen. Wir sind von jetzt an auf der gleichen Seite. Ich weiß vielleicht, wie ich Ihnen helfen kann.«
Langdon hörte kaum zu. Seine Gedanken galten Sienna, die jetzt undeutlich zu sehen war, als sie geschickt hinter der Plattform über das Geländer stieg – viel zu nah bei der Attentäterin mit der Pistole.
Lauf! , dachte er inbrünstig. Mach, dass du von hier wegkommst!
Doch Sienna dachte zu Langdons Entsetzen gar nicht daran. Sie duckte sich in den Schatten und beobachtete schweigend die fremde Frau.
Vayentha starrte suchend in die Dunkelheit hinter Langdon. Wohin zum Teufel ist sie verschwunden? Haben sie sich getrennt?
Sie musste verhindern, dass das flüchtige Paar Brüder in die Hände fiel. Das ist meine einzige Hoffnung.
»Sienna?«, rief Vayentha mit kehliger Flüsterstimme. »Wenn Sie mich hören können, dann passen Sie gut auf. Die Männer unten werden nicht so zimperlich sein wie ich. Sie wollen bestimmt nicht von denen geschnappt werden. Ich kenne einen Fluchtweg. Ich kann Ihnen helfen. Vertrauen Sie mir.«
»Ihnen vertrauen?«, rief Langdon sarkastisch. Seine Stimme war so laut, dass jeder im Umkreis ihn hören musste. »Sie sind eine Mörderin!«
Sienna ist in der Nähe! , erkannte Vayentha. Langdon redet so laut, damit sie ihn hören kann … Er versucht sie zu warnen.
Sie unternahm einen letzten Versuch. »Sienna, die Situation ist kompliziert, aber ich kann Sie von hier wegbringen. Überlegen Sie, welche Optionen Ihnen bleiben. Sie sitzen in der Falle. Sie haben keine Wahl.«
»Doch, sie hat eine Wahl!«, rief Langdon laut. »Und sie ist clever genug, sich nicht auf Ihr Angebot einzulassen!«
»Alles hat sich geändert«, beharrte Vayentha. »Ich habe keinen Grund, Ihnen beiden zu schaden.«
»Sie haben Dr. Marconi ermordet! Ich nehme an, Sie haben auch mich niedergeschossen!«
In diesem Moment wurde Vayentha klar, dass Langdon ihr niemals glauben würde.
Die Zeit zum Reden ist vorbei. Mit Worten lässt er sich nicht überzeugen.
Ohne noch einen Augenblick zu verschwenden, griff sie in ihre Lederjacke und zog die schallgedämpfte Pistole.
Sienna hatte reglos im Schatten gekauert, keine zehn Meter von der Frau entfernt, die Langdon gestellt hatte. Selbst in der Dunkelheit war ihre Silhouette unverkennbar. Und zu Siennas Entsetzen schwang sie die gleiche Waffe, die sie auch bei Marconi benutzt hatte.
Sie will schießen! , dachte Sienna, als sie die Körpersprache der Frau deutete.
Und tatsächlich, die Frau trat zwei Schritte auf Langdon zu und blieb vor dem niedrigen Geländer stehen, das die Aussichtsplattform über Vasaris Apotheose sicherte. Sie war jetzt so nah an Langdon, wie es ging. Sie hob die Pistole und zielte auf seine Brust.
»Es tut nur für einen Moment weh«, sagte sie. »Aber ich habe keine andere Wahl.«
Sienna reagierte instinktiv.
Die plötzliche Vibration der Bretter unter Vayenthas Füßen lenkte sie für einen Sekundenbruchteil ab. Noch während sie abdrückte, wandte sie den Kopf … und als sich der Schuss löste, wusste sie, dass sie Langdon verfehlt hatte.
Jemand kommt von hinten!
Schnell .
Vayentha fuhr herum und
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